Wer heute die Lüge und Unwissenheit bekämpfen und die Wahrheit schreiben will, hat zumindest fünf Schwierigkeiten zu überwinden. Er muss den Mut haben, die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie allenthalben unterdrückt wird, die Klugheit, sie zu erkennen, obwohl sie allenthalben verhüllt wird; die Kunst, sie handhabbar zu machen als eine Waffe; das Urteil, jene auszuwählen, in deren Händen sie wirksam wird; die List sie unter diesen zu verbreiten. Diese Schwierigkeiten sind gross für die unter dem Faschismus Schreibenden, sie bestehen aber auch für die, welche verjagt wurden oder geflohen sind, ja sogar für solche, die in den Ländern der bürger lichen Freiheit schreiben. Der Mut, die Wahrheit zu schreiben.Es erscheint selbstverständlich, dass der Schreibende die Wahrheit schreiben soll in dem Sinn, dass er sie nicht unterdrücken oder verschweigen und dass er nichts Unwahres schreiben soll. Er soll sich nicht den Mächtigen beugen, er soll die Schwachen nicht betrügen. Natürlich ist es sehr schwer, sich den Mächtigen nicht zu beugen und sehr vorteilhaft, die Schwachen zu betrügen. Den Besitzenden missfallen, heisst dem Besitz entsagen. Auf die Bezahlung für geleistete Arbeit verzichten, heisst unter Umständen, auf das Arbeiten verzichten und den Ruhm bei den Mächtigen ausschlagen, heisst oft, überhaupt Ruhm ausschlagen. Dazu ist Mut nötig. Die Zeiten der äussersten Unterdrückung sind meist Zeiten, wo viel von grossen und hohen Dingen die Rede ist. Es ist Mut nötig, zu solchen Zeiten von so niedrigen und kleinen Dingen wie dem Essen und Wohnen der Arbeitenden zu sprechen, mitten in einem gewaltigen Geschrei, dass Opfersinn die Hauptsache sei. Wenn die Bauern mit Ehrungen überschüttet werden, ist es mutig, von Maschinen und billigen Futtermitteln zu sprechen, die ihre geehrte Arbeit erleichtern würden. Wenn über alle Sender geschrieen wird, dass der Mann ohne Wissen und Bildung besser sei als der Wissende, dann ist es mutig, zu fragen: für wen besser? Wenn von vollkommenen und unvollkommenen Rassen die Rede ist, ist es mutig zu fragen, ob nicht der Hunger und die Unwissenheit und der Krieg schlimme Missbildungen hervorbringen. Ebenso ist Mut. nötig, um die Wahrheit über sich selber zu sagen, über sich, den Besiegten. Viele, die verfolgt werden, verlieren die Fähigkeit, ihre Fehler zu erkennen. Die Verfolgung scheint ihnen das grösste Unrecht. Die Verfolger sind, da sie ja verfolgen, die Bösartigen, sie, die Verfolgten, werden ihrer Güte wegen verfolgt. Aber diese Güte ist geschlagen worden, besiegt und verhindert worden und war also eine schwache Güte, eine schlechte, unhaltbare, unzuverlässige Güte; denn es geht nicht an, der Güte die Schwäche zuzubilligen, wie dem Regen seine Nässe. Zu sagen, dass die Guten nicht besiegt wurden, weil sie gut, sondern weil sie schwach waren, dazu ist Mut nötig. Natürlich muss die Wahrheit im Kampf mit der Unwahrheit geschrieben werden und sie darf nicht etwas Allgemeines, Hohes, Vieldeutiges sein. Von dieser allgemeinen, hohen, vieldeutigen Art ist ja gerade die Unwahrheit. Wenn von einem gesagt wird, er hat die Wahrheit gesagt, so haben zunächst einige oder viele oder einer etwas anderes gesagt, eine Lüge oder etwas Allgemeines, aber er hat die Wahrheit gesagt, etwas Praktisches, Tatsächliches, Unleugbares, das, um was es sich handelte. Wenig Mut ist dazu nötig, über die Schlechtigkeit der Welt und den Triumph der Roheit im allgemeinen zu klagen und mit dem Triumphe des Geistes zu drohen, in einem Teile der Welt, wo dies noch erlaubt ist. Da treten viele auf, als seien Kanonen auf sie gerichtet, während nur Operngläser auf sie gerichtet sind. Sie schreien ihre allgemeinen Forderungen in eine Welt von Freunden harmloser Leute. Sie verlangen eine allgemeine Gerechtigkeit, für die sie niemals etwas getan haben, und eine allgemeine Freiheit , einen Teil von der Beute zu bekommen, die lange mit ihnen geteilt wurde. Sie halten für Wahrheit nur, was schön klingt. Ist die Wahrheit etwas Zahlenmässiges, Trockenes, Faktisches, etwas, was zu finden Mühe macht und Studium verlangt, dann ist es keine Wahrheit für sie, nichts was sie in Rausch versetzt. Sie haben nur das äussere Gehaben derer, die die Wahrheit sagen. Wer heute die Lüge und Unwissenheit bekämpfen und die Wahrheit schreiben will, hat zumindest fünf Schwierigkeiten zu überwinden. Er muss den Mut haben, die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie allenthalben unterdrückt wird, die Klugheit, sie zu erkennen, obwohl sie allenthalben verhüllt wird; die Kunst, sie handhabbar zu machen als eine Waffe; das Urteil, jene auszuwählen, in deren Händen sie wirksam wird; die List sie unter diesen zu verbreiten. Diese Schwierigkeiten sind gross für die unter dem Faschismus Schreibenden, sie bestehen aber auch für die, welche verjagt wurden oder geflohen sind, ja sogar für solche, die in den Ländern der bürgerlichen Freiheit schreiben. Der Mut, die Wahrheit zu schreiben.Es erscheint selbstverständlich, dass der Schreibende die Wahrheit schreiben soll in dem Sinn, dass er sie nicht unterdrücken oder verschweigen und dass er nichts Unwahres schreiben soll. Er soll sich nicht den Mächtigen beugen, er soll die Schwachen nicht betrügen. Natürlich ist es sehr schwer, sich den Mächtigen nicht zu beugen und sehr vorteilhaft, die Schwachen zu betrügen. Den Besitzenden missfallen, heisst dem Besitz entsagen. Auf die Bezahlung fürhaben, die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie allenthalben unterdrückt wird, die Klugheit, sie zu erkennen, obwohl sie allenthalben verhüllt wird; die Kunst, sie handhabbar zu machen als eine Waffe; das Urteil, jene auszuwählen, in deren Händen sie wirksam wird; die List sie unter diesen zu verbreiten. Diese Schwierigkeiten sind gross für die unter dem Faschismus Schreibenden, sie bestehen aber auch für die, welche verjagt wurden oder geflohen sind, ja sogar für solche, die in den Ländern der bürgerlichen Freiheit schreiben. Der Mut, die Wahrheit zu schreiben.Es erscheint selbstverständlich, dass der Schreibende die Wahrheit schreiben soll in dem Sinn, dass er sie nicht unterdrücken oder verschweigen und dass er nichts Unwahres schreiben soll. Er soll sich nicht den Mächtigen beugen, er soll die Schwachen nicht betrügen. Natürlich ist es sehr schwer, sich den Mächtigen nicht zu beugen und sehr vorteilhaft, die Schwachen zu betrügen. Den Besitzenden missfallen, heisst dem Besitz entsagen. Auf die B e z a h l u n g f ü r Forschu gsarbeit zur Erlangu g des Diplôme d'études approfondies (DEA) / MA vorgelegt von: J. A. Emmanuel Doerr im Rahm n des P stgraduiertenst dienganges M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals MD0x26 Tr ball de Rece ca Línea de investigació 3: Relacions interculturals i intertextuals: Traducció, reescriptu a i recepció del text literari bei Prof. Dr. Mar sa Siguán Boehmer Univ rsitat de Barcelona • September 2008 Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und D rstellung a der Literatur des d utsche e Exils 1933–1945, untersucht anhand einiger au g sucht r Beispiele aus ihr Themenfeld r J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 2 Màster: MOX01 Construcció i Representació d’Identitats Culturals, 2007-2008 Línea de investigació 3: Relacions interculturals i intertextuals: Traducció, reescriptu- ra i recepció del text literari Postgrau: Diplôme d'études approfondies (DEA) / MA MDOX26 Treball de Recerca / Minor Thesis Research Paper: »Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Li- teratur des deutschen Exils 1933 – 1945, untersucht anhand einiger ausgesuchter Bei- spiele aus ihren Themenfeldern« Estudiant de màster: J. A. Emmanuel Doerr, NIUB 2716184868, amb NIE Xo965244A Presentació: 15-o9-2008 Defensa: 10-10-2008 Lloc: Universitat de Barcelona, Facultat de Filologia Directora del treball: Profa. Dra. Marisa Siguán Boehmer Dept. de Filologia Anglesa i Alemanya Filologia Alemanya Tribunal 2 (Sala de Juntes) Membres: Dra. Siguán, Dr. Monforte, Dra. Catelli, Dr. Caner per als treballs d’alemany Avaluació: 10, Matrícula d'Honor (MH) J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 3 Abstract Sobald in literaturhistorischen Darstellungen nicht mehr ersichtlich, d. h. dem Leser nicht mehr bewusst wird, welcher Begriffs- und Vorstellungswelt Maßstäbe entlehnt werden und welche historische Legitimation diese infolgedessen zur Grundlage neh- men, ist nur noch begrenzt erkennbar, ob es sich um ungeprüfte Missverständnisse oder vielmehr um mehr oder weniger komplexe Camouflagen im ideologischen Dis- kurs handelt. Camouflagen, die sich den Anschein bereits wissenschaftlicher Überein- kunft geben, um sich selber oder den Leser über mögliche Widersprüche im eigenen oder im fremden, oder gar in beiden Systemen der Erklärung hinwegzutäuschen. In Anlehnung an Isers Konzept der ›Leerstelle‹ (1975) könnte man diese Camouflagen als diskursive ›Blindstellen‹ bezeichnen. Nach einem Überblick zum Stand der Exilrezeption und Exilforschung ist es Ziel die- ser Arbeit, in üblichen Darstellungen und primären Handapparaten der Literaturge- schichtsschreibung unterschiedlicher Herkunft, Ausrichtung und Methodologie dem Vorhandensein und der Funktion solcher Blindstellen in der literaturhistorischen Darstellung des Exils anhand einiger zentraler Themenkomplexe und ausgesuchter Beispiele der Darstellung nachzugehen und auf ihre eigenen theoretischen bzw. histo- rischen Kontextbedingungen hin zu untersuchen. In einer späteren Arbeit wird, nach einer Überprüfung der bisherigen Ergebnisse, festzustellen sein, welche dieser Blindstellen im jeweiligen Gesamttext eine systemati- sche, makropropositionale Funktion der Abstützung haben oder bloß akzidentelle Einzelfälle darstellen. Schlüsselwörter Exilliteratur und Exilforschung, Literaturgeschichtsschreibung, Blindstellen, Partei- lichkeit, Volksfront, marxistisch-leninistische Kunstdoktrin und sozialistischer Rea- lismus. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 4 Inhalt 1 Einleitung __________________________________________________________6 1.1 Begründung des Themas _____________________________________________________ 7 1.2 Ziele der vorliegenden Arbeit _________________________________________________ 11 1.2.1 Zugängigkeit der Forschungsliteratur _______________________________________________ 12 1.2.2 Einschränkungen dieser Arbeit____________________________________________________ 12 2 Rezeptionsbedingungen der Exilliteratur nach 1945 und allgemeiner Forschungsstand ___________________________________________________13 2.1 Leere Stellen der Literaturrezeption ____________________________________________ 13 2.1.1 Die Rezeption des Exils im Westen ________________________________________________ 14 2.1.2 Die Rezeption des Exils im Osten _________________________________________________ 15 2.1.3 Die Rezeption des Exils seit der Wiedervereinigung ____________________________________ 17 2.2 Exil und Literaturwissenschaft ________________________________________________ 18 2.2.1 Wissenschaftliche Rezeption und politischer Kontext wissenschaftlicher Forschungsperspektiven _ 19 2.2.1.1 Unterschiedliche Begriffsbestimmungen ________________________________________ 19 2.2.1.2 Uniforme Intentionen______________________________________________________ 22 2.2.1.3 Kongruente Divergenzen ___________________________________________________ 23 2.2.1.4 Limitierte Zielgruppenauswahl der Forschung____________________________________ 28 2.3 Die Deutsche Exilliteratur als Epochenbegriff: Zwischen Identitätssuche und ideologischem Programm _______________________________________________________________ 28 2.3.1 Exilliteratur als Kunstepoche? ____________________________________________________ 28 2.3.2 Literaturgeschichtliches Exilverständnis – von der Einheitlichkeit und vom Antifaschismus______ 30 2.3.3 Von der Gefahr überhistorisch interpretierter Vorstellungen und Postulate und ihrer literaturwissenschaftlichen Applizierung_____________________________________________ 35 3 Blindstellen im Umgang mit Konzepten marxistischer Literaturauffassungen und sozialistischer Literaturpolitik _____________________________________38 3.1 Blindstellen sogenannter marxistischer Literaturtheorie: Exegese und Rezeption __________ 39 3.1.1 Literatur als deterministische Widerspiegelung im Überbau ______________________________ 39 3.1.2 Engels, der Realismus, und ein Brief________________________________________________ 42 3.1.3 Ein Blindgestellter der marxistischen Literaturtheorie___________________________________ 45 3.1.4 Die Frage der parteilichen Bindung ________________________________________________ 52 3.2 Von der proletarisch-revolutionären Dichtung zur sozialistisch-realistischen Literatur ______ 56 3.2.1 Parteilichkeit und antifaschistischer Humanismus______________________________________ 58 3.2.2 ›Einheitsfront‹, ›Volksfront‹, ›Antifaschismus‹ in der stalinistischen Auffassung von den Aufgaben der Literatur_____________________________________________________________________ 61 3.2.3 Der 1. Allunionskongress der sowjetischen Schriftsteller: Festschreibung der Doktrin vom sozialistischen Realismus und Erweiterung der Bündnispolitik der Komintern ________________ 64 3.2.4 Vom Scheitern der Volksfront ____________________________________________________ 68 3.2.5 Literaturpolitik und Bündnispolitik in der Expressionismus-Debatte. _______________________ 70 3.2.6 Literatur- und Bündnispolitik in der Debatte um den Historischen Roman___________________ 77 4 Weitere Blindstellen in der Darstellung des Exils für eine spätere Behandlung 79 4.1 Die Ausweitung der Volksfronttaktik in eine Strategie der freiheitlich-nationalen Fronten und das Problem der »nationalistischen Übertrumpfung« _______________________________ 79 J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 5 4.2 Ausgrenzung von Anarchisten, Trotzkisten und ideologischen Abweichlern in den Geschichtsschreibungen der Exilliteratur ________________________________________ 81 4.3 Die Haltung der Emigranten zu den Stalinistischen Schauprozessen und Säuberungen und ihre Darstellung in der Geschichtsschreibung des Exils_________________________________ 82 4.4 Nationalistische Übersteigerung und Ausgrenzung nicht-zionistischer Exilanten in Palästina – Der Fall der Exilzeitschrift ORIENT ____________________________________________ 83 5 Ergebnisse der vorliegenden Arbeit ____________________________________85 6 Bibliographie ______________________________________________________89 6.1 Verzeichnis der Abkürzungen _______________________________________________ 110 J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 6 1 Einleitung Seit der sogenannten ›kulturalistischen Wende‹ in den Sozial- und Geisteswissen- schaften zu Beginn der 90er Jahre ist neben alle älteren Ansätze verstärkt die Frage der sogenannten ›kulturellen Identität‹ in den Blickpunkt der Literaturwissenschaf- ten geraten, wie allein die Bezeichnung entsprechender Studiengänge und Postgradu- iertenstudien zum Thema es ausreichend anzudeuten scheint. In weitgefasster Verbindung mit den im Rahmen des Masters »Construcció i Representació d’Intentitats Culturals« umrissenen Aspekten wollen an dieser Stelle jedoch nur be- stimmte gesellschaftlich oder geschichtlich erworbene Aspekte der diskursiven, ideo- logischen Konstruktion des Eigenen und Fremden untersucht werden, wie sie im ›Diskurs‹ der Literaturgeschichtsschreibung mithilfe der Literaturwissenschaft selbst zustandekommen; ist doch diese sowohl an der wissenschaftlichen Erfassung und Un- tersuchung als auch durch Selektion und Gewichtung an der Absicherung, der Dar- stellung und Vermittlung kultureller Identität(en) notwendig beteiligt und interessiert, ist selbst Beteiligte und Interessierte. Literaturgeschichte etabliert nicht nur Wert und Kritik potenzieller kultureller Identitätsmerkmale, sondern gleichwohl auch deren Kanon und Zensur, sie verfügt, proklamiert Eigenes und Fremdartiges nach innen und außen. Mal wählt sie dazu die Dekonstruktion mutmaßlicher histo- risch selbstwidersprüchlicher hermeneutischer Zirkel und proklamiert das Fehlen jeg- lichen substantialisierten Geschichtsbegriffs, mal fügt sie die Dichtung in den Kontext allgemeiner Kulturkreis- und Mentalitätsgeschichte(n) oder verortet sie im Kampf der Kulturen, mal verkündet sie ideologiekritisch beobachtete Widerspiegelungen von ge- sellschaftlichen Kausalabfolgen, mal pflegt sie rezeptionstheoretische oder sozialge- schichtliche Zusammenhänge, mal werkimmanente Erklärungsparadigmen, in jedem Fall schreibt sie Literaturgeschichte. In der Epoche, die für diese Arbeit von Interesse ist, die der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933-1945, dominierten im sukzessiven Krebsgang die letzten der drei aufgeführten Diskurse oder Methoden, zum heutigen Tage ist es ein literaturge- schichtlicher Pluralismus, der vermeintlich alles erlaubt, nur keinen Alleinverstre- tungsanspruch und „ein erhebliches Misstrauen gegenüber allen universalistischen und insofern [sic!] ideologischen Konzepten“ beobachten lässt (Meier 2002).1 Auch die auf das Exil folgende Forschung erwog Identitätsfragen, nannte sie damals noch altmodischer und vorsichtiger ›Fragen nach dem Selbstverständnis‹ oder der ›Einheitlichkeit‹ des Exils und seiner Literatur (s.2.3.2). Wo Identität objektiv gege- bene abstrakte Sich-selbst-Gleichheit und völlige Übereinstimmung in allen Merkma- len zwischen materiellen oder ideellen Objekten, zwischen Dingen, Begriffen und Aussagen verlangt, gestattet die Einheitlichkeit noch die Einheit der Gegensätze und reserviert die Identität für das konkrete Sein, fragt das Selbstverständnis des Exils 1 Meier, Albert: „Literaturgeschichtsschreibung. 4. Status quo“. In: Arnold 2002:583 J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 7 nach der Verständigung über die eigene Funktion und Aufgabe, eine Aufgabe, die ihm von außen kam. Im Kontext des Exils bildeten Unterdrückung, Ausgrenzung, Vertrei- bung und Diskriminierung den Anlass für mögliche und notwendige Fragen des Selbstverständnisses oder – wenn man so will – seiner historisch konkreten Identität; hier konnte eine – falls vorhandene – kollektive Identität ein Potenzial zur Selbstbe- hauptung verschaffen, aber sie musste es allen ideellen Wunschträumen zum Trotz nicht notwendigerweise, wie viele Beispiele aus der Exilzeit zu zeigen scheinen. Dass die Exilzeit an sich bereits in diesem Sinne einen Problemfall kultureller Identi- tät oder vielmehr… des kulturellen Bewusstseins markiert, zeigt – in Anlehnung zu Brechts Exilanten-Vers von den ›Gerüchten der Untaten‹– die Einschätzung eines deutschen Literaturkritikers aus dem siebenunddreißigsten Jahr nach dem Ende jener erzwungenen Emigration: Immer aufs neue fassungslos steht man vor dem Phänomen, wie die zwölf kurzen Jahre des Nationalsozialismus mit Prankenhieben Löcher geschlagen haben in un- sere literarische Tradition: Die Kenntnis von Autoren, Büchern, Zusammenhängen ist zerfetzt; Schriftsteller und ihr Werk, zu deren Lebzeiten bekannt, gar beliebt, existieren als Gerücht – mal als freundliches, mal als abschätziges. Nur als leben- diges Zeugnis einer Epoche, als Teil unseres kulturellen Bewusstseins, existieren sie nicht (Raddatz 1982). Im Kontext seiner Rezeption (s. Kap.2) und in dem seiner Erforschung in der Nach- kriegszeit (2.2) stellt sich die Frage der kulturellen Identität nur als die nach dem je- weilig konkreten Sein, als eine mindest verzwei- bis verdreifachte kultureller und politischer Identitäten ebenso vieler Gesellschafts- und Wissenschaftssysteme (Drittes Reich, BRD, DDR), eines jedes vermeintlich inkompatibel gegen das andere; und in jedem spielte die Hoffnung mit, dass sich die kulturelle Identität in einer unhinter- fragten Identifikation mit der bestehenden Ordnung befrieden möge. Es bleibt die noch ungelöste Aufgabe der Geschichts- und Literaturgeschichtsschreibung des wie- dervereinten Deutschlands festzustellen, wie viele Folgeidentitäten es nach 1945 gab und wie viel wiedervereinigte kulturelle Identität sich daraus für Diskurs oder Sein er- gibt. Für diese Arbeit jedoch stellt sich die Frage nach der Konstruktion und Repräsentati- on der kulturellen Identität(en) – bei aller Vorsicht gegenüber dem idealistischen Begriff – allein als Problem, nämlich der literaturwissenschaftlichen Geschichts- schreibung(en) zu einer bestimmten Epoche, und es ist im Wesentlichen eine Frage nach der mehr oder weniger explizit ausgewiesenen Darstellung des Anderen oder Fremden, des Befremdlichen im Eigenen, welches oft erst im Prozess der Identitäts- bildung als solches erhoben und definiert, oder aber verschwiegen und kaschiert wird, mal als einfache oder mal komplexe Blindstelle (s. 1.1. A/B). J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 8 1.1 Begründung des Themas Der forschende Student, der sich völlig unvoreingenommen in das erst seit kaum 60 Jahren umbrochene und beackerte Themenfeld der Exilliteratur begibt, tut gut daran, sich vor Überraschungen nicht zu fürchten. Zwischen verschiedensten Ansätzen der Darstellung wird er in plausibler Form entweder die distanzierte und ideologiefreie Neutralität der Wissenschaft oder doch ideologiekritische Darstellungshaltung, ihre stets lückenlosen Begründungen, ein plausibles und widerspruchsfreies Gerüst von Darlegungen mit intersubjektiver Überprüfbarkeit der Aussagen und Auslassungen finden, vor allem Auslassungen. Er wird in Literaturtheorie und Historisierung des Exils jenem Reiz der Wirkungsästhetik begegnen, den Iser (1975:234-236) eigentlich für literarische Texte systematisierte, dem Reiz der Leerstellen. Nun handelt sich bei den Auslassungen der Literaturwissenschaft fast durchgängig ebenfalls um klassifi- zierte oder »schematisierte Ansichten«, gelegentlich vielleicht um beabsichtigte »Un- bestimmtheiten der dargestellten Objekte«, öfter noch um unformulierte Beziehungen auf der Basis stillschweigender Prämissen. Aber auch im vermeintlich entideologisier- ten System, in der Methodenvielfalt oder im wissenschaftlichen Bedeutungsgeflecht der Nachkriegsforschung über die Exilzeit wird er nach »Komplettierungsnotwendig- keiten« suchen, sie einer verwirrenden Vielfalt diverser wissenschaftlicher Textstrate- gien zuordnen wollen und dazu mehr »Kombinationsnotwendigkeiten« angedient bekommen, als ihm lieb sein wird. Er wird der »Appellstruktur« wissenschaftlicher Standpunkte begegnen, Bekanntschaften anknüpfen mit den Strategien literaturtheo- retischer oder literaturhistorischer Camouflage,2 er wird – wie ich sie in Abgrenzung zu Isers Begriff der Leerstelle bezeichnen möchte – mit Blindstellen vertraut werden, mit motivierten Auslassungen, deren Beziehung zueinander oftmals kaum mehr durch Hypothesenbildung geklärt werden kann – oder will. Diese als Blindstellen bezeichneten Aussagen und Konstrukte können, nach der hier vorläufigen Beschreibung, im Wesentlichen zweierlei Ursachen und Folgen aufweisen: A. In dem Maße wie sie stillschweigende Prämissen auf der Grundlage eigener ideologischer Auffassungen oder Systeme wiedergeben, ohne dass dieselben explizit benannt bleiben, zielt ihre Absicht auf die nicht näher nachgewiesene Anerkennung scheinbar plausibeler Zusammenhänge als gegebene und wahre solche, die wiederum das Gesamtsystem der Überzeugungen zu verfestigen helfen: Sie sind dann nicht mehr als einfache Camouflagen im ideologischen Diskurs, die sich den Anschein wissenschaftlicher Erkenntnis und Wahrheit 2 Bezieht sich der Begriff u. a. bei Iser „auf literarische Strategien, mittels derer ein Text eine verborge- ne, nicht von allen Lesern wahrnehmbare zweite Bedeutungsebene etabliert und Redeverbote, Tabus, Zensurvorschriften usw. unterläuft; eine „intentionale Differenz zwischen Oberflächentext und Sub- text“ markiert (Arnold 2002:648), so gilt für die literaturhistorische Camouflage davon alles außer der unterlaufenden oder subversiven Intention, da hier die ›intentionale Differenz‹ den Versuch bezeich- net, im Subtext eine stillschweigende Übereinkunft über ideologisch motivierte und als wissenschaftlich sanktionierte Bedeutungen zu erzielen und festzuschreiben. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 9 geben, um den Leser über mögliche Widersprüche im System der Erklärun- gen hinwegzutäuschen, Kausalursachen anzubieten, wo keine sind, usw. usf. B. In dem Maße wie sie dagegen stillschweigende Prämissen auf der Grundlage anderer ideologischer Auffassungen oder Systeme wiedergeben, die den eige- nen als Widerspruch gelten, ohne dass deren Prämissen ausdrücklich über- prüft werden müssen oder dieses wollen, zielt ihre Absicht auf die nicht näher nachgewiesene Anerkennung scheinbar plausibeler Vor- und Fehlurteile als bereits bekannte und günstige, die unter Vorteilsnahme das eigene Gesamt- system der Überzeugungen zu bestätigen helfen: Sie sind dann vielmehr kom- plexe Camouflagen im ideologischen Diskurs, die sich den Anschein bereits wissenschaftlicher Übereinkunft geben, um den Leser über mögliche Wider- sprüche in einem oder in beiden Systemen der Erklärung hinwegzutäuschen. Die Konditionen der Literatur des Exils, die seiner Rezeption sowie die seiner litera- turwissenschaftlichen Verhandlung sind in Nachkriegszeit und kaltem Krieg, selbst auch nach dem Auseinanderfallen des sowjetischen Blocks erst einmal fremd- und von außen bestimmt, sie ergeben sich nicht aufgrund offen daliegender und eindeuti- ger Merkmale, entfalten sich teilweise aufgrund theoretischer und strategischer Dis- kussionen, die nicht frei von blockpolitischen Führungsansprüchen bleiben können. Das Exil wird auch nach dem Ende des Faschismus meist aus politischen Perspektiven untersucht und bewertet. In den beiden auf das Dritte Reich folgenden deutschen Staaten ist die Einstellung zum Naziregime und seinen Verfolgungen und Verbrechen m. E. von durchaus kon- gruenter Haltung gezeichnet: Bezeichnet im Westen die Rede von der ›Stunde Null‹ den vermeintlich absoluten Neubeginn deutscher Geschichte, die Abnabelung vom al- ten Schoße und den Kopfsprung in das politische Erbe der Demokratie, demonstriert die Verstaatlichung des Antifaschismus und die Einführung des Sozialismus im Osten den Abbruch jeglicher gesellschaftlicher Verbindung zu einem System, dessen ›höchs- te Ausdrucksform der Krisenbewältigung‹ der Faschismus war. Beide Entlastungs- strategien dienten gesellschaftlich und politisch relevanten Gruppen in den neuen Staaten dazu, ihrer (Mit-) Verantwortung an der Zulassung des Nationalsozialismus auf kongruente und einander komplementäre Weise auszuweichen.3 Die Exilanten gelten der Exil-Forschung der DDR als ›Vorkämpfer einer zukunftswei- senden humanistischen, volkstümlichen und (verhalten) revolutionären Kunst, wer- den als ›Weggefährten‹ und Begründer der DDR-Kunst gesehen, als Kommunisten oder Humanisten und künstlerisch als Realisten gewürdigt, die eine neue Tradition begründet hatten oder fortsetzten und bestätigten, wobei es nur zweitrangig um die Erforschung ihrer spezifischen Exilerfahrungen ging. Anders als in der DDR, wo das Exil als antifaschistisches und literarisches Modell und auch der Literaturwissenschaft als elementarer Bestanteil der wieder zusammenzuführenden Ströme deutscher Lite- ratur galt, vermutete man aufgrund des Forschungspersonals im Westen hinter der 3 Eine dritte Variante, die darin besteht, sich im Falle Österreichs trotz des Austrofaschismus während längerer Zeit lediglich als Anschluss-Opfer einzustufen, bleibt hier vorläufig noch unbeachtet. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 10 Forschungsaktivität um das Exil zuerst einen parteiischen Versuch der literaturhisto- rischen Selbstausrufung von Emigranten, für den der Westen zumindest bis in die 70er Jahre keinen ideologischen ‚Bedarf’ hatte. Westlichkeit, Antikommunismus, und die darunter subsummierten identitätsstiften- den soziopolitischen Gemeinschaftswerte wie etwa ›Freiheit und Sicherheit‹, sowie die Auslegung der NS-Ideologie als Spielart des eines metahistorischen Totalitarismus erlaubten der BRD nicht nur eine selektive Vergangenheitsbewältigung und Erinne- rung an die Opfer von Massenmord und Vertreibung, sondern ebenfalls eine vorder- gründig antitotalitäre und demokratisch begründete Entideologisierung, die zumindest bis 1967/68 ohne großen Widerspruch Konsens bildend war und sich laut Berghan (1979) in der Literaturwissenschaft in einer positivistisch-formalen Litera- turbetrachtung geäußert habe, bis das Fach Germanistik, das selber seine faschisti- sche Vergangenheit so erfolgreich verdrängt und sich so forciert politischer Zurückhaltung befleißigt habe, aufs intensivste politisiert wurde worden sei (s. 2.2.1.3). Nach dem Mauerfall wurde das westliche Prinzip von Schuldfrage und Vergangen- heitsbewältigung noch einmal rückholend auf die Verantwortlichkeit der ehemaligen DDR angewandt, von der faschistischen auf die ›kommunistische‹ Diktatur kopiert und verstärkte wiederum als Eckpfeiler der Mehrheits- oder Leitkultur, und nun unter dem Vorzeichen vom Ende der Ideologien, die immer noch oder wieder stillschwei- gende Annahme eines überhistorischen Totalitarismus, der eine antitotalitäre und formal demokratisch begründete Entideologisierung der aktuellen Gesellschaft als Notwendigkeit voraussetzt. Wo westdeutsche Literaturwissenschaftler die Aussonderung des Ideologischen me- thodisch mittels der methodisch spezialisierten und übergreifenden – da möglicher- weise solchermaßen distanzierten und objektivierten – Forschungshaltung als Ausweg aus der Einseitigkeit sehen, vernachlässigen sie bisweilen die Frage, ob denn angeführte historische Traditionen des antifaschistischen Selbstverständnisses, politi- sche Begrifflichkeiten oder Konzepte aus dem Bereich der Volksfrontstrategie, des Humanismus, der sogenannten marxistischen Literaturtheorie usw. mit der histori- schen Vorlage noch übereinstimmen oder vielmehr in ihrer taktischen oder strategi- schen Adaptation an den ›orthodoxen‹ Antifaschismus oder Marxismus-Leninismus in seiner DDR-Variante nicht bereits semantisch verschoben wurden, um erst im Ge- wande eines neuen Inhalts und neurer Bezüge ideologisch und – wie es gelegentlich heißt – apologetisch wirksam zu werden (s. 2.3.2). Schon der Versuch, die Exillitera- tur als einheitlich zu erfassen und das literarische Werk der Exilanten auf dem Hin- tergrund seiner Entstehungsbedingungen zu interpretieren, gilt in den 80er Jahren mit Blick auf den Osten als wissenschaftlich fragwürdiger Versuch, sich in eine ›histo- rische Tradition‹ der Identitätssuche und des Selbstverständnisses zu begeben Dies kann einerseits zu einer Verstrickung in rechtfertigungsdialektische ‚Theoriebil- dungen’ führen, sobald mehr oder weniger überhistorisch interpretierte Vorstellungen und Postulate literaturwissenschaftlich pars pro toto appliziert werden und nicht aus dem Zusammenhang der tatsächlichen Debatten und Konstellationen des Exils heraus entwickelt und verstanden werden. Sobald nicht mehr ersichtlich oder nicht mehr bewusst wird, welcher Begriffs- und Vorstellungswelt Maßstäbe entlehnt werden und J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 11 welche historische Legitimation diese infolgedessen zur Grundlage nehmen, bleibt nur sehr schwer noch zu entscheiden, ob es sich dann bloß um ungeprüfte Missver- ständnisse oder vielmehr um mehr oder weniger komplexe Camouflagen im ideologi- schen Diskurs handelt. Camouflagen, die sich den Anschein bereits wissenschaftlicher Übereinkunft geben, um sich selber oder den Leser… über mögliche Widersprüche im eigenen oder im fremden, oder gar in beiden Systemen der Erklärung hinwegzutäu- schen. 1.2 Ziele der vorliegenden Arbeit Nach einem Überblick zum Stand der Exilrezeption und Exilforschung (Kap. 2) ist es Ziel dieser Arbeit, in üblichen Darstellungen und primären Handapparaten der Lite- raturgeschichtsschreibung unterschiedlicher Herkunft, Ausrichtung und Methodolo- gie dem Vorhandensein der beiden oben beschriebenen Typen von Blindstellen nachzugehen und auf ihre eigenen theoretischen Bedingungen hin zu untersuchen. Erst in einem zweiten, erweiterten und vertieften Anlauf wird es gelingen, diese dann annähernd genau zu klassifizieren und gegenüberzustellen. Für diese Arbeit sollte es, aufgrund ihrer praktischen Beschränkung in Umfang und Tiefe der Analyse, darum gehen zu überprüfen, inwiefern die sogenannten ›marxistischen‹ Begriffe wie ›Ein- heitsfront‹, ›Volksfront‹ und›Antifaschismus‹ oder ›Parteilichkeit‹, die Theorie vom ›sozialistischen Realismus‹ sich im Rahmen der Praxis des Exils in das Gerüst Marx- scher Theorie oder marxistischer Theorie und Praxis einreihen, und damit zugleich darum, die Gefahren und literaturhistorischen Abseitsfallen zu untersuchen, welche nach Trapp (1983) darin bestehen, literarische Theorien und Debatten allzu sehr von ihrem konkreten, d.h. historischen Kontext zu abstrahieren. Zentrales Moment bildet dabei die Untersuchung dessen, was man besonders in Hinblick auf die antifaschisti- sche Volksfront mit Literaturtheorie als Strategie der Bündnispolitik bezeichnen könnte, die Untersuchung der durch KPD und III. Kommunistische Internationale (Komintern) vermittelten sowjetischen Literaturpolitik und ihre Wirkung auf bzw. ih- re Ablehnung durch das Exil. Dabei handelt es sich im Kontext der 30er und 40er Jahre einerseits immer auch um die Frage der dahinter zutage tretenden Strategie, worin sich das kunstpolitische Argument einbettet, in Hinblick auf die Zeit nach 1945 dagegen um den ideologischen und wissenschaftlichen Nachweis strategischer Adä- quatheit von literaturpolitischen Strategien, oder aber um die Infragestellung dersel- ben. So geht es im zweiten vor allem um einfache oder komplexe Blindstellen im Umgang mit Konzepten marxistischer Literaturauffassungen und sozialistischer Lite- raturpolitik seitens sei es westlicher, sei es vermeintlich blockunabhängiger oder aber DDR-naher Literaturwissenschaft. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 12 1.2.1 Zugängigkeit der Forschungsliteratur Die Literatur zur Exilforschung dürfte nach eigenen Schätzungen derzeit immerhin mehr als 2000 Aufsatz- und Werktitel umfassen. Von den etwas über tausend Werkti- teln der referenzierten Bibliographie befinden sich rund 60 Buchttitel und Aufsätze im Besitz des Autors dieser Arbeit, nur knapp 50 konnten in den Funden der katalani- schen Bibliotheken konsultiert werden. Rund ein Drittel der Forschungsliteratur da- gegen musste bei Aufenthalten in Deutschland, Österreich, Frankreich und den Niederlanden eingesehen werden oder wurde, besonders im Fall der Exilzeitschriften, mittels elektronischen Zugriffen auf den Fundus der Deutschen Bibliothek oder ande- rer Exilarchive 4 gesichtet oder überprüft, im Hinblick auf die Erhebung von Fachlite- ratur mittels elektronischer Zeitschriftenbibliotheken im In- und Ausland. Eine eingehendere Bearbeitung der übrigen und notwendigerweise im Laufe anschließen- der Forschungen noch hinzukommenden steht aus. Auf die Inanspruchnahme von Fernleihen wurde für diese Arbeit aus finanziellen und zeitlichen Gründen weitgehend verzichtet. 1.2.2 Einschränkungen dieser Arbeit In Voraussicht einer abzusehenden Einbindung des Autors dieser Arbeit in derzeit stattfindende universitäre Umstrukturierungen (Studienjahr 2007-8) sollte die nun vorliegende Arbeit ursprünglich erst im Studienjahr 2008/2009 vorgelegt werden. Dies war aufgrund formaler Beschränkungen bei den Einschreibungsmodalitäten nicht möglich, weshalb das gegenwärtige Ergebnis in nur knapp 5 Monaten erzielt werden musste, ein Zeitvolumen, welches einer Forschungsarbeit dieses Typus nicht angemessen sein kann. Dem Autor der Arbeit sind die daraus resultierenden Ein- schränkungen in Bezug auf Vollständigkeit und Stringenz der Ausführung bewusst. 4 Hilfreich sind hier besonders der Exil-Zeitschriften-Text-Abruf der Deutschen Nationalbibliothek http://deposit.ddb.de/online/exil/exil.htm; sowie die Datenbank der Walter-A.-Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur: http://www1.uni-hamburg.de/exillit/neueversion/datenbanken/datenbankenstart.htm. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 13 2 Rezeptionsbedingungen der Exilliteratur nach 1945 und allgemeiner Forschungsstand 2.1 Leere Stellen der Literaturrezeption Die Nachkriegsrezeption deutscher Literatur, und insbesondere jener des Exils, ist vom Geist gerade erst zerbombter Unzeiten geprägt. Die nicht verbrannten Bestände nationalsozialistischer Literatur, Philologie und Literaturkritik sind zwar in die Kel- lergeschosse und in den Giftschränken der Universitätsbibliotheken und Verlagsma- gazine verschwunden, ein Resthauch vom strengen Afterdunst hängt noch in Hörsälen und zwischen den Regalen. Was von nun an dort Platz nehmen soll, sei es aus der Vorkriegsliteratur, sei es aus internationaler oder deutschsprachiger Produk- tion, wird zuerst durch Kontrollorgane der vier Alliierten Militärgouvernements (in- formation control divisions) gefiltert und lizenziert,5 und schon bald, spätestens jedoch ab 1949 durch den Kalten Krieg redefiniert und polarisiert. Nicht immer war es nach Ende des Dritten Reiches selbstverständlich, der Literatur der 1933 vertriebenen Schriftsteller auf Büchermarkt und im Klassenzimmer deut- scher Schulen hüben und drüben gleichermaßen gewahr zu werden oder sie gar unter der Einordnung ›deutschsprachiger Flüchtlingsliteratur‹, deutscher ›Emigranten‹- oder ›Exil‹-Literatur in der Literaturgeschichtsschreibung aufzufinden. Hier wie bei anderen Anlässen der Historisierung geht die Literaturrezeption ihrer Geschichts- schreibung voraus, bedingt deren erste Ansätze. Wo es hüben und drüben Ansätze für eine Befassung mit der Literatur des Exils (oder auch mit der Literatur von vor 1933) gab, könnte man beinahe ohne Einschränkung mit Schwarz zusammenfassend mei- nen, es „schließen sich die auf kurze Zeit auseinanderfließenden Ströme der deut- schen Literatur wieder zusammen, um sich bald auf andere Weise zu zerteilen“ (1983:317); ein Fragezeichen wäre allerdings hier hinter die Bedeutung seines »kurz« zu setzen und dort hinter die effektive Realisierung des angenommenen Zusammen- schlusses. 5 Die Mehrzahl der Verleger, die im Westen Lizenzen beantragten, hatten zudem wenig oder gar keine Kenntnis von der Exilliteratur. Die Haus-Verleger des literarischen Exils konnten ihren diesbezügli- chen Vorteil jedoch aufgrund bürokratischer Hindernisse bei Druckschrifteinfuhr und Verlagsrückfüh- rung nach Deutschland nicht nutzen. Während im Ostberliner Aufbau-Verlag unmittelbar nach seiner Gründung im Jahre 1945 mit der Herausgabe von Werken des Exils begonnen wurde, mussten Exil- verleger wie Bermann-Fischer aufgrund von Einreise- und Lizenzbeschränkungen teilweise bis zu 5 Jahren ›Wartezeit‹ auf sich nehmen. Mit nicht remigrierten Autoren - anfangs also die meisten - konn- ten keine Verträge abgeschlossen werden, Überweisungen von Honoraren ins Ausland waren verboten. Viele linksorientierte Autoren standen zudem immer häufiger auf dem Index nicht genehmer Autoren; vgl. Fischer 2005:73-78, Bermann 1967: passim. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 14 2.1.1 Die Rezeption des Exils im Westen In westdeutschen Schulbüchern der 60er Jahre sind Innere Emigration, aber auch von Nazis hofierte (Benn, Hauptmann, Jünger), geduldete (Carossa) oder teilweise sogar ihnen nahestehende Schriftsteller (Blunck, Grimm, Kolbenheyer, Salomon) vielfach so oft vertreten wie die Exilanten aus der langen Liste von Günther Anders bis Stefan Zweig; deren Verhältnis zu anderer in Westdeutschland erschienener Literatur beträgt im Jahre 1965 circa 1:6.6 Gilt das Hauptaugenmerk der schulischen Literatur- rezeption und des Literaturbetriebes einmal nicht der Inneren Emigration oder den neuen Literaturen des vermeintlichen Nullpunkts,7 werden die ideologischen Raster der Epoche bedient, werden sogenannte Liberale (Th. Mann) bei Rezensionen eher noch ‘wahrgenommen’ denn erklärte Linksintellektuelle (H. Mann); Marxisten (Ben- jamin) oder Kommunisten (Brecht) vermeidet man: „Dem Westen waren im Grunde bloß politische unengagierte Schriftsteller genehm“ (Schwarz 1989:316). In der Hoch- zeit des Kalten Krieges (Cuba-Krise) werden Kommunismus bzw. Stalinismus und Fa- schismus unter dem Sammelbegriff des Totalitarismus gleichgesetzt.8 Kommunisten und vermeintliche solche unter ehemaligen Exilanten werden politisch unter einem bereits zuvor wohlbedienten Etikett als ›Kulturbolschewisten‹ verfolgt. Das restaura- tive Klima der 50er, der Antikommunismus der Adenauerzeit, waren der Rezeption der Exilliteratur nicht förderlich,9 weniger noch der Eingliederung ihrer Autoren. Weder in die BRD oder Österreich noch in die DDR kehren zurück Améry, Broch, Ca- netti, Feuchtwanger, Fried, Habe, Hochwälder, Huelsenbeck, Kesten, Maas, Th. Mann, Mehring, R. Neumann, Graf, Remarque, N. Sachs, Sperber, Weiss, Zuckmayer, da sie weder in den stalinistischen Osten noch in den sie misstrauisch beobachtenden und von ihnen selbst skeptisch observierten Westen wollen. Alfred Döblin, Paul Celan, 6 vgl. Lühe 2005:13, Jay 1997:327, Müller 1994:405, Stephan 1994:431; Dem Verfasser dieser Arbeit begegnete während seiner ganzen Schulzeit in den 60er und frühen 70er Jahren der Begriff der Exil- oder Emigrantenliteratur nicht. In der üblichen Handfibel des gymnasialen Deutschunterrichts, Kunze (1969): Grundwissen Deutsche Literatur, finden sich zwar einige Autoren des Exils (Seghers, Celan, Brecht, Nelly Sachs, die Gebrüder Mann) jedoch lediglich unter den Stichworten . Erst in der bearbeiteten Neuauflage von 1976 befindet sich im Literaturverzeichnis ein Hinweis auf Durzaks ›Die deutsche Exilliteratur‹ (1973). 7 Besonders in den ersten Jahren nach der Gründung der BRD (1949) bevorzugt der Literaturbetrieb neben der Rezension der Inneren Emigration die Literatur aus dem westlichen Ausland und reibt sich an der aus sogenannter Trümmerliteratur erwachsenen Gruppe 47. Gleichzeitig versuchen einige Mit- glieder dieser letztgenannten (Richter, Andersch) lange Zeit den Einfluss von interessierten Exilanten (z. B. Weiss, Celan, usw.) möglichst klein zu halten, sehen keine Möglichkeit „für einen Anschluss nach hinten“, zur Literatur der älteren Generation (vgl. Lühe 2005: passim). Aufgrund der allgemein ableh- nenden oder gleichgültigen Haltung gehen nur wenige Emigranten nach dem Krieg nach Westdeutsch- land (Anders, Beheim-Schwarzbach, Bruckner, Frank, Haffner, von Unruh, G. Weil; nur kurzzeitig Döblin, E. und K. Mann). Zu einer teilweisen Annäherung zwischen Exilanten und Gruppe 47 kommt es nur sehr allmählich durch die Kritik an der fehlenden Bewältigung oder Verdrängung der unmittelbaren Vergangenheit und an den restaurativen Tendenzen der Adenauerzeit. Wirklich realisiert wird dieser Dialog jedoch erst - und in Bezug auf das Alter vieler Emigranten oft zu spät - durch den erhöhten Impuls der Studentenbewegung der späten 60er Jahre. 8 vgl. Jay 1997:328, Bier 1983b:347. 9 vgl. verschiedene Beiträge zu politischem Klima, Literatur und Verlagstätigkeit in Lühe 2005: passim, zu Restaurationsklima und Exil, vgl. Bollenberg 2005. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 15 Ivan Goll und Klaus Mann ziehen sich desillusioniert wieder nach Frankreich zurück. Nachkriegsdeutschland bleibt ihnen fremd und suspekt, und sie ihm: Der Exilierte, in sein Heimatland zurückgekehrt, nun, er tat gut daran, stille zu sein, und seine Erlebnisse »draußen«, ja selbst die Tatsache für sich zu behalten, dass er ‘draußen’ gewesen ist. Fast zwei Jahrzehnte war das so, und auch der Großteil der im Exil entstandenen Literatur blieb draußen vor der Tür (Walter 1985:278f). Der Wandel in der Wahrnehmung der Exilliteratur nähert sich dem westlichen Litera- turbetrieb von außen. Mit der Gesellschaftskritik der Studentenbewegung, besonders aber mit ihrer Kritik an einer verdrängten Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit sowie durch die Übernahme der Kanzlerschaft durch den ehemaligen Emigranten Willy Brandt10 wird die Rezeption – zuerst widerwillig – auch auf die Werke und Au- toren der Exilliteratur aufmerksam11, wobei es jedoch hauptsächlich um die Oppositi- on zum Dritten Reich und den Antifaschismus der Werke und Autoren, um ihre Mentorenfunktion für die alte oder Neue Linke geht.12 Die Jahre von 1968 bis 1977 bezeichnen die Wiederentdeckung der der Autoren der Exilliteratur im Zeichen der Gesellschaftskritik, nicht jedoch der Exilliteratur an und für sich. Erst sehr langsam entwickelt sich ein Publikums- und Wissenschaftsinteresse an der Literatur des Exils und der Weimarer Republik.13 Viele Verlage, die bisher kein Interesse an der ›Ostdo- mäne Exil‹ hatten, drucken und verkaufen ab Ende der 70er Jahre und in der großen Neudruckwelle (1977 bis Ende 80er) Exilliteratur, wobei es ihnen in den meisten Fäl- len eher um das Werk einzelner bereits bekannter oder wiederentdeckter Autoren als um die Präsentation der Exilliteratur an sich, mehr um den Umsatz denn um eine ver- legerische Aufgabe geht.14 2.1.2 Die Rezeption des Exils im Osten In Ostdeutschland (SBZ, DDR) dagegen wird das Exil während der ersten Zeit des Nachkriegs als repräsentatives Kernstück und Aushängeschild des ›Antifaschismus‹, 10 Bezeichnender Weise wurde gegen Brand noch Anfang der 60er seitens der CDU in Wahlkämpfen- der Vorwurf erhoben, als Emigrant und Landesverräter gegen Deutschland gearbeitet zu haben, vgl. Münkel, Daniela (2002): „»Alias Frahm« – Die Diffamierungskampagnen in der rechtsgerichteten Presse“. In: Krohn 2002:397-418. 11 s. Exilliteratur 1933-1945. Eine Ausstellung aus den Beständen der Deutschen Bibliothek. Ausstellung der Deutschen Bibliothek Frankfurt, Mai bis August 1965, vgl. Berthold 1965, Köster 1965. Wie widerwil- lig man der Existenz der Emigranten und ihrem Blick auf die unmittelbare Vergangenheit noch entge- gentrat, lässt sich u. a. am wiederholt bestätigten Verbot von K. Manns Roman Mephisto (1936) in den Jahren 1965, 1968 und 1971 ersehen, dessen Publikation der BGH 1968 mit der Begründung untersagt, die Allgemeinheit sei nicht daran interessiert, ein falsches Bild über die Theaterverhältnisse nach 1937 aus der Sicht eines Emigranten zu erhalten; vgl. KLL 1986:6234. 12 vgl. Jay 1997:328. 13 s. Jürgen Serkes Serie Die verbrannten Dichter im stern-Magazin, Herbst 1976, vgl. Serke 1977. 14 In deutlich deklarierten Buchreihen oder Programmschienen mit zeitweilig recht hohen Auflagen setzt die Rezeption der Emigration als Exilliteratur ein. Es geht dabei jedoch auch hier meist um den Umsatz und die Wiederholung von Bucherfolgen wie bei Klaus Manns Bestseller-Roman Mephisto in den Jahren 1981ff. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 16 z. B. im Rahmen des Kulturbundes zur Erneuerung Deutschlands (1945)15 und ab 1949 als integraler Bestandteil der der DDR eigenen nationalen ›Aufbauliteratur‹ an- gesehen. Schon stellt man zu deren Gelingen mehr oder weniger linientreue Autoren heraus (Becher, Seghers),16 mal hofiert man im Sinne der ›Humanistischen Front‹ oder ›Volksfront‹ eine Zeit lang noch die sogenannten ‘bürgerlich-fortschrittlichen’ (Feuchtwanger, Th. Mann), bald streicht man aus den Listen abtrünnige Kommunis- ten (Koestler, Kantorowicz, Münzenberg, Regler, Sperber, Wittvogel, Leonhard) und unaussprechliche Namen von Proletkultlern (Günther, Ottwald). Die sogenannten »Renegaten« werden im Sinne des nationalen Kanons und verordneter nationalisti- scher Übertrumpfung von der Literaturrezeption ignoriert oder ausradiert.17 Als ab 1952 der Aufbau des Sozialismus proklamiert wird, greift eine nach dem Stalinschen Abklatsch der Kaderpartei organisierte SED in epigonenhafter Nachahmungssucht wieder nach dem Leninschen Prinzip der ›Parteiliteratur‹,18 und erhebt in der ihr ei- genen Kohärenz den Lukácsschen Aufguss des ›sozialistischen Realismus‹ erneut zur Kunstdoktrin.19 ›Linksbürgerliche‹ und ›revisionistische Abweichler‹ von der angebli- chen Orthodoxie, insbesondere solche aus der engeren oder weiteren Umgebung der Frankfurter Schule (Benjamin, Adorno, Korsch, Kracauer, Marcuse), werden ideolo- gisch verworfen, unabhängige Marxisten und Intellektuelle (Bloch, Mayer, Plievier) – sie gelten von neuem als linksliberale Kleinbürger – noch einmal zur Emigration jen- seits der kleindeutschen Grenze gebeten, solange diese noch offen ist. Exilschriftstel- ler oder Werke mit zu avantgardistischen Literaturkonzeptionen (Arendt, Hermlin, Lasker-Schüler, N. Sachs) werden in die hinterste Regalreihe verwiesen oder ihrer Funktionen enthoben, wie ferner jene, die sich nicht lammfromm der eklektischen Mischung aus mechanistischem ›Histomat‹ und konservativem Formenkanon des 18. oder 19. Jahrhunderts zu unterwerfen bereit waren, wegen ihrer »volksfremden und formalistischen« Haltung zur Standardübung der Selbstzensur und Selbstkritik einge- laden waren (Brecht, Eisler, Dessau). Auch Werke von Bürgerlichen wie Broch, Musil, Werfel oder St. Zweig wird man im real dekretierten Sozialismus nicht mehr verlegen. Vom Bitterfelder Bürstenabzug des Proletkults und Traktorenlyrismus’ (1959) über die ›sozialistische Nationalliteratur‹ (1961) bis hin zu den diversen Spielarten der so- zialistischen Aufbau-, Stoßtrupp- oder Produktionsliteratur des ›Neuen Ökonomi- schen Systems‹ (1963) und aller sonstiger Wenden wird die DDR etliche historische 15 Ursprünglich nominell gesamtdeutsche Organisation mit 1947 ungefähr 120 000 Mitgliedern. Dazu gehören u.a. R. Huch (verlässt 1947 die SBZ), E. Spranger, G. Hauptmann u. J. R. Becher, späterer DDR-Kulturminister. Zentrale Aufgaben des Kulturbundes sind: „Vernichtung der Naziideologie auf allen Lebens- und Wissensgebieten. Kampf gegen die geistigen Urheber der Naziverbrechen und der Kriegsverbrechen. Kampf gegen alle reaktionären, militaristischen Auffassungen. Säuberung und Rein- haltung des öffentlichen Lebens von deren Einfluss. [...] Wiederentdeckung und Förderung der frei- heitlichen, humanistischen, wahrhaft nationalen Tradition unseres Volkes“ (Leitsätze des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. In: Aufbau, Jg. 1 1945, H. 2; 200). 16 vgl. Schmidt 2002; zu Seghers ›Linientreue‹ in der lit. Praxis der DDR vgl. Vilar 2003. 17 vgl. Schnell 1994:434, Emmerich 1994:462, 465; Koebner 1990. 18 vgl. Lenin 1905, in Werke, Bd. 10; 29-34. 19 vgl. Lukács 1948, 1971. Auch Lukács indes wurde gegen Ende der Revionismus-Kampagne in der DDR selber zum Opfer des von ihm vehement vertretenen Kunstdiktats, als seine Begründung der Kunstdoktrin als zu ›idealistisch‹ eingeordnet wurde.; vgl. Lukács 1981: 139-143, Heeg 1977: passim. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 17 Schwenks des Vorbilds Sowjetunion parodieren,20 die hier nicht im Einzelnen nach- gehalten werden können, ohne den Rahmen dieser Arbeit gänzlich zu sprengen. Eines muss hier jedoch angemerkt werden: Trotz aller Tauwetter, Chruschtowiaden und Glastnost, die zahlreichen Opfer der stalinistischen Säuberungen unter den Exilanten (z. B. Neher, Becker, Held, Walden, Ottwald) bleiben verschwiegen, lange noch, nach- dem die Mauer bereits gefallen ist.21 2.1.3 Die Rezeption des Exils seit der Wiedervereinigung Dass seit der Wiedervereinigung das Thema an Reizstoff verloren hat, mag daran lie- gen, dass trotz Zugang zu Fundus und Buchmarkt der ehemaligen DDR kaum noch verlegerische Entdeckungen im Bereich der Exilliteratur gemacht werden, anderer- seits das Spezifikum der Exilliteratur als Literatur des Exils zumindest verlegerisch in den Hintergrund getreten ist und andere Spezialbereiche wie die verschwiegene Bib- liothek der ehemaligen DDR oder die Migrantenliteratur an ihre Stelle getreten sind. Andererseits widmet sich heutzutage eine relativ stabile Reihe von Verlagen in Deutschland und Österreich den Autoren und Werken der Emigration,22 meist in Zu- sammenarbeit mit den seit den 60er Jahren entstandenen Exilarchiven von Universi- tätsinstituten und Sammlungen in Deutschland und Österreich.23 Die deutschen und die österreichischen Nationalbibliotheken verfügen inzwischen über einen extra aus- gewiesenen Exil-Fundus (Primär- und Sekundärliteratur).24 Die meisten Verlage pub- 20 vgl. Wegmüller 1972. 21 vgl. Trapp 1993b; zu Einzelheiten später in dieser Arbeit, s. 4.3. 22 z. B. bei Büchergilde Gutenberg, Wallstein, S. Fischer und Suhrkamp, Spangenberg, Aufbau, Pi- per/Neuer Malik Verlag, Kiepenheuer & Witsch, Arco, Unrast, Hanser, Luchterhand u. a. m. Eine Reihe dieser Verlage sind traditionell der Exilliteratur verpflichtet, wie z.B. der ehemalige Gewerk- schaftsverlag der Buchdrucker Die Büchergilde (im Exil bei Oprecht, Zürich), S. Fischer (Bermann- Fischer), Kiepenheuer (b. Allert de Lange/Querido, Amsterdam), Aufbau (Aufbau u. Aurora, New Y- ork), Piper/Neuer Malik Verlag (Malik, Prag/London, Aurora, New York); andere wie Edition Span- genberg bei Ellermann, Wallstein u. der inzwischen erloschene Szczesny-Verlag gehörten mit zu den ersten Verlagen, die nach 1945/46 Exilliteratur veröffentlichten. Eine formal eigenständige Reihe ›Exil- literatur‹ besteht heute jedoch nur noch bei der Büchergilde Gutenberg und der ›Bibliothek der ver- brannten Bücher‹ bei Fischer Tb, hier mit Neuauflagen zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung (26.04.2008) in Form fotomechanischer Originaleditionen-Reprints damals verbrannter Werke. 23 Die wichtigsten Forschungseinrichtungen sind (ohne spez. Autoren- und Gruppenforschung): Exil- Club-Projekt der Else-Lasker-Schüler-Stiftung, Wuppertal; Forschungsprojekt Österreichische Litera- tur im Exil des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands, Wien und Österreichische Gesellschaft für Exilforschung, Wien; Gesellschaft für Exilforschung beim Zentrum für Antisemitis- musforschung der TU Berlin; Guernica-Gesellschaft zur Erforschung der antifaschistischen Kunst und Antikriegskunst, Karlsruhe; Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur und Walter-A.- Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur, Hamburg; Research Centre for German and Austrian Exile Studies, University of London; in Übersee: The Varian Fry Foundation Project of the International Rescue Committee, New York; außerdem zahlreiche Forschungsprojekte zu jüdischer Vertreibung und Holocaust, die hier aufgrund ihrer stetig steigenden Zahl nicht einzeln aufgeführt werden können. 24 Bibliographische Sammlungen (ohne spez. Autorensammlungen): Carl von Ossietzky-Bibliothek und Paul Walter Jacob-Archiv, Uni Hamburg; Deutsches Exilarchiv 1933 – 1945 der Deutschen National- bibliothek, Frankfurt am Main; Exil-Archiv.de bei der Else Lasker-Schüler-Stiftung für verbrannte und verbannte Dichter-/ KünstlerInnen, Zentrum der verfolgten Künste, Wuppertal: Österreichische Exil- J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 18 lizieren aktuell Werke und Autoren des Exils, meist jedoch unter Vermeidung des Eti- ketts ›Exil‹, unter Aspekten wie ›moderner Klassik‹ oder literarischer Tendenzen mit Vorreiterrolle für Aktuelles. Wenn man mittlerweile man davon ausgehen könnte, dass die Werke und Autoren der Exilliteratur wieder Eingang in den sogenannten Kanon der deutschen Literatur (s. 2.2.1.4) gefunden haben, dann stimmt dies nur unter der Vorraussetzung, dass der Anschluss an die Weimarer Literatur überwiegend, aber nicht ausschließlich, im Exil zu suchen ist, die Nachkriegsliteratur nicht einfach einen Nullpunkt darstellt, sondern ein oft widersprüchliches Wiederanknüpfen. Die meisten Autoren der Exilliteratur gelten heute selbst vielen Konservativen als Zeitikonen der deutschen Literatur, auch wenn die spezifische Tatsache des Exils außer als special interest den meisten Lesern kaum mehr bewusst sein wird; ist dies dennoch der Fall handelt es sich, um mit Schwarz zu sprechen, „doch nur mehr um eine historische Angelegenheit“ (1983:317). Damit ist zumindest bei oberflächlicher Betrachtung eine gewissermaßen ‘normale’ Rezeption eingekehrt, so wie sie mit den gemeinhin üblichen Einschränkungen auch für andere Epochen der deutschen Literatur gilt. Dahinter verbirgt sich jedoch das in den Verhältnissen des Literaturbetriebs begründete Paradoxon, dass die Integration der Exilliteratur umso besser von statten ging, als ihr spezifischer Exilcharakter in den Hintergrund trat.25 Für Literaturbetrieb und allgemeine literarische Rezeption scheint sich also nolens volens das praktisch durchgesetzt zu haben, was Loewy Ende der 70er für die Fachforschung noch als theoretische Maxime formulierte: Wohlverstandene Exilliteraturforschung kann […] nicht den Sinn haben, einen ausgeklammerten Strang der deutschen Literaturentwicklung auf Dauer Sonder- rechte zu erwirken als vielmehr seiner habhaft zu werden und ihn in die deutsche Literaturgeschichte zu integrieren (Loewy 1979:23). 2.2 Exil und Literaturwissenschaft Die Exilliteratur wieder in die Literaturgeschichte zu integrieren ist aufgrund der Nachkriegsbedingungen auch in der Literaturwissenschaft ein von Widersprüchen ge- zeichnetes Unterfangen. Dies liegt zum einen im Gegenstand selbst begründet, zum anderen an den polarisierten Wissenschaftsstandpunkten der Nachkriegszeit. Wie das Exil an sich, sind auch die Konditionen der Literatur des Exils, die seiner Rezeption und literaturwissenschaftlichen Verhandlung erst einmal fremd- und von außen be- stimmt, sie ergeben sich nicht aufgrund offen darliegender und eindeutiger Merkma- le. Formal fußt die Einordnung als Literaturepoche auf einer historisch-politischen Periodisierung, nicht jedoch auf einer stilistischen oder von vornherein ästhetisch de- bibliothek, Literaturhaus Wien und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien; Sammlung Exil-Literatur 1933 – 1945 der Deutschen Nationalbibliothek, Leipzig; Wiener Libra- ry, London; in Übersee: The German Emigre Collection, Albany; German Exile Library, Los Angeles; außerdem auch hier zahlreiche Bibliotheken und Archive zu jüdischer Vertreibung und Holocaust. 25 vgl. Fischer 2005:91f. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 19 finierten Epoche.26 Auch ist die Masse der Autoren weder weltanschaulich noch in ih- rer künstlerischen oder ästhetischen Haltung homogen. Ihre typischen Ausdrucks- und Gattungsformen wie Exiltagebuch, Deutschland-, Exil- und historischer Roman, ihre Pendants in Lyrik und Drama entwickeln sich erst allmählich und je nach Exilort und historischem Abschnitt in anderer Ausprägung,27 entfalten sich teilweise auf- grund theoretischer und strategischer Diskussionen, die nicht frei von parteipoliti- schen Führungsansprüchen sind (s. Expressionismusdebatte und Kunstdoktrin des ›sozialistischen Realismus‹).28 Nicht direkt literarische Prosa nimmt einen höheren Stellenwert ein als in vielen anderen Literaturepochen, vorausgesetzt, man nähme die Streitschriften der Aufklärung und Reformation, die der deutschen Jakobiner, die vergleichbarer Zeiten wie die des Exils des Jungen Deutschlands einmal aus… Breite Vergleichsforschungen mit letzterem oder mit der Emigration während der Bismarck- schen Sozialistengesetze oder etwa mit anderen, zeitnäheren Exilliteraturen (z. B. Ita- lien, Spanien) sind (noch) nicht vorhanden, gleiches gilt für den Vergleich mit späteren, z. B. dem ungarischen, tschechischen oder chilenischen Exil. 2.2.1 Wissenschaftliche Rezeption und politischer Kontext wis- senschaftlicher Forschungsperspektiven War das Exil politisch verursacht und zumindest beim erfassten Gros seiner Mitglie- der überwiegend politisch orientiert, so wird es auch nach dem Ende des Faschismus meist aus politischen Perspektiven untersucht und bewertet. Dies liegt bereits im For- schungsgegenstand begründet, ist doch ein Großteil der vorliegenden Exilliteratur von der Sphäre des Politischen merkbar durchdrungen. Die politischen und die von ihnen geprägten ästhetischen Auseinandersetzungen der Weimarer Zeit29 bestanden im Exil weiterhin und teilweise noch danach. Neue Auseinandersetzungen um das eigene Selbstverständnis traten hinzu, die nicht selten von der Realpolitik während und nach der Zeit der NS-Diktatur gezeichnet waren. Auch die Forschungsliteratur gibt mehr oder weniger politische Lesarten des Exils wi- der, auch wenn diese häufig – wie später zu sehen sein wird – ihre Herkunft oder Mo- tivation nicht offen ausweisen. 2.2.1.1 Unterschiedliche Begriffsbestimmungen Schon die Polysemie der zu verschiedenen Zeiten und Gelegenheiten angewandten Begriffe ›Auswanderung‹, ›Emigration‹ und ›Exil‹ bezeichnet nicht nur damit ver- 26 vgl. zu den Problemen der Epochenbestimmung Koepke 1984, Teesing 1948. 27 Siehe hierzu besonders Trapp 1983, Kap. 3-5; eine Übersicht bietet Feilchenfeld 1986:112-116; zu einzelnen Gattungen jeweils Gallmeister 1991, Bock 1981, Hans 1975, Arnold 1973; Beiträge der De- batten im Exil, vor allem zum ›Historischen Roman‹: Feuchtwanger 1961, Lukács 1955, Lukács 1938, Döblin 1936. 28 Zusammenfassend Trapp: »Literaturtheorie als Form von Bündnispolitik: Einwirkungen der sowjetischen Lite- raturpolitik auf das Exil«. In: Trapp 1983b:201-210. 29 vgl. Walter 2003a, Walter 2003b, Koch 1996, Bier 1983a. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 20 bundene Interpretationen und Haltungen juristischer und politischer Couleur, desig- niert nicht nur gegeneinander abgesetzte Versuche der Selbstdefinierung der aus Deutschland Vertriebenen30, sondern auch teilweise divergierende Forschungsansät- ze. ›Auswanderung‹ und ›Emigration‹ werden von NS-Beamten synonym als aktive – und zynischerweise – als freiwillige Entscheidung angesehen, sein Heimatland aus politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Gründen zu verlassen, um sich woanders dauerhaft niederzulassen, sehr bald auch in der propagandistisch abschätzigen Be- zeichnung des ›Emigrantenschrifttums‹ verwendet.31 Im späteren Sprachgebrauch der BRD umfasst ›Auswanderung‹ eher die wirtschaftliche Motivation,32 ›Emigrati- on‹ wird z. T. synonym verwendet, bezeichnet jedoch öfter auch den politischen und religiösen Aspekt33. Der Begriff ›Exil‹ wird von den Nazis vermieden, da hier der akti- ve Teil vom Staat übernommen wird: Ausbürgerung, Verbannung und Verfolgung zwingen den Betroffenen zum Verlassen der Heimat34. Unter den Verfolgten wird die Bezeichnung ›Exilant‹ entweder als politische, wenn nicht gar antideutsche Haltung verschiedentlich abgelehnt (z. B. René Schickele, Walter Gropius) oder als aktives En- gagement gegen den Nationalsozialismus ausdrücklich beansprucht (z. B. Balder Ol- den, Oskar Kokoschka).35 Gleich den Exilautoren unterscheiden die Behörden der Exilländer und später auch die Forschung mehr oder weniger scharf zwischen Emigration und Exil, wobei für die Bewertung der Behörden entscheidend ist, ob es sich im eigenen Selbstverständnis um ein traditionelles Einwanderungsland (z. B. USA) oder Exilland (z. B. Frankreich) handelt. Die amerikanischen Dienststellen zum Beispiel unterscheiden für die eigent- liche Zeit des amerikanischen Exils zwischen Einwanderern und Exilanten. Sich selbst als Exilanten verstehende Flüchtlinge werden während des Exils von Regierungsstel- 30 Man erinnere sich an dieser Stelle an Brechts Ende 1937 explizit vorgenommene terminologische ly- rische Kritik »Über die Bezeichnung Emigranten« (1967; 718) und die wenig später in der Exilpresse statt- findende Debatte zwischen Hermann Kesten, Thomas Mann, Walter A. Berendsohn u.a.; zusammenfassend bei Feilchenfeld 1986:15-19. 31 vgl. Feilchenfeld 1986:15. 32 aus|wan|dern : seine Heimat für immer verlassen [u. in einem andern Land eine neue Heimat suchen]; emigrieren: er ist [vor zwanzig Jahren, aus Deutschland] ausgewandert; nach Austra- lien, in die USA a. © Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM]. 33 Emi|gra|ti|on, die; -, -en [spätlat. emigratio = das Ausziehen, Wegziehen]: 1. das Emigrieren: die rechtzeitige E. bewahrte ihn vor dem Tod; *innere E. (bildungsspr.; innerliche Abkehr von den Ausei- nandersetzungen mit den aktuellen wirtschaftlichen, politischen, religiösen u.ä. Vorgängen als Aus- druck der Opposition). 2. fremdes Land, Fremde als Schicksalsraum des Emigranten: in die E. gehen. 3. Gesamtheit von Emigranten; Menschen in der Emigration (2): die E. entfaltete zahl- reiche Aktivitäten. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim, 2003 [CD-ROM]. In- teressanterweise ist die Bezugnahme auf rassische Gründe früherer Ausgaben nicht mehr explizit, vgl. „Emigranten [lat.], Bez. für Auswanderer, die aus politischen, konfessionellen oder rassischen Gründen ihr Vaterland verlassen (Emigration).“ Duden-Lexikon, Bd. 1, Mannheim, 1961, unverändert 1972. 34 Exil, das; -s, -e [lat. exilium, zu: ex(s)ul = in der Fremde weilend, verbannt; Verbannter]: langfristi- ger Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes, das aufgrund von Verbannung, Ausbürgerung, Verfolgung durch den Staat od. unerträglichen politischen Verhältnissen verlassen wurde: die Jahre seines –s; wäh- rend seines –s; das Stück hat er in seinem amerikanischen E. (während seines Exils in Amerika) ge- schrieben. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM]. 35 vgl. Holz 1997:43-56. Bezeichnend für die Diskussion ist jedoch aber auch, das ein Teil der politi- schen Exilanten die jüdischen Vertriebenen als Wirtschaftsemigranten behandelte; vgl. Trapp 1983a:32. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 21 len in den USA, dem größten Exilland (ca. 104.000 Flüchtlinge), mit Vorsicht oder so- gar mit Misstrauen behandelt, ein Großteil wird vom FBI überwacht,36 sogar als be- reits zahlreiche Exilanten in der amerikanischen Armee gegen Hitlerdeutschland kämpfen. Während der scoundrel time der späten 40er und der 50er Jahre, der He- xenjagd der McCarthy-Ära schlägt das Misstrauen gegen sich immer noch als Exilan- ten verstehende Flüchtlinge in Verfolgung um. Zahlreiche Exilanten verlassen daraufhin die USA.37 Dass das Verhältnis der Vertriebenen zu ihren Fluchtländern nicht von Konflikten frei war, bedingt in Teilen auch die Emigrations- bzw. Immigra- tionsforschung. Die amerikanische Exilforschung ab den 60ern (Hughes, Heilbut, Jacoby, Davis, Jay) betrachtet sodann Emigration bzw. Exil als „Quelle von potentiellen oder tatsächli- chen Widerständen gegen die in Amerika herrschenden intellektuellen und kulturel- len Anschauungen“ (Jay 1997:333), bewertet sie als Anpassung oder Ablehnung des american way of life and democracy, beobachtet ihren Einfluss auf den Kultur- und Wissenschaftsbetrieb und den erfolgreichen oder bedenklichen Kulturtransfer.38 Die Forschung scheidet die Flüchtlinge aus Deutschland in auswandernde Emigranten (=Immigranten in die USA) oder politisch gegen die Nazidiktatur gerichtete Exilan- ten.39 Dieses Prinzip gilt jedoch nicht allein für die amerikanische Forschung, auch deutsche Literaturwissenschaftler werden noch in den 80er Jahren zumindest für das jüdische Exil von ähnlichen Ansätzen ausgehen: Die Fluchtbewegung, die wir mit Exilierung bezeichnen, ist zu unterscheiden von der „Emigration“ (Auswanderung), die vor allem die in Deutschland lebenden Ju- den betraf. Die jüdische Massenemigration setzte erst um 1938 ein und steigerte sich mit der Verschärfung des antijüdischen Terrors. Die sich retten konnten, ver- ließen Deutschland mit der Absicht, im Ausland für immer eine neue Heimat zu finden (Franke 1988:117).40 Nach 1945 meint man in Westdeutschland, die Exilanten wieder in Emigranten um- wandeln zu können, da diese nun angeblich die Freiheit haben, in die BRD zurückzu- 36 vgl. Stephan 1995. 37 Solche Vorgänge wiederholen sich in anderen Exilländern, meist zuerst unter dem Druck der Au- ßenpolitik des Deutschen Reiches (Schweiz, Österreich) oder unter den Bedingungen des Krieges (Frankreich, England); vgl. Mehringer 1998, Schwarz 1989, Walter 1984, Tutas 1973, Walter 1972a, Be- rendsohn 1946. Besonders gilt dies aber auch für die UdSSR, wo viele Exilanten vom NKWD obser- viert, ein Teil von ihnen während des Krieges zum tatsächlichen oder nur vermeintlichem ›Schutz‹ nach Kasachstan deportiert werden, manche bei den verschiedenen stalinistischen Säuberungswellen verschwinden; vgl. Trapp 1993b, Diezel 1992, Müller 1991, Lorenz 1990, 1986. 38 vgl. Jay 1997, Winckler 1995, Bendix 1990. 39 vgl. Bendix 1990, Rietzschel 1981, Spalek 1976, Radkau 1971. 40 vgl. ebenfalls Schwarz 1989:304. Auch in der spanischen Auslandsgermanistik sind für die 80er ver- gleichbare Unterscheidungen nachzuweisen, vgl. Jané 1983:92. In der DDR wird bei der Unterschei- dung von Emigrant und Exilant ein um 180° gewendetes Prinzip angewendet. Jüdische Remigranten werden dort, da sie ins antifaschistische Deutschland zurückkehren, als aufgrund ihrer Weltanschauung Vertriebene und somit vom Grundsatz her zumeist als Exilanten eingestuft, vgl. Domansky 1993:182, Anm. 10. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 22 kehren.41 Die westdeutsche – man ist versucht zu sagen: die westliche – Exilforschung schlechthin orientiert sich unter dem Aspekt der Emigrationsforschung an geographi- schen Zentren ihrer Herkunft und an Rückzugsorten des Exils 42 und seiner dort ange- legten Institutionen der literarischen und öffentlichen Repräsentation.43 Eine politisch-literarische Komparation mit anderen teilweise zeit- und ortsgleichen Exilen anderer Literaturen ist darin nicht vorgesehen. 44 2.2.1.2 Uniforme Intentionen Steht im Westen anfänglich die Emigrationsforschung i. e. S. im Mittelpunkt, so rückt dorthin in der DDR programmatisch die ›Kunst und Literatur des antifaschistischen Exils‹.45 Dabei ist der Aspekt des ›Antifaschismus‹ im Osten positiv, im Westen bis in die 70er negativ besetzt. Das Exil findet in der DDR, wie man an den umfangreichen Projekten ersehen kann, zwar größere wissenschaftliche Aufmerksamkeit als im Wes- ten, es wurde jedoch weniger unter dem ausdrücklichen Aspekt der Exilierung be- trachtet und untersucht. Die Künstler und Schriftsteller des Exils gelten hier vielmehr als ›besondere Etappe im Entwicklungsgang der fortschrittlichen Kunst und Litera- tur‹ seit 1918, die 1949 ihren staatlichen Ausdruck erhält. Neben Widerstand und In- nerer Emigration gelten die Exilanten auch der Forschung als ›Vorkämpfer einer zukunftsweisenden humanistischen, volkstümlichen und revolutionären Kunst‹, wer- 41 Auch die ›Remigrationsforschung‹ der 90er arbeitet konzeptuell unter dieser Prämisse und wird da- durch gezwungen sein, zwischen Remigranten, im Exil verbleibenden Exilanten oder Nicht- Remigranten und Fällen der Re-Remigration, also der Rückkehr ins Exil zu unterscheiden. vgl. Lühe 2005: passim. 42 Fast 40 Beiträge aus dem Zeitraum von 1971 bis 2005 wurden für diese Forschungsarbeit allein zu diesem Themenschwerpunkt erhoben. Diese widmen sich zumeist der Verteilung des Exils bzw. der Emigrationsforschung zu den einzelnen Exilländern bzw. Herkunftsländern; vgl. Hammes 2005, Lürb- ke 2001, Bolbecher 2000, Patka 1999, Barron 1997, Weschler 1997, Flügge 1996, Mittag 1996, Stephan 1995, DÖW 1995, Laharie 1993, Flügge 1992, Spalek 1992, DÖW 1992, Bendix 1990, Walter 1988, DÖW 1986, Walter 1984, DÖW 1984, Klein 1982a, Lingner 1982, Rönisch 1981ff, Hermsdorf 1981, Pech 1981, Pike 1981, Rietzschel 1981, Wenzel 1981, Kießling 1980, Maas 1978, Spalek 1976, Walter 1974a, Pech 1974, Durzak 1973, Radkau 1971. Dem in der literaturwissenschaftlichen Diskussion viel- beachteten kalifornischen Exil bemühte sich zudem unlängst ein deutscher Romanautor als Stoff und Gattung anzunehmen, vgl. Lentz 2007. 43 Besonders stehen hierbei die Exilpresse im Vordergrund (auf die auch in fast allen literaturgeschicht- lichen Darstellungen breitest eingegangen wird),; vgl. Shin 2007, Roussel 1989, Walter 1978, Maas 1978, Walter 1974b, Kunoff 1973, Bermann 1967, Walter 1965. In den Periodika der Exilforschung wurden etliche Arbeiten ebenfalls dem Thema gewidmet; vgl. Jahrbuch für antifaschistische Literatur und Kunst, Leipzig, passim; Sinn und Form (1978-1984). Bde. 19, 29, 36; Weimarer Beiträge (1981-82). Bde. 27, 28; Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch. München: text + kritik; 1983ff (Gesellschaft für Exilforschung e.V. am Institut für Neuere deutsche Literatur der Universität Marburg; 1984), ebf. Nachrichtenbrief, Frankfurt/M., 1984 ff. 44 Erst in den letzten Jahren widmen sich vor allem in Spanien Auslandsgermanisten und Überset- zungswissenschaftler dem interexilischen Kontakt und Literaturtransfer, vgl. Marín 2008, Rosell 1999, Ott 1999. Auch in der Forschung des spanischen und katalanischen Exils, die erst knapp ein viertel Jahrhundert nach dem Ende des Franquismus einsetzte (1. Kongress Tarragona, 09.12.1999), spielt dieses Thema keinerlei zentrale Rolle. 45 Dem Thema ›Exilländer‹ widmet sich im Osten vor allem die Zs. Weimarer Beiträge (Rönisch et al. Hgg., 1981ff.): Bde. 27, 28; vgl. Klein 1982a, Rietzschel 1981, Wenzel 1981, sowie die siebenbändige Leipziger Ausgabe von Kunst und Literatur im Exil, Hoffmann 1987ff. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 23 den als ›Weggefährten‹ und Begründer der DDR-Kunst gesehen. „Sie wurden als Kommunisten oder Humanisten und künstlerisch als Realisten gewürdigt, die eine neue Tradition begründet hatten oder fortsetzten und bestätigten. Um die Erfor- schung ihrer spezifischen Exilerfahrungen ging es in der Regel höchstens in zweiter Linie“ (Held 1999:77). Im Westen dominiert die Ausgewanderten- oder Emigranten- Forschung, teilweise unter dem Aspekt der gleichzeitigen Rehabilitierung von Exilant und Wissenschaft. Bei aller Gegensätzlichkeit muss man jedoch das gemeinsame Grundprinzip der vordergründig so verschiedenen Forschungshaltungen herausstel- len: „In beiden Fällen diente die Beschäftigung mit dem Exil als eine Legitimations- wissenschaft für die jeweiligen politischen Systeme mit ihrer deutschen NS- Vergangenheit“ (Eckmann 1997:31). Eine Möglichkeit zur Auflösung dieser legiti- mistischen – wenigstens aber den eigenen Ansatz legitimierenden – Frontstellung und vom Bewegmotiv gleichgelagerten Forschungsdivergenz, so könnte man anneh- men, ergebe sich mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten 1990. Wenn dies der Fall sein sollte, liegt der Grund dafür jedoch keineswegs in der quasi automatischen Zusammenführung und einer vielleicht anzunehmenden selbstläufigen Aufhebung bisher unterschiedlicher Grundeinstellungen in den ideologischen und wissenschaftlichen Kriterien. Denn in den beiden auf das Dritte Reich folgenden deut- schen Staaten ist die Einstellung zum Naziregime und seinen Verfolgungen und Verbrechen von durchaus kongruenter Haltung gezeichnet: Bezeichnet im Westen die ›Stunde Null‹ den vermeintlich absoluten Neubeginn deutscher Geschichte, die Ab- nabelung vom alten Schoße und den Kopfsprung in das politische ‚Erbe’ der Demo- kratie, demonstriert die Verstaatlichung des Antifaschismus und die Einführung des Sozialismus im Osten den Abbruch jeglicher gesellschaftlicher Verbindung zu einem System, dessen ›höchste Ausdrucksform der Krisenbewältigung‹ eben der Faschismus war, der ›Nationalsozialismus als Diktatur des Monopolkapitals‹.46 Die DDR erklärte sich zum Staat der gesellschaftshistorischen Opfer. Beide Entlastungsstrategien dien- ten gesellschaftlich und politisch relevanten Gruppen in den neuen Staaten dazu, ih- rer (Mit-) Verantwortung an der Zulassung des Nationalsozialismus auszuweichen. 2.2.1.3 Kongruente Divergenzen Westlichkeit, Antikommunismus und die Auslegung der NS-Ideologie als Spielart des eines metahistorischen Totalitarismus 47 erlaubten der BRD nicht nur eine selektive Vergangenheitsbewältigung und Erinnerung an die Opfer von Massenmord und Ver- 46 Die grundsätzliche Definition lieferte Georgi Dimitrow auf dem VII. und letzten Weltkongress der Kommunistischen Internationale (Komintern), 2. August 1935, vor dem Plenum; Faschismus sei „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen E- lemente des Finanzkapitals“ (Dimitrow 1960; 94). 47 Intellektueller Urheber der Totalitarismus-Theorie (1953) ist der polnische Emigrant und Havard- Wissenschaftler Zbigniew Brzeziński, ab 1961 Leitung des Institute on Communist Affairs der Columbia University, Ost-Europa- und Sicherheitsberater der amerikanischen Demokraten, der Präsidenten Kennedy, Johnson und Carter. Der heutige Professor für Amerikanische Außenpolitik an der Johns- Hopkins-Universität in Baltimore und Berater für mehrere große amerikanische und internationale Un- ternehmen gilt neben Henry Kissinger und Samuel P. Huntington als graue Eminenz unter den US- amerikanischen Globalstrategen. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 24 treibung, sondern ebenfalls eine vordergründig antitotalitäre und demokratisch be- gründete Entideologisierung, die zumindest bis 1967/68 ohne großen Widerspruch Konsens bildend war48 und sich in der Literaturwissenschaft in einer positivistisch- formalen Literaturbetrachtung wie z.B. Kaysers ›formaler‹ Interpretationskunde und Staigers ›Kunstempfinden‹ äußerte, die der Befassung mit einem Gegenstand wie der Exilliteratur oder gar der literarischen Zeugnisse des Holocaust, etwa Amérys,49 nur mit vorsichtiger Befremdung entgegentreten konnte. Die allgemeine Lage der deut- schen Germanistik vor der Studentenrevolte charakterisiert Berghan (1979) anhand der Auseinandersetzungen, welche der Germanistik zum Zeitpunkt des sogenannten ›Zürcher Literaturstreit‹ von 1966 von außen und intern erwachsen: Nachdem die Literaturwissenschaft zwanzig Jahre einer Diskussion ihrer Methode ausgewichen war, erwachte sie nun aus ihrem dogmatischen Schlummer und be- schäftigte sich endlich mit der Geschichte ihrer Theoriebildung. Die auslösenden Momente dieser Wende lassen sich ziemlich genau bestimmen: 1964/65 begann eine zaghafte und viel zu späte Diskussion über die Funktion der Germanistik im Dritten Reich, die auf dem Münchner Germanistentag 1966 ihren vorläufigen Ab- schluss fand, ohne dass jene Selbstreinigung zu einem befriedigenden Ergebnis führte. Dazu war die Diskussion zu verständnisvoll, und die Kritik beschränkte sich auf die Vergangenheit als abgeschlossenes Kapitel der Wissenschaftsge- schichte, ohne die Folgen für die Gegenwart zu berücksichtigen.50 Dennoch riss jene Auseinandersetzung die Germanistik aus ihrer wissenschaftlichen Beschau- lichkeit, löste Diskussionen um ihre gesellschaftliche Funktion aus und politisierte das Fach. […] Ja, es ist geradezu eine Ironie der Geschichte, dass jenes Fach, das seine faschistische Vergangenheit so erfolgreich verdrängte und sich so forciert politischer Zurückhaltung befleißigte, nun aufs intensivste politisiert wurde. Von dieser Krise ihres Selbstverständnisses, die zugleich eine Krise ihrer vorherr- schenden Methode war, erholte sich die Germanistik nur mühsam und mit Hilfe neuer methodischer Ansätze. Jetzt erst konnte ›Literaturgeschichte als Provokati- on der Literaturwissenschaft‹ verstanden und eine historische Sensibilität entwi- ckelt werden, welche der Germanistik seit dem Positivismus abhanden gekommen war (Berghahn 1979:396f).51 Ob jedoch die »historische Sensibilität« wirklich sich entwickelte oder bloßes Ritual blieb, erscheint mir zweifelhaft, zumindest aber unentschieden. Die von der Studen- tenbewegung erzwungene Erinnerung bewirkte m. E. in der Breite der Gesellschaft und der vorherrschenden Meinung nur, dass zwar eine Erinnerung aller Opfer auf Dauer nicht mehr zu verhindern war und ein Ausschließen historischer Täter- und Erbschaft relevanter gesellschaftlicher Gruppen und auch weiterer Teile der Bevölke- rung nicht mehr grundsätzlich aufrecht erhalten werden konnte, zugleich die Erinne- 48 Maßgebend wurde diese Grundhaltung für große Bereiche der Politik indirekt auch durch die die sozialdemokratische Ostpolitik unterstützende Konvergenztheorie, nach der wirtschaftliche und tech- nologische Modernisierungen zwangsläufig zur Aushöhlung und Entideologisierung der Systeme und schließlich zu ihrer durch Effizienzdruck bedingten Annäherung führen sollte, eine Überzeugung die sich nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes verständlicherweise noch verstärkte, wenn auch nur im Sinne einer prowestlichen Systemannäherung. 49 vgl. Améry 1966. 50 Berghan verweist dazu auf die Kritik von W.F. Haug, Der hilflose Antifaschismus (Frankfurt, 1970). 51 Kursiva von mir – E.D; die im Text hervorgehobene Stelle ‚Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft’ bezieht sich explizit auf Hans Robert Jauß’ gleichnamiges Werk von 1967. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 25 rungs- und Trauerarbeit aber allein zum obligatorischen Fegefeuer und Ritual der bundesdeutschen Demokratie geriet. Diesen Prozess holte die DDR leicht versetzt e- benfalls nach, in Bezug auf die jüdische Verfolgung, die zuvor nur eine Verantwort- lichkeit des potentiell faschistischen kapitalistischen Systems gewesen war.52 Für manchen53 wird der einsetzende aber leider nicht zu Ende geführte Ausweg aus der Sackgasse der kleindeutschen Frontstellung mit der Internationalisierung der E- xilforschung eingeläutet, hie die Einbeziehung der amerikanischen (Spalek, Hardin, Strelka, Bell, Dobson u.a.), dort die Zusammenführung mit der skandinavischen For- schung (Berglund, Müssener, Sandqvist) zu Kopenhagen und in der Stockholmer Ko- ordinationsstelle zur Erforschung der deutschsprachigen Exilliteratur (1970-1975); für andere war selbiges lediglich eine erweiterte Fortführung und Verkärrnerung des Me- thodenstreits54. Als ihre Entuferung wird jedoch von manchem Autor das »linkslasti- ge« Wiener Symposium (1975) empfunden,55 ohne jedoch näher zu bezeichnen, wodurch die ‚Linkslastigkeit’ der anscheinend zwischen allen Stühlen sitzenden öster- reichischen Exilforschung sich im Charakter auszeichne, wenn gleichzeitig als Grund lediglich angegeben wird, es habe „dem Exil der österreichischen Literatur mehr Platz [eingeräumt], als ihr gebührte“ (Bier 1983:348). Nach dem Mauerfall wurde das neue ›Aufarbeitungsprinzip‹ noch einmal rückholend auf die Verantwortlichkeit der ehemaligen DDR angewandt, zugleich jedoch in glei- cher Verfahrensweise auf die Schuldfrage und Vergangenheitsbewältigung der ›kom- munistischen‹ Diktatur kopiert. Und es verstärkte wiederum die immer noch stillschweigende Annahme eines überhistorischen Totalitarismus, der eine antitotali- täre und demokratisch begründete Entideologisierung der aktuellen Gesellschaft als Notwendigkeit voraussetzt und solchermaßen in der aktuellen Geschichtsbetrachtung als Folie weiterhin fortwirkt.56 Unter Beachtung dieser Prämisse wäre auch zu verste- 52 s. z. B. die Gedenkveranstaltung des DDR-Staatsrates mit Heinz Galinski aus Anlass des 50. Jah- restages der Reichskristallnacht. An der anschließenden zentralen Gedenkfeier des Bundestages durfte der Repräsentant der jüdischen Opfer, Heinz Galinski, nicht sprechen, da er auch in der Volkskammer der DDR eine Rede gehalten hatte. Zum Ausgleich geriet die umstrittene Rede des Bundestagspräsi- denten Philipp Jenninger in großen Stücken zum Entlastungsplädoyer der NS-Mitläufer. | Zum Thema der ›kongruenten Divergenz‹ gespaltener Erinnerung vgl. Domansky 1993:178-196. 53 vgl. Bier 1983:348. 54 vgl. Trapp 1983:36-43. 55 vgl. als Überblick zum Streit um das Wiener Symposium und seine Hintergründe Seeber-Weyrer, Ursula (1999): „Die Österreichische Exilbibliothek im Kontext der österreichischen Exilforschung. Eine Material- sammlung“. In: Trans, Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften, 7. September 1999; Maimann, He- lene / Lunzer, Heinz (1977): Österreicher im Exil 1934 bis 1945. Protokoll des internationalen Symposiums zur Erforschung des österreichischen Exils von 1934-1945. Abgehalten vom 3. bis 6. Juni 1975 in Wien. Hrsg. vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)und der Dokumentationsstelle für neuere Österreichische Literatur, Wien. 56 Parallelen in der gegenseitigen Systemkritik sind vielleicht allein deshalb kaum besonders verwunder- lich: Die konservative bürgerliche Auffassung von der zwangsläufigen Entgleisung jedweden sozialisti- schen Gesellschaftsprojektes in einer totalitären Diktatur stalinistischer Prägung steht der Dimitrowschen Faschismusanalyse, in der der Faschismus notwendigerweise die höchste Ausdrucksform der Krisenbewältigung des imperialistischen kapitalistischen System sei, wie deren gewendete Schreck- gestalt zur Seite. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 26 hen, dass bei aller methodologischer Begründung, das Thema der politischen Position des Literaten und Künstlers von vielen Wissenschaftlern in Deutschland teilweise bis heute, wenn auch nicht mehr als Tabu oder Meidungsgebot, so doch oft mit Unbeha- gen behandelt wird.57 Es gilt dieses gleichermaßen, ob es sich nun um Exilanten und Überlebende des Holocaust, opportunistische Ehrgeizlinge (Rohe58), zeitweilige NS- Mitläufer (Nolde, Benn) oder Kompromisslose (Kollwitz, Huch) und Widerständler im Untergrund (Petersen, Weisenborn) handelt. Die meisten Arbeiten der westdeut- schen Exilforschung – soweit sie sich nicht dem Methodenstreit der fachübergreifen- den Verbundforschung von politologischen, soziologischen, sprach- und literaturwissenschaftlichen Ansätzen in der Exilforschung widmen – lassen die politi- sche oder rassische Kondition der Exilanten im Hintergrund und diskutieren künstle- rische Unversöhnlichkeiten oder Migrationsprobleme. Dies rührt zum Teil daher, dass in der westdeutschen Wissenschaft – und besonders den der Ästhetik verpflichteten Bereichen – die Tendenz vorherrscht(e), den rein kunstimmanent denkenden Künst- ler und Literaten zu favorisieren und ihm eine gleichermaßen rezipierende Wissen- schaft beizugesellen.59 War unpolitische Kunst der DDR-Wissenschaft grundsätzlich suspekt, galt und gilt im demokratischen Rechtsstaat das unpolitische Praktizieren von Kunst per se bereits als freiheitlich demokratische Aktivität. Im Rahmen der zeit- weisen Ausweitung und vorgeblichen Entdogmatisierung des Lukács’schen Realis- musbegriffs nach 1956, wie sie vor allem von Garaudy (1963) eingefordert wurde, kommt es vereinzelt über den Umweg der weniger kategorischen kunsthistorischen 57 Dies gilt besonders für die Verantwortung des Schriftstellers zur Stellungnahme gegenüber den aktu- ellen, selbst politischen Fragen seiner Zeit - ein heute noch keineswegs selbstverständliches, und im konkreten Fall nicht immer unumstrittenes Prinzip. Streitfälle der neueren Vergangenheit wie die Po- lemiken z. B. um Stellungnahmen von Martin Walser, Wolfgang Biermann, Christa Wolf, Peter Hand- ke, Hans Magnus Enzensberger, Elfriede Jelinek und Günther Grass und die ungehaltene Reaktion von allgemeiner und fachwissenschaftlicher Presse mögen hierzu als Anschauung dienen. Die prinzi- pielle Infragestellung der Glaubwürdigkeit ›moralischer Instanzen‹ aus Kunst und Literatur kann bei- nahe als aktueller gesellschaftlicher Topos der Berliner Republik angesehen werden. Die üblich gewordene Implikation wissenschaftlicher Institute in den bundesdeutschen Meinungsstreit ruft dage- gen keine diesbezüglichen Bedenken auf den Plan (s. Arbeitsmarktreform u. Rentendiskussion, Bewer- tung krimineller Implikationen migrationstypischer Randgruppen, staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung des islamitischen Terrorismus, etc.). 58 Da der Architekt Mies van der Rohe am Erscheinungsort dieser Arbeit ein bestimmtes Ansehen ge- nießt, sei folgende Anmerkung erlaubt: Der oft als Emigrant bezeichnete Architekt Mies von der Rohe geht erst 1938 in die USA, nachdem die Nationalsozialisten sein Projekt für den deutschen Pavillon der Brüsseler Weltausstellung 1934 abgelehnt hatten und ab dem Folgejahr aufgrund der klassizistisch- monumentalen Wende seine Bauprojekte als „undeutsch“ zu bezeichnen beginnen. Bereits seit 1931 zeigte er wenig Skrupel, sich gegenüber nationalsozialistischen Stellen als unauffällig, wenn nicht ko- operationsbereit zu zeigen (Eintritt in die Reichskulturkammer 1934, Unterzeichnung eines Unterstüt- zungsaufrufs für Adolf Hitler im Völkischen Beobachter am 18. August 1934, Eintritt in die NS- Wohlfahrt 1934, Teilnahme an der Ausstellung „Deutsches Volk – Deutsche Arbeit“ 1934, etc.); vgl. Schulze »Bauhaus-Architekten und -Designer zwischen Alter und Neuer Welt«, bes. Anm. 6. In: Barron 1997:227. 59 vgl. dazu aus aktueller Sicht Schmidt, Thomas E.(2004): „Die erschöpften Germanisten. Ein Krisenbericht“, 09.09.2004. In: Die Zeit 38, 2004, wo es zusammenfassend zum Münchner Germanistentag (12.09.2004) und im Rückblick auf die Entwicklung seit den 60er Jahren heißt: „Erst warfen sie sich dem Zeitgeist an den Hals, jetzt verkriechen sie sich. Die Literaturwissenschaftler haben die Ideologie abgeschüttelt, aber auch die Literatur aus den Augen verloren“ (http://www.zeit.de/2004/38/Germanistik?page=1). J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 27 Exilforschung auch in der DDR zu einer sich der westlichen Auffassung annähernden Haltung, wenn wie bei Niekisch (1968) künstlerische Gegnerschaft zum Faschismus nicht mehr primär als i. e. S. politisch-antifaschistisch motiviert gesehen wird, son- dern aus einem der Entfaltungsfreiheit bedürfenden spontanen Gegensatz der Kunst zum faschistischen System.60 Während die kunstgeschichtliche Exilforschung der letzten Jahrzehnte sich überwie- gend der Emigration besonders deutscher und französischer bildender Künstler und dem Einfluss der deutschen und französischen Moderne auf die Kunst der Exilländer, also dem Kulturtransfer zu widmen scheint,61 beschäftigt sich die literaturgeschichtli- che wenig mit der literarischen Wechselwirkung.62 Man nähert sich ansatzweise den Weimarer Wurzeln des Exils,63 unter Einsatz besonders der spanischen Auslandsger- manistik in erheblicher Breite der Bedeutung des Spanischen Bürgerkrieges in der deutschen Exilliteratur,64 sowie einer verhaltenen Revision der Exilforschung.65 Der größte Teil der Exilgermanistik schiebt die ›leidige Debatte‹ der 7oer um das exilische Selbstverständnis heutzutage meist beiseite, nur gelegentlich kommt man bei Sonder- themen darauf zurück.66 Rückt auch das in früheren Zeiten vernachlässigte Theater des Exils in den Blickpunkt,67 so scheint doch ein neues Schwerpunktthema der deut- schen Literaturforschung vor allem in den Nachkriegsbedingungen der sogenannten ›Remigration‹ zu liegen.68 60 vgl. Kuhirt 1969:610ff. 61 vgl. Held 1999; Barron, Eckmann, Holz und Jay 1997; Guilbaut 1997. 62 vgl. als Ausnahme Marín 2008. Leider ist die Diss. noch nicht im Buchhandel verfügbar. 63 vgl. Walter 2003a, Walter 2003b, Koch 1996, Trapp 1993d, Schütz 1977. 64 vgl. Marín 2008, Rosell 2006, Bannasch 2005, Schoeller 2004, Bannasch 2003, Ott 1999, Rosell 1999, Costa 1992, Pichler 1991; i. e. S. deutsche Beiträge erschienen dazu hauptsächlich in den 80er Jahren Held 1989, Christink 1986, Hackl 1986, Lentzen 1985, Mack 1984, Bleier 1983, Mühlen 1983, Bern- ecker 1982, Geißler 1979, Walter 1967. Die eher politische denn literarische Rezeption in der DDR behandelt das Spanien-Thema weniger als dies zu vermuten wäre; vgl. Schlenstedt 1981, Roy 1983, Herting 1966, Benndorff 1961, Kirsch 1961. Für Blindstellen in der Rezeption, besonders in Bezug auf Abweichler und Abtrünnige der KPD (SED) unter den Exilautoren und Interbrigadisten s. bes. Pichler 1991:42-62 und die zahlreichen Arbeiten von Kantorowicz, z. B. 1978b, ibid. in Durzak 1973:90-100. 65 vgl. Held 1999, Eckmann 1997, Jay 1997, Berthold 1996, Winckler 1995. Meine bisherige Durchsicht ergab jedoch keine spezifischen Ergebnisse gerade in Hinsicht auf die explizite Aufarbeitung der ehe- maligen ‚Fontstellungen’ in der Exilforschung bis 1990. 66 So z. B. der Referenzfigur aus anderer Exilzeit Heinrich Heine; vgl. Pérez 2007, Steinecke 2007, Schiller 1999. 67 vgl. Jakobi 2005, Philipp 1996, Schubert 1996, Drewniak 1994, Schneider 1994, Freeden 1993, Nel- son 1993, Diezel 1992; vor den 90ern dazu nur Wächter 1973. 68 Überwiegend als Beiträge in in Sammelbänden wie Lühe 2005, vgl. dort Fischer 2005, Spies 2005, Bollenberg 2005, Briegleb 2005, Haarmann 2005, Krenzlin 2005; Krohn 2002, Braese 2001, Krauss 2001, Peitsch 1991, Koebner 1990; in den 70er und 80er Jahren unter dem Aspekt der Wiederentde- ckung der Exilautoren Mertz 1985, Koepke 1984, Broder 1979, Zeller 1973, Hay 1972; in den 60ern unter dem Aspekt der überwiegenden Abwesenheit des Exils und der Schwierigkeiten des Wideran- knüpfens Bermann 1967, Kesten 1964, Kesten 1960. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 28 2.2.1.4 Limitierte Zielgruppenauswahl der Forschung Der Großteil der Grundlagenforschung oder Exilforschung i. w. S. widmet sich fast ausschließlich der intellektuellen Elite. Die historische Forschung betrachtet überwie- gend einzelne akademische oder künstlerische Disziplinen wie Soziologen, Naturwis- senschaftler, bildende Künstler, Architekten, Literaten, Verleger, Schauspieler, Musiker usw., das Interesse gilt dabei vor allem den großen Namen.69 Die wenigsten Untersuchungen legen es darauf an, ein Bild des Ganzen zu gewinnen, verbleiben auch dann meist jedoch in der biographischen Erfassung.70 Vereinzelte Ansätze, das Exil über die bekannten Namen hinaus darzustellen, bieten sich in Arbeiten zur Sozi- algeschichte der Exilliteratur 71 oder der teilweise übergreifenden Exilforschung ande- rer Bereiche wie z. B. der Kunstgeschichte.72 Die Orientierung an den großen Namen und/oder großen Werken der Exilliteratur er- leichtert der Exilforschung zwar einerseits, zumindest auf einer oberen Beschrei- bungsebene, die Erstellung einer Literaturgeschichte des Exils und bildet damit sicherlich „eine wichtige Grundlage zur akademischen Verständigung und nicht zu- letzt auch zur Selbstverständigung“ (Winko 2002).73 Ob sie mithilfe eines solchen Deutungskanon aber zur umfassenden »Rekonstruktion literarischer Problemsituati- onen« beitragen kann, ist einerseits aufgrund der Reduktion auf exponierte Vertreter, andererseits undank des im Falle der Exilliteratur gegebenen, verschärften ideologi- schen Charakters zumindest ebenfalls fraglich, insbesondere dann, wenn jeder Kanon bereits die Tendenz in sich trägt, die Menge der Werke in kanonische und nichtkano- nische zu scheiden, oder gar mit Hilfe der Zensur zum »Negativkanon verbotener Tex- te« umzuprägen, sei es durch direkte Eingriffe oder ideologisch motivierte political correctnes.74 2.3 Die Deutsche Exilliteratur als Epochenbegriff: Zwischen Identitätssuche und ideologischem Pro- gramm 2.3.1 Exilliteratur als Kunstepoche? Die ersten Ansätze zu einer literaturwissenschaftlichen mit dem Exil stritten um die Einordnung der Exilliteratur als eigenständige literarische Epoche 75 und eigenständi- 69 vgl. Jay 1997:326. 70 vgl. Röder 1983, Spalek 1976 (Bd.4), Sternfeld 1970. 71 vgl. Krohn 1999, Bormann 1983, Franzbach 1978, Wächter 1973. 72 vgl. Held 1999, Eckmann 1997. 73 vgl. Simone Winko: »Literarische Wertung und Kanonbildung«. In: Arnold 2002:599f. 74 vgl. Rainer Grübel: »Wert, Kanon und Zensur« In: ebd., 601-622. 75 vgl. Weiskopf 1948, Berendsohn 1946a. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 29 ger Begriff, 76 geführt überwiegend von Exilanten wie Weiskopf und Berendsohn, die bereits zur Zeit des Exils versucht hatten, die Identität der Exilliteratur zu bestimmen. Bemühen sich in der Nachkriegszeit auch Nicht-Emigranten wie Lüth, den umstritte- nen Begriff der Exilliteratur als integrales Element deutscher Literaturgeschichte ein- zuführen,77 wurde das Gros der ersten Exilforschung bis in die zweite Hälfte der 60er in der Regel von ehemaligen Flüchtlingen und Verbindungen des Exils bestritten. Al- lein die Tatsache, dass es sich bei den implizierten Literaturwissenschaftlern meist um ehemalige Emigranten handelte, bewirkte bei einem Teil der westdeutschen Lite- raturwissenschaft ein gewisses Misstrauen wegen des vermeintlich fehlenden Abstan- des und Distanzgebotes jener Exilforscher, das hier als Voraussetzung adäquater Forschung angesehen wurde. Anders als in der DDR, wo das Exil als antifaschistisches und literarisches Modell und auch der Literaturwissenschaft als elementarer Bestan- teil der wieder zusammenzuführenden Ströme deutscher Literatur galt, vermutete man im Westen hinter der Forschungsaktivität wohl einen parteiischen Versuch der literaturhistorischen Selbstausrufung. Eine allgemeine Akzeptanz des Exils als litera- rischer Abschnitt der deutschen Literaturgeschichte kann erst gegen Anfang der 80er Jahre als relativ unbestritten konstatiert werden. Anders als zu den Anfangszeiten der Exilforschung scheinen sich in der Aktualität ei- ne Vielzahl recht unterschiedlicher Ansätze und Institutionen der Erfassung und Ein- gliederung der Exilliteratur in den gewöhnlichen Fortgang der deutschen Literaturgeschichte zu widmen, sei es in Form von Spezialsammlungen deutscher und österreichischer Bibliotheken, Forschungseinrichtungen und Stiftungen der Exilfor- schung, unter denen sich in den letzten Jahren immer mehr auch solche befinden, die sich der fälligen Eingliederung des jüdischen Exils und seiner Autoren verwenden.78 Eine Fülle von Werken der In- und Auslandsgermanistik zum Studium der deutschen Literaturgeschichte beinhalten heutzutage (manchmal leider vergriffene) Einzeldar- stellungen oder Kapitel zur Literatur des Exils,79 und finden sich vielfach ergänzt durch generelle Online-Publikationen zum Thema.80 76 Als Exempel aus der Literaturgeschichte gilt Berendsohn, insbesondere aber auch Lüth die Etablie- rung des Terminus ›Emigrantenliteratur‹ durch Brandes (1872), dessen Verwendung indes insofern problematisch erschien, als er sich auf die Literatur der französischen Flüchtlinge in Deutschland aus Anlass der Französischen Revolution und des Thermidor bezog und somit nicht im eigentlichen Sinn einen Vorbildcharakter bot, sei es für die deutsche Literatur, sei es aus weltanschaulicher Nähe. Der li- teraturhistorische Streit um den Begriff ›Emigrantenliteratur‹ oder ›Exilliteratur‹ erscheint mir jedoch als einer um des Kaisers Bart, oder besser, um kleindeutsche, literarische Gartenzäune, besonders da der Begriff in Bezug auf diverse europäische Literaturen schon im 19. Jh. gebräuchlich war, wie zahl- reiche Anwendungen u. a. bei Heine, Marx, Kropotkin, Herzen und Mehring, belegen. 77 vgl. Lüth 1947. 78 vgl. Krohn 2001; s. hierzu auch Anmerkung 23 unter 2.1.3. 79 Die Exilliteratur im Gesamtzusammenhang der deutschen Literaturgeschichte behandeln Hernández 2003, Frenzel 1998, Maldonado 1997, Rötzer 1992, Martini 1992, Schoeps 1992, Bark 1988, Franke 1988, Stephan in Beutin 1985/1994, Rotermund in Žmegač 1984/1994, Grimminger 1983, Jané 1983, Schwarz 1983, Schlosser 1983, Rothe 1974, Mayer 1957, Lüth 1947; in spezifischer literaturgeschichtli- cher Abhandlung der Exilliteratur Feilchenfeldt 1986, Trapp 1983a, Durzak 1973, Wegner 1968, Be- rendsohn 1966, Weiskopf 1948, Berendsohn 1946. In den letzten zwei Jahrzehnten erschienen keine neuen Gesamtdarstellungen. In einigen Darstellungen, die deutsche Literatur unter dem Gesichtspunkt literarischer Tendenzen verhandeln, fehlt jedoch entweder jeder Hinweis auf die Literatur des Exils, auf J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 30 2.3.2 Literaturgeschichtliches Exilverständnis – von der Einheit- lichkeit und vom Antifaschismus Auf den ersten Blick, zumindest bis Mitte der 60er Jahre, muss der Versuch einer ers- ten literaturwissenschaftlichen Charakterisierung der Exilliteratur als eigenständige literarische Einheit wie eine wissenschaftlich verlängerte Wiederholung der diesbe- züglichen Exildebatten der Jahre 1933-1937 zwischen Toller, Franck, H. Mann, ter Braak, Sahl, Korrodi, Schwarzschild, Brecht, Kantorowicz und Th. Mann anmuten.81 Besonders wenn nach fast zwanzig Jahren Literaturwissenschaft zum Thema, anläss- lich der Frankfurter Ausstellung »Deutsche Exilliteratur 1933-1945« im Jahre 1965,82 Marcuses Sentenz aus den Anfangszeiten jener alten Debatte um die Situierung der Literatur des Exils Das Gebilde, das man ›Emigrantenliteratur‹ nennt, ist […] nichts weiter als die Summe aller Bücher deutschschreibender Autoren, die seit Hitlers Krönung nicht mehr erscheinen können (Marcuse 1934).83 in alter Frische erneut postuliert wird: Der Begriff ›Exil-Literatur‹ täuscht [...] eine Einheitlichkeit und Gemeinsamkeit vor, die in Wirklichkeit gar nicht besteht (Berthold 1965:11). So scheint es auf den ersten Blick kaum verwunderlich, wenn einer der Klassiker der der deutschen Literaturgeschichte im Jahre 1965 – und noch 1972 in unveränderter Form – in Bezug auf das Konzept der Einheitlichkeit eine strukturelle Analogie zwi- schen der Literatur in und unter dem Dritten Reich und der Literatur in der Emigrati- on herzustellen vermag: […] das literarische Leben in Deutschland bewahrte nach 1933 eine Vielfalt, die es so wenig auf eine einheitliche Formel bringen lässt wie die Literatur im Exil nicht als eine in sich geschlossene Einheit betrachtet werden kann. Nicht der Rang der dichterischen Begabung entschied 1933 über das Schicksal des Schriftstellers, sondern seine »Verfemung« im rassischen oder politischen Sinne; sei es als ihren spezifischen Zusammenhang, bzw. auf die Realienbezüge bestimmter literarischer Tendenzen; vgl. Aust 2000, Glaser 1997. 80 vgl. hier besonders die verhältnismäßig sehr umfangreiche spanische Version der Wikipedia (18 S.) zu gegen über der deutschen (4 S.) unter gleichem Stichwort. Eine mithilfe von Such- maschinen wie MetaGer eingegrenzte online-Suche unter den Stichworten , , ergibt insgesamt rund 4.100 Einträge (Stand: März 2008). Vergleichsweise unergiebig erweisen sich Nachforschungen über die vielgepriesenen elektronischen Zeitschriftensuchen wie JSTOR. Hier erscheinen überwiegend – und im Verhältnis zum Gesamtforschungsaufkommen überrepräsentiert – amerikanische Fachorgane wie z. B. die Zs. German Quartely (94%), The Journal of Modern History u. a, wohl aufgrund ihrer pri- viligierten Stellung im Social Science Citation Index und ihrer sorgsamen Verlinkung. 81 vgl. Arnold 1974:59ff, 93ff, (ter Braak) 61, (Sahl) 69f, (Schwarzschild) 98, (Korrodi) 106; sowie Mann 1939, Brecht 1937, Mann 1937, Mann 1936, Kantorowicz 1935, Toller 1933; eine Zusammenfas- sung der Debatte gibt Feilchenfeld 1986:19-33. 82 vgl. Berthold 1965:11. 83 Ludwig Marcuse: »Zur Debatte über die Emigranten-Literatur«. Zit. n. Arnold 1974:66. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 31 Zwang der Umstände, die ihm die Flucht aufnötigten, sei es als eigene freiwillige Entscheidung (Martini 1972:593).84 Besonders jedoch die von Berendsohn angelegte Begrifflichkeit von der deutschen Emigrantenliteratur als Literatur der ›Humanistischen Front‹ 85, welche in ihrer Her- leitung ebenfalls auf die Anfangszeit des Exils zurückgreift, stieß aufgrund ihres deut- lichen Bezuges zu den in der SBZ und späteren DDR üblichen Terminologien 86 bei vielen Literaturwissenschaftlern im Westen auf Widerstand,87 und noch 1986 wird der Münchner Literaturwissenschaftler Konrad Feilchenfeld diesbezüglich anmerken, hier sei wohl versucht worden, ein Desiderat im Sinne von Rechtfertigungstheoremen wis- senschaftlich hochzustilisieren, Der Einfluss ehemaliger deutscher Exilanten auf die literaturgeschichtliche Inte- gration und Aneignung deutscher Exilliteratur als Exilliteratur führte unter den da- für engagierten Wissenschaftlern und Publizisten zu einer apologetischen Haltung, die sich auf alle fachliche Beschäftigung mit der Exilthematik übertrug (Feilchen- feld 1986:34).88 um in Konsequenz erst der Exilforschung der 70er Jahre eine »begriffliche Eigen- ständigkeit« zuzugestehen, die „sich jedoch weniger in der Substanz der Sache als in deren methodischer Bearbeitung abzeichnete“ (Feilchenfeld 1986:35),89 will heißen, einer fachübergreifenden Verbundforschung von politologischen, soziologischen, sprach- und literaturwissenschaftlichen Ansätzen, wie sie von Walter 90 eingefordert wurde. Und eine nicht näher bezeichnete Krise der Germanistik voraussetzend 91 fol- gert Feilchenfeld weiter: 84 Abgesehen davon, dass Martini im engeren Kotext wenig über den Spielraum »freiwilliger Entschei- dung« deutlich werden lässt, muss es jedoch erstaunen, wenn er im unmittelbaren Anschluss die Litera- turpolitik des NS-Regimes quasi auf ein kanonisches Missgriffsdelikt reduziert: „Es war Schuld und Irrtum des Nationalsozialismus, dass er die Wertungen des Dichterischen nur der politischen Ideologie entnahm und damit das Wissen um dessen eigene Geltung aufhob“. ebd. 85 Berendsohn 1946a; Rohfassung bereits 1939. Auf die Gefahr der Etikettierung des Exils einer ein- helligen ›Humanistischen Front‹ sowie der ihr gewidmeten polarisierten Diskussion hatte drei Jahre vor Feilchenfeld schon ein katalanischer Auslandsgermanist hingewiesen, «[…] amb la intenció d’il—lustrar el que abans anomenava ‹pluralisme de la República de Weimar› i per a assenyalar les diferències e- xistents entre els intel—lectuals exiliats més coneguts, ja que no es pot parlar d’un ‹Front Humanista› global, antinazi, com feia Walter Berendsohn, ni caure en l’altre extrem i afirmar, com Hans Mayer, que el concepte exili és una ficció» (Jané 1983:93). 86 Humanistisches Erbe, Einheitsfront, Volksfront, Front der Antifaschisten, etc. 87 vgl. Mayer 1957, 1967. 88 Kursiva von mir – E. D. Durzak (1973:9) irrt sich, wenn er in seinem Einleitungsbeitrag meinte, der aus den Kreisen der Konrad-Adenauer-Stiftung (Sander 1969:74-82) erhobene Vorwurf des Apologeti- schen sei bereits 1973 nicht mehr möglich gewesen. 89 Kursiva von mir – E. D. 90 vgl. Walter 1972:251. 91 Anmerkungen anderer Literaturwissenschaftler zufolge handelt es sich bei der von Feilchenfeld evo- zierten um genau jene, „die durch die Studentenunruhen zu Ende der sechziger Jahre ausgelöst“ wor- den war (Trapp 1983:36), und sich später in Methodendiskussionen zwischen Walter (1974a) und Müssener (1974) [d. i. sozialgeschichtliche Forschung nach Exilländern] erschöpft habe; vgl. ebenfalls Berghahn 1979. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 32 Walter verfolgte mit der Darstellung der Exilliteratur eine Gesamtwürdigung, für deren Erfolg die einseitige Anwendung literaturwissenschaftlicher Interpretations- verfahren keine ausreichende Garantie mehr sei [...](Feilchenfeld 1986:35).92 Wo der westdeutsche Literaturwissenschaftler die Aussonderung des Ideologischen mittels der methodisch spezialisierten und übergreifenden – da möglicherweise sol- chermaßen distanzierten und objektivierten – Forschungshaltung als Ausweg aus der Einseitigkeit ersieht, darf es vor der ›Einheit‹ keinen Einhalt geben. Selbst Walter je- doch sei mit seinem Versuch, die Exilliteratur als einheitlich zu erfassen und das lite- rarische Werk der Exilanten auf dem Hintergrund seiner Entstehungsbedingungen zu interpretieren, in die »programmatische Erklärung des Gegenteils« verfallen, habe sich damit in eine »historische Tradition« der Identitätssuche und des Selbstver- ständnisses begeben, und damit als Literaturhistoriker auf einen Standpunkt, „dessen Geltung bereits im Exil selbst umstritten war, weil er auf ein ideologisches Programm hindeutete“ (Feilchenfeld 1986:36).93 Für den bezeichneten Standpunkt geht es wohl in erster Linie um das ›dass‹ und die dahinter vermutete Kausalität: Weil es politisch ist, muss es ideologisch sein. So geht es vermutlich weniger um die Frage, ob denn die angeführte historische Tradition des Selbstverständnisses mit der historischen Vorla- ge noch übereinstimme oder in ihrer Adaptation an den Humanismusbegriff der hier leider nur indirekt angedeuteten und oft als ›orthodox‹ bezeichneten Auslegung des Antifaschismus eines Marxismus-Leninismus in seiner DDR-Variante nicht bereits semantisch verschoben wurde, um erst im Gewande eines neuen Inhalts und neurer Bezüge ideologisch und apologetisch wirksam zu werden. Für den Literaturwissen- schaftler wäre es an dieser Stelle vielleicht hilfreich, den zumindest tendenziellen Un- terschied zwischen dem wie auch immer gearteten, direkten Antifaschismus des Exils und seiner Umdeutung als vermittelnde Repräsentation zur Rechtfertigung eines nach stalinistischen Prinzipien organisierten Staates kenntlich zu machen.94 Umso ver- wunderlicher ist die ausgefallene Differenzierung, da nur einen Absatz später auf die Okkupierung des Exils für die ›Nationalliteratur‹ in der DDR und deren »staatspoliti- schen Auftrag« verwiesen wird (ebd.). Besondere Erwähnung und genüssliches Zitat hierzu findet bei Feilchenfeld und an- deren nicht ohne Grund Jarmatz’ 1966 erschienene Dissertation Literatur im Exil, de- ren Incipit anhebt mit: Als die herrschenden Klassen Deutschland in die Barbarei gestürzt hatten, in die- ser düster-grausamen Zeit erreichte die deutsche Nationalliteratur im Kampf ge- 92 Kursiva von mir– E. D. 93 Kursiva von mir– E. D. 94 Es hätte zum Beispiel ebenfalls hilfreich sein können, sich in diesem Kontext daran zu erinnern, dass die meisten der sogenannten ›linken‹ Teilnehmer an dieser Debatte des Exils; Toller, H. Mann, Marcu- se, Kantorowicz, Brecht, usw. nicht nur nicht dem stalinistischen Flügel zugeordnet werden können, sondern teilweise spätestens zur Zeit der DDR-Kampagnen gegen den ›Revisionismus in der Literatur‹ den ›Abweichlern‹, ›Renegaten‹ und ›Formalisten‹ zugeordnet wurden. Explizite Stalinisten wie (zum damaligen Zeitpunkt) Lukács und Kurella nahmen an diesen Debatten nicht direkt teil, sondern ver- warfen sich auf die Expressionismus-Debatte und die Durchsetzung der marxistisch-leninistischen Kunstdoktrin (s. 3.2.5). J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 33 gen den Faschismus, im Ringen um die Klärung der Lebensfragen des deutschen Volkes eine qualitativ neue Entwicklungsstufe […] (Jarmatz 1966:5).95 Jarmatz bemüht das beliebte Kunststück stalinistischer Geschichtsschreibungspraxis, einen unlängst kreierten Rechtfertigungstopos, nämlich den der ›Nationalliteratur‹ historisch zurückzuverlegen, um die geschichtliche Richtigkeit und Kontinuität der augenblicklichen Doktrin zu belegen.96 Und was mit der von Jarmatz erwähnten »qualitativ neuen Entwicklungsstufe« gemeint ist, zeigt der Beitrag eines anderen Li- teraturhistorikers. Nach dem der folgende Autor einleitend erklärt, der Begriff »antifaschistische Litera- tur des Exils« definiere die Exilliteratur von ihrer politischen Funktion her und etwas pauschalisierend behauptet, dies entspreche dem Selbstverständnis der exilierten Schriftsteller schlechthin, folgt der vorsichtige Hinweis darauf, dies jedoch nicht so zu verstehen, als habe völlige Einigkeit in den Fragen der politischen Theorie und Praxis bestanden, sie sei zwar angestrebt, aber nie erreicht worden, bedeute allerdings eine Tendenz zur Politisierung der Exilliteratur. Soweit, so gut. Problematisch wird es je- doch, betrachtet man die erst zwischen den Zeilen herauszulesende Konsequenz des Folgenden: Die Schriftsteller, auch die bürgerlichen, fanden im Exil zu einer immer klareren politischen Position und Funktionsbestimmung der Literatur. Dies schloss ein: Ein- sicht in die gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen des Nationalsozia- lismus, Entwicklung literarischer Strategien zu seiner Bekämpfung, Konzeption einer nachfaschistischen, demokratischen Neuordnung in Deutschland (Franke 1988:118).97 Wenn auch nur in vager Andeutung, versucht Franke, eine Annäherung aller Schrift- steller, inklusive der bürgerlichen, an die Faschismus-Thesen der Komintern vom Au- gust 1935 nahezulegen. Die analytische Stichhaltigkeit jener Thesen, welche auch Brecht in seinem namentlich Lion Feuchtwanger gewidmeten Text über die ›Wurzeln der Rohheit‹ in abgewandelter Form vertrat, soll hier nicht einmal grundsätzlich oder völlig in Frage gestellt werden, wohl aber ihre zweifelhafte allgemeine Akzeptanz, die Brecht gerade zu seinem Text bewegt hatte.98 Ein Gleiches muss denn auch für die li- terarischen Strategien gelten, die soweit es einzelne Gattungen wie den ›Historischen Roman‹ (1935-1938) oder Kunstdogmen wie den ›sozialistischen Realismus« (1932- 34) und die kanonische Verdammung von Stiltendenzen wie des Expressionismus 95 Kursiva von mir – E. D. Vgl. auch Jarmatz’ Aussagen zu den Aufgaben der Exilforschung in Durzak 1973:16, Text sowie Anmerkung Nr. 63. 96 Der von Jarmatz vorausgesetzte Begriff taucht in der Diskussion des Exils sehr wohl auf, jedoch ge- rade als Streitfall. In einer Antwort an den Schweizer Literaturkritiker Korrodi hatte z. B. Thomas Mann 1936 die Gleichsetzung der Emigrantenliteratur mit einer deutschen ›Nationalliteratur im Exil‹ zurückgewiesen: „Die Gleichsetzung der Emigrantenliteratur mit der deutschen ist schon darum un- möglich, weil ja zur deutschen Literatur auch die österreichische, die schweizerische gehören.“ In: Neue Zürcher Zeitung, 03.02.1936; s. a. Arnold: 1974:108. Geläufiger wird der Begriff jedoch erst mit der Wende zum ›Nationalen‹, Anfang der 40er Jahre, vgl. Schmidt 1999:50-59, Emmerich 1985:458- 525; dazu ebf. Kap. 4.1. 97 Kursiva von mir – E. D. 98 vgl. Stephan 1979:420. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 34 (1934 u. 1937-1938) angeht, ebenfalls unter den Exilanten wohl kaum so einhellig ak- zeptiert waren, wie es die Darstellung vermitteln will.99 In beiden, wie auch im letzten, der Konzeption eines nachfaschistischen Deutschland, steht wohl eher im Vorder- grund, eine Vorreiterfunktion offizieller Linien möglichst kaschiert oder vorsichtig aber nichtsdestoweniger unkritisch nachzubeten.100 Und wie um Missverständnisse zu vermeiden heißt es gut acht Zeilen unter dem obigen Textausschnitt: Trotz aller Gegensätze zwischen marxistisch-proletarischer und bürgerlicher Lite- ratur, die sich in der Weimarer Republik herausgebildet hatten und auch im Exil zunächst fortbestanden, gab es doch Gemeinsamkeiten, typische Denk- und Ver- haltensweisen, schon bevor gegen Mitte der dreißiger Jahre die systematischen Bemühungen um die Aktionseinheit der Antifaschisten im Zeichen der Volksfront einsetzten (Franke 1988:118).101 Franke verschweigt hier zum einen, dass sich die Gegensätze in der Weimarer Repu- blik keineswegs auf den zwischen marxistisch-proletarischer und bürgerlicher Litera- tur beschränkten, sondern ebenfalls die zwischen marxistisch-proletarischer Literatur des BPRS und anderen marxistischen Strömungen beinhaltete, 102 zum zweiten, dass dieselben sowie jene zum ›bürgerlichen Lager‹ während der gesamten Zeit des Exils und bis in die Nachkriegszeit weiterhin fortbestanden,103 drittens die vermeintlich systematischen Bemühungen gerade diesen Charakter nicht aufzeigten, sondern durch taktische Schwenks der Komintern und besonders der KPD in der Einheits- front- und Volksfrontpolitik, die Moskauer Schauprozesse (1936 - 1938) und nicht zu- letzt durch den Hitler-Stalin-Pakt (23.08.1939 – 22.06.1941) die ›Aktionseinheit der Antifaschisten‹ wesentlich behindert wurde,104 sodass (viertens) im dialektischen Rückumschlagen des Qualitativen in die Quantität… von den beschworenen Gemein- samkeiten nur das dürftige Gerippe »typischer Denk- und Verhaltensweisen« übrigbleibt.105 Einem ähnlich gelagerten, vermeintlich historisch-materialistischem 99 vgl. Trapp 1983b:201-210. 100 vgl. dazu auch die offizielle Geschichtsschreibung über ›humanistische deutsche Nationalkultur‹ aus Sicht der DDR, z.B. Ulbricht 1969:187-194. Zur Chimäre der antifaschistisch-demokratischen Phase vgl. Milfull 1994: 591f. 101 Kursiva von mir – E. D. 102 Für eine Übersicht vgl. Stephan: »Ansätze einer proletarisch-revolutionären Literatur« (1994:355-363); lei- der fehlt jedoch auch hier in der Darstellung linker Positionen zum Proletkult jeglicher Hinweis z. B. auf die von den Positionen des BPRS/RAPP, von Bogdanov, Keržencev und Lunačarskij oder von denen Lukácss stark abweichenden Positionen Trockijs; vgl. Trotzki 1924:113-147; eine Darstellung aus sog. marxistisch-leninistischer Sicht bei Lefèvre 1980:69-118. 103 vgl. Lefèvre 1980: Kap. III. 1-5. 104 vgl. Wegmüller 1972. 105 Unter der Bedingung solcher Auslassungen historischer Hinweise erlangt dann Frankes Fortfüh- rung der Darstellung weitere Kohärenz, wenn er sechs Seiten später schreibt, zahlreiche Schriftsteller hätten in der Zusammenarbeit mit der kommunistischen Partei die Möglichkeit gesehen, „ihren Willen zum aktiven Engagement zu verwirklichen“, da ihnen die KPD durch ihre allseitige Präsenz „als Ga- rant“ eines wirkungsvollen Kampfes gegen den Faschismus erschienen sei, der besonders „durch den Rückhalt, den sie in der Sowjetunion hatte, machtpolitisch abgesichert war“… Und ohne auf die An- griffe seitens der Zs. IL gegen Thomas Mann, Döblin und andere im Jahre 1934 als „konterrevolutio- näre“ (Reimann) und „weltanschaulich bedenklich in der Nähe zu Positionen des Faschismus“ stehender Autoren (Günther) hinzuweisen, steht dort lapidar, die KPD habe sich in „programmati- J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 35 ‚Erklärungsansatz’ folgte 1977 auch Winckler, der den inzwischen bereits etablierten Begriff der ›Exilliteratur‹ kurzerhand und programmatisch gegen den von der ›antifa- schistischen Literatur‹ eintauschte.106 2.3.3 Von der Gefahr überhistorisch interpretierter Vorstellungen und Postulate und ihrer literaturwissenschaftlichen Appli- zierung Der weltanschaulichen oder praktischen Herkunft verschlungener Deutungspfade und Begrifflichkeiten in der Zuordnung versuchen en detail nur wenige Literaturwis- senschaftler halbwegs deutlich Ausdruck zu verleihen. In Bezug auf die nach ihm fest- zustellende Dominanz zeit- und sozialgeschichtlicher Ansätze zu Beginn der 80er Jahre 107 bemängelt Trapp 1983, eine „plakative, zumeist an marxistischen Leitbegrif- fen orientierte Politisierung der Exilliteratur“. Ohne allerdings zu hinterfragen, ob diese nun genuin ›marxistisch‹ seien, verweist er dann jedoch auf des Pudels Kern: Begriffe wie ›Einheitsfront‹, ›Volksfront‹, ›Antifaschismus‹, die als politische I- deen des Exils sicherlich ihre Berechtigung haben, werden nicht aus dem Zusam- menhang der tatsächlichen Debatten und Konstellationen des Exils heraus entwickelt und verstanden, sondern werden als mehr oder weniger überhistorisch interpretierte Vorstellungen und Postulate literaturwissenschaftlich appliziert. Da- bei ist es sicherlich in Teilen legitim, historisch-zeitgebundene Äußerungen, wie es literarische Texte sind, an überhistorischen Postulaten zu messen. Trotzdem soll- ten sich Interpreten stets bewusst sein, welcher Begriffs- und Vorstellungswelt sie ihre Maßstäbe entlehnen und welche historische Legitimation diese Vorstellungs- welt selber besitzt (Trapp 1983:38). Trapp spricht damit ein grundsätzliches Problem der Literaturwissenschaft an, das darin besteht, die genannten vermeintlich ›marxistischen‹ Begriffe aber auch die da- mit verknüpften literarischen Theorien und Debatten allzu sehr von ihrem konkreten, d.h. historischen Kontext zu abstrahieren und auf rein theoretische und/oder ästheti- sche Fragen zu verallgemeinern. Je mehr aber in dieser Abhebung zumeist die kon- kreten Motivierungen wie ihre faktischen, will heißen, realen und politischen Voraussetzungen verloren gehen, desto weniger ist zwischen ihrem eigentlich theore- tischen und weltanschaulichen und ihrem bloß ideologischen Gehalt 108 zu unter- scher Weise«“ dem bürgerlichen Kulturerbe zugewandt und die »bürgerlich-humanistischen« Schrift- steller „als Bündnispartner im Kampf gegen den Faschismus“ akzeptiert (Franke 1988:123); vgl. Rei- mann 1934:10, Günther 1934:153f. 106 Winckler, Lutz (1977) [Hg.]: Antifaschistische Literatur. Programme – Autoren – Werke. Bd. 1. Kronberg/Ts.: Scriptor; vgl. zur Kritik an Winckler auch Loewy 1979:13; einen weiter ausgreifenden Versuch zur Darstellung der antifaschistische Literatur im europäische Rahmen stellt Bremer (1986) dar. 107 „Die absolute Dominanz zeit- und sozialgeschichtlicher Fragestellungen unterdrückt oder negiert den literarischen Charakter der Exilliteratur; eine Vernachlässigung der Zeit- und Sozialgeschichte steht umgekehrt in der Gefahr die Exilliteratur zu entpolitisieren“ (Trapp 1983:39; Kursiva i. O.). 108 ‚ideologisch’ bedeutet dabei häufig, die politische Praxis im Nachhinein rechtfertigend; nicht etwa die schlüssige Vermittlung historischer und weltanschaulich-theoretischer Aspekte bei der ästhetischen J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 36 scheiden, und umso mehr verflüchtigt sich nicht nur das Wesen dieser Theorien, son- dern auch ihre konkrete politische und gesellschaftliche Basis. Trapp gibt dafür ein Beispiel, wenn er einerseits in der Form des Exkurse die »Litera- turtheorie als Form von Bündnispolitik« der sowjetischen Literaturpolitik charakteri- siert,109 andererseits in Bezug auf die damit verbundenen Konflikte in der Einleitung des gleichen Werkes, Die deutsche Literatur im Exil, warnt, dass angesichts der Kom- plexität der heutige Leser, der den Problemen der damaligen Exilzeit fernstehe, »allzu oft in die Irre geleitet« werde, sich oft keine Vorstellungen davon mache, wie auch nichtige Probleme sich zu großen Konflikten ausweiten können und wie umgekehrt große Konflikte nicht die bestehenden kleinen Konflikte einebnen […]. Zum Beispiel meinen wir aus heutiger Sicht, dass der gemeinsame politische Gegner und das gemeinsame politische Schicksal früher bestehende Konflikte und Kontroversen hätten ausgleichen müssen. Das war in vielen Fällen tatsächlich so; aber es gibt auch gegenteilige Beispiele, wo alte Konflikte sich im Exil noch ver- stärken. Wie anders ist die sich so intim zuspitzende Feindschaft zwischen Brecht/Eisler und Lukács, Kurella, Hay und Becher zu erklären! Ganz ähnlich ver- hält es sich mit der Kontroverse Piscator – Wangenheim im Moskauer Exil: Die bloßen sachlichen Differenzen hätten nicht solch gehässige Polemiken nach sich ziehen müssen. Hier trafen unterschiedlich strukturierte Personen auf einander, und diese Unterschiedlichkeit verhinderte es, dass die Meinungsunterschiede auf andere, gütlichere Art gelöst wurden (Trapp 1983:11). So licht und trennscharf er im Exkurs 110 analysiert, wie das kunstpolitische Argument zur politischen Waffe wird, mit dessen Hilfe die literaturtheoretische Instruktion der Durchsetzung des richtigen Kurses dient, so unscharf und bedauernd oder – was das gleiche ist – allgemein menschlich erklärt er sich hier „die sich so intim zuspitzende Feindschaft“ der Kontroversen, die er dort als machtpolitische Parteistrategie über- führt. Ging es hier doch seltener um menschliche Unverträglichkeit aber umso mehr um beinhartes Vorgehen der Kurellas und Bechers gegen sogenannte Sektierer, um Wangenheimsche Denunziation(en), die im Literaturstreit bis ins NKWD-Verlies führten.111 Diese ‚wissenschaftliche Zurückhaltung’ muss dabei vielleicht etwas verwir- rend wirken, wenn Trapp auch hier selbst nur einen Absatz später auf eben Wangen- heims ›literaturpolitische‹ Haltung in Fragen der Theaterkonzeption gegen ›Parteigegner‹, ›Verräter‹ und ›Feinde des Sozialismus und der Sowjetunion‹ in des- Struktur eines Werkes oder ideologische Literaturtheorie (Critique of Ideology) wie etwa bei Terry Ea- gleton, der versucht im Rückgriff auf deterministische Vorstellungen bei Louis Althusser und Roland Barthes mit seinem Ansatz zu ergründen, wie Literatur soziale Gegensätze zwischen ökonomischen Gruppen mechanistisch ‚widerspiegelt’. Vgl. dazu Marx, in: »Deutsche Ideologie«, wo es heißt, es wer- de bei aller Analyse nicht ausgegangen von dem, was die Menschen sagten, sich einbildeten, sich vor- stellten, sondern „es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozess […] die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dar- gestellt (MEW 3:26f.). 109 vgl. Trapp 1983:201-210. 110 vgl. Trapp „Literaturtheorie als Form von Bündnispolitik: Einwirkungen der sowjetischen Literaturpolitik auf das Exil“: In: 1983:201-210. 111 Die Vorkommnisse im Moskauer Exil, auf die Trapp hier Bezug nimmt, fallen in die Kernzeit der „Čistka“ der sog. Großen Säuberung (1927–1953/54), die Moskauer Schauprozesse (1936–1938); vgl. Arnold 2003:110-114, Trapp 1993b, Müller 1991, Schützler 1990. S. dazu ebenfalls in dieser Arbeit Ab- schnitt 4.3. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 37 sen selbstkonzipierten Parteilebenslauf (1951) – einem parteiüblichen Rechtferti- gungsinstrument zum Nachweis der linientreuen Orthodoxie also – verweist, um an- zunehmen, es sei offensichtlich ein Standpunkt aus der spätstalinistischen [?] Phase, an dessen Wahrheitsgehalt Wangenheim zu dieser Zeit möglicherweise sogar geglaubt hat, obwohl er als ein unmittelbar an den Vorgängen Beteiligter auch zu einem ande- ren Urteil hätte gelangen können (Trapp 1983:11). 112 Was Trapp – bei allem Verständnis für die darin geäußerte Enttäuschung –, beinahe melancholisch übergeht, ist: Wangenheim bemüht sich im Gegensatz zum früher be- schriebenen Prozedere von Jarmatz keineswegs darum, einen unlängst kreierten Rechtfertigungstopos, nämlich den des literarisch wie praktischen… und ›historisch notwendigerweise rücksichtslosen Vorgehens gegen Abweichler‹ in der Überlieferung bloß zurückzuverlegen, sondern er ist sich der geschichtlichen Richtigkeit und Konti- nuität sicher, dass 1951 der Dschugaschwilische Imperativ des Anti-Revisionismus der gleiche ist wie zur Zeit des Moskauer Exils...113 Was in der Rechtfertigung 1951 wieder oder noch immer wirksam ist, ist stalinistische Durchsetzungsstrategie. Dass ›antifaschistisch-demokratische‹ Entwicklung und spätstalinistischer DDR-Sozialismus als Revenue sich nicht ausschließen, mag viel- leicht (?) dem Schriftsteller plausibel erscheinen, der die Zeit im westlichen Exil ver- bracht hatte, nicht aber jenen kulturellen Stachanowisten und Udarniki (Stoßarbeitern) der Partei, die wie Wangenheim oder Kurella, wechselnde Kunstdokt- rinen und zumindest den stalinistischen Kunst-Terror im sowjetischen Exil am eige- nen Leibe erfahren und mitbetrieben hatten, der eine als Flüsterer der Geheimpolizei GPU, der andere als befugter Sekretär Georgi Dimitrows.114 Erkennbarerweise ist es nicht einfach, Trapps Forderung, die Interpreten sollten sich stets bewusst sein, welcher Begriffs- und Vorstellungswelt sie ihre Maßstäbe entlehn- ten und welche historische Legitimation diese Vorstellungswelt selber besitze, im Ein- zelfall auch durchgängig einzuhalten. Im Folgenden sollte es also darum gehen zu überprüfen, inwiefern die sogenannten ›marxistischen‹ Begriffe wie ›Einheitsfront‹, ›Volksfront‹ und›Antifaschismus‹, vielleicht sogar der ›sozialistische Realismus‹, ü- berhistorisch interpretierte Vorstellungen und literaturwissenschaftliche Postulate ‚applizieren’ oder bloß aufsetzen, wo es sich im Konkreten um allein historisch- zeitgebundene handeln mag. 112 vgl. ebenfalls ders. 1981:23-40; [?] von mir – E.D. 113 Dies gilt einerseits sowohl für die nach der Gründung der DDR (1949) übernommene repressive sowjetische Kulturpolitik der Schdanowschtschina (ab 1945) – d.h. »Herauslösung zeitbedingter Ele- mente des Antifaschismus und Rückbesinnung auf die Prinzipien des sozialistisch-realistischen Kultur- schaffens« (III. Parteitag der SED, Juli 1950) –, wie für die letzte Welle der stalinistischen ‘Säuberungen’ 1948-1954 in Osteuropa; zu letzterem vgl. Hodos 2001. 114 Für die weitere Entwicklung der Literatur in der DDR wird deshalb der Widerspruch zwischen ei- nem abstrakten humanistischen Anspruch und dem gleichzeitigen Verschweigen stalinistischer Verbre- chen in ähnlicher Weise zum konstitutiven Moment wie Antikommunismus, Entideologisierung und NS-Verdrängung in der BRD. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 38 3 Blindstellen im Umgang mit Konzepten marxis- tischer Literaturauffassungen und sozialis- tischer Literaturpolitik Die Problematik in der wissenschaftlichen Rezeption weltanschaulicher und theoreti- scher Zusammenhänge der Exildebatten fällt dem verbohrten Interessenten, vielleicht aber nicht dem genügsameren Leser, bereits dann auf, sollte er für einen ersten Über- blick zum Exil in ein Standardnachschlagewerk 115 der deutschen Literaturgeschichte schauen und dort unweigerlich unter der Überschrift »Verlorene und verbürgte Wirklichkeit: Geistiger Hintergrund, politischer Hintergrund« im unmittelbaren Vorlauf auf ›die ausgebürgerte deutschsprachige Literatur‹ den Hinweisen auf ›prole- tarisch-revolutionäre Literatur‹ und ›sozialistischen Realismus‹ begegnen: Eine »Aktive Lösung« als Antwort »auf die Ausbeutung und den Krieg« nicht da- gegen »Armeleutepoesie oder Mitleidsdichtung« (Johannes R. Becher) wollte die »proletarisch-revolutionäre Literatur« sein, die sich 1928 im »Bund proletarisch- revolutionärer Schriftsteller« mit der Bundeszeitschrift Die Linkskurve (1929-32) formierte. Unter diesem Programm vereinigten sich revolutionäre Intellektuelle aus dem Bürgertum, die meist dem Expressionismus verbunden gewesen waren, und schreibende Arbeiter (Arbeiterkorrespondenten, Mitarbeiter von Zellenzeitun- gen) unter scharfer Abgrenzung von linksbürgerlichen Literaturströmungen. Der »sozialistische Realismus«, 1934 auf dem 1. Allunionskongress der Sowjetschrift- steller propagiert und erläutert, fußt auf den Theorien von Karl Marx und Friedrich Engels und neueren Kunstkritikern, nach denen die Literatur in den bestimmen- den Zusammenhang der kommunistischen Gesellschaft tritt. Nach Lenin darf die Literatur »keine von der allgemeinen Sache des Proletariats unabhängige, indivi- duelle Angelegenheit« sein; sie muss bewusste »Parteilichkeit« üben. Der sozia- listische Realismus kritisierte am Expressionismus die »Ratlosigkeit einer wurzellosen und zersetzten bürgerlichen Existenz« (Georg Lukács) und am Ästhe- tizismus die untergehende bürgerliche Kultur, die Dekadenz. Als Hauptvertreter proletarisch-revolutionärer Dichtung in Deutschland gelten […] (Frenzel 1998:570f).116 Abgesehen von einigen kleineren Ungenauigkeiten der Darstellung, die u. U. der ge- rafften Zusammenfassung zuzuschreiben sind,117 fallen in der Darstellung Frenzels ei- 115 Das hier ausgewählte Werk, ist, obwohl es sich für die Darstellung zweifelsfrei eignet, keineswegs ein Einzelfall, vgl. Janés 1992:155f, mit Einschränkungen KLL1986 Bd.1:257 u. Wilpert 1979:767f ; sowie Bark 1988, Koch 1987, Lefèvre 1980, Bock 1981, Schmitt 1973b, Kulturbund 1951, u.a.m. 116 Die bei Frenzel benutzten Abkürzungen wurden ausgeschrieben. In Bezug auf die Verwendung der Termini ›verlorene‹ und ›verbürgte Wirklichkeit‹ und die ›suggerierte Gleichwertigkeit von sozialisti- schem Realismus russischer Herkunft und volkshafter Dichtung‹ bei Frenzel, vgl. Bier 1989:340f. 117 Entgegen dem bei Frenzel erweckten Eindruck entsteht der stets uneinheitliche Ansatz der ›proleta- risch-revolutionären Literatur‹ auch in Deutschland schon in den Jahren zwischen 1919 und 1923, in Anschluss an die sehr unterschiedlichen russischen Konzepte von Bogdanov, Keržencev und Lu- načarskij und zeigt in Deutschland zu Beginn oft eher anarchosyndikalistische, rätekommunistische oder andere sog. ›linksradikale‹ Ausprägungen denn KPD-spezifische wie beim hier genannten Becher; eine Vorläuferorganisation, der Bund für proletarische Kunst, wird bereits 1919 in Berlin gegründet, vgl. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 39 nige Punkte besonders ins Auge: Die Annahme, der ›Sozialistische Realismus‹ fuße auf den Theorien von Marx und Engels, die uneingeschränkte Aussage, jene Doktrin sei von »neueren Kunstkritikern« aus der marxistischen Fraktion vertreten worden, die weitere Annahme, Lenins zwar problematische Grundsätze der Parteiliteratur gäl- ten schlechthin für alle Formen der Literatur, und nicht zuletzt, der Eindruck proleta- risch-revolutionäre Dichtung und sozialistisch-realistische Literatur seien notwendigerweise siamesische Zwillingsbälger. 3.1 Blindstellen sogenannter marxistischer Litera- turtheorie: Exegese und Rezeption 3.1.1 Literatur als deterministische Widerspiegelung im Überbau In der überwiegenden Auffassung und wissenschaftlichen Rezeption, die sich durch viele Interpretationen sogenannter orthodoxer oder marxistisch-leninistischer Litera- turtheorien zieht, stellt der Marxismus im Kern „eine Theorie der bürgerlich- kapitalistischen Gesellschaft dar, die von der ›letztinstanzlichen Determinationskraft‹ der ökonomischen Basis gegenüber dem sogenannten Überbau politischer, sozialer, kultureller und künstlerischer Gebilde ausgehe“, und worin der Kunst und Literatur ein bloßer Widerspiegelungscharakter der ideologische Sphäre zukomme.118 Schon bei Goethe heißt es, jeder gleiche dem Geist, den er begreife: Dass also die Kunst lediglich ein ideologischer Reflex ökonomischer Entwicklungen oder Interessen sei, wird – ob in plumper stalinistischer Einheitsform oder in aktuellerem "postmodernistischen" Ornat – allzu gewöhnheitsmäßig als offenbar originärer Marxismus ausgegeben. Nur bündig sei darauf hingewiesen, dass diese Auffassung insofern bereits eine Ver- kürzung oder ideologische Beugung darstellt, als dahinter eine Gleichsetzung des Marxschen Denkens mit dem historischen Determinismus des 18. und dem ökonomi- schen an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert steht, die es vor allem bei Bernstein und Kautsky, bei Bucharin und Althusser auf eine mechanistische, ökonomisch de- terminierte Doktrin reduzieren. Dies begründet entweder einen Reformismus, der ne- Kaes 1994:220-247, Stephan 1994:355-358, Fähnders 1974; der ›Sozialistische Realismus‹ wird keines- wegs erst 1934 „propagiert“, sondern mindestens zwei Jahre zuvor, von Fade’ev, dem Sekretär des neuen Sowjetischen Schriftstellerverbandes, auf der Plenartagung des Organisationskomitees der Sow- jetschriftsteller propagiert (Oktober u. November 1932), nachdem die IVRS, der der dt. BPRS und der russ. RAPP angeschlossen waren, aufgrund eines ZK-Beschlusses (23.04.1932) in ›Stoßtrupps des sozi- alistischen Aufbaus‹ ‚umstrukturiert’, will heißen, als Proletkult de facto liquidiert worden war. Die no- minelle Auflösung erfolgt 1935; vgl. Lefèvre 1980:193, 199. Auf dem 1. Allunionskongress wird die Doktrin durch Ždanov als Vertreter des ZK der RKP(B) und KPdSU schließlich offiziell abgesegnet, von Gorki, Bucharin, Radek u.a. erläutert, und abschließend für verbindlich erklärt, vgl. Lefèvre 1980:245-351. Dazu in dieser Arbeit im Abschnitt 3.2. 118 vgl. Vogt, Jochen »Marxismus und Literatur« (www.uni-essen.de; Stand 03’2008); Schütz 1977: passim. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 40 giert, dass der Mensch Subjekt der Geschichte ist, oder aber, dass er diese jedoch un- ter gegebenen und überlieferten Umständen verändert.119 In Gegensatz dazu betonte Marx im Kapital, dass »die Menschengeschichte sich da- durch von der Naturgeschichte unterscheide, dass wir die eine gemacht und die andre nicht gemacht haben« (MEW 23:393). Bewusstsein und Denken entwickeln sich nicht außerhalb, sondern stets in der Geschichte, sie spiegeln das Sein des Menschen und seine historische Entwicklung jedoch zugleich nicht bloß passiv wider, sind vielmehr Moment ihrer umfassenden Gesamtheit, und zwar als ihr aktives Moment, als Gär- stoff ihres zukünftigen Entwurfes. Da gewisse Formulierungen in den frühen Schriften wie bespielweise in der Deutschen Ideologie (1845) die Gefahr einer deterministi- schen Doktrin in sich bargen, betonte Engels in einem Brief an Joseph Bloch, Dass von den Jüngeren zuweilen mehr Gewicht auf die ökonomische Seite gelegt wird, als ihr zukommt, haben Marx und ich teilweise selbst verschulden müssen. Wir hatten den Gegnern gegenüber das von diesen geleugnete Hauptprinzip [d. i. Das Sein bestimmt das Bewusstsein] zu betonen, und da war nicht immer die Zeit, Ort und Gelegenheit, die übrigen an der Wechselwirkung beteiligten Momen- te zu ihrem Recht kommen zu lassen (Brief an Joseph Bloch vom 21./22.09.1890. In: MEW 37:465). und korrigiert in einem anderen an Conrad Schmidt die Formulierung aus der Deut- schen Ideologie „Die Moral, Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ih- nen entsprechenden Bewusstseinsformen behalten nicht länger den Schein der Selbständigkeit“ 120, indem er die »relative Selbständigkeit« des Überbaus betont.121 In dieser Marxschen Theorie der Praxis sind Kunst und Literatur zwar wie Benjamin es nennt, ein »Nebenprodukt bei der Veränderung der Welt«122, jedoch keinesfalls einfach ein mechanisches Widerspiegelungsprodukt des Überbaus, wie oft in der Re- zeption erscheinen könnte, besonders, wenn hierbei die Literatur nicht in ihrem gleichzeitigen Doppelcharakter als künstlerische Produktivkraft und relativ selbstän- diges Überbauphänomen verstanden wird.123 So heißt es zum einen in der anthropo- logischen Herleitung der gesellschaftlichen Arbeit, auch die Kunst sei eine Form der organisierten Arbeit, der Produktion: Religion, Familie, Staat, Recht, Moral, Wissenschaft, Kunst etc. sind nur besonde- re Weisen der Produktion und fallen unter ihr allgemeines Gesetz (MEW 1:537). Sie ist jedoch zugleich eine spezifische solche, die auch in diesem Verhältnis von ih- rem besonderen Charakter geprägt ist. Dies wird besonders deutlich bei Marx’ Refle- xion über das ungleiche Verhältnis der materiellen Produktion zur künstlerischen: 119 „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Um- ständen.“ Marx: Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. In: MEW 8:111-207; 115. Vgl. ebf. MEW 3:533 (3.These über Feuerbach). 120 vgl. MEW 3:26f. 121 Brief an Conrad Schmidt vom 27.10.1890. In: MEW 37:490. 122 vgl. Benjamin 1991:662. 123 vgl. Magallanes 2005:20. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 41 Ist Achilles möglich mit Pulver und Blei? Oder überhaupt die 'Iliade' mit der Dru- ckerpresse oder gar Druckmaschine? Hört das Singen und Sagen und die Muse mit dem Pressbengel nicht notwendig auf, also verschwinden nicht notwendige Bedingungen der epischen Poesie? Aber die Schwierigkeit liegt nicht darin, zu verstehen, dass griechische Kunst und Epos an gewisse gesellschaftliche Entwicklungsformen geknüpft sind. Die Schwie- rigkeit ist, dass sie für uns noch Kunstgenuss gewähren und in gewisser Bezie- hung als Norm und unerreichbare Muster gelten (Marx 1857:31).124 Dass Kunst und selbst Gattung ästhetisch noch wirkt, wenn auch die gesellschaftli- chen Bedingungen ihrer konkreten Ausprägung längst verschwunden sind, ist bei Marx einerseits der Ausdruck ihrer besonderen Produktionsweise und ihres besonde- ren historischen Charakters, andererseits Problem jeder ästhetischer Norm: dass ei- nes die Entstehungsbedingungen sind, ein völlig anderes die Eigenschaften, sobald man das Eigentümliche der Entstehung davon abzieht, gar aus andrer Zeit und Bedin- gung darauf zurückschaut. Die im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung hervorgetretene Absonderung und Trennung von Kunst und Arbeit ist dabei in Marx’ Vorstellung keine grundsätzliche, sondern eine historische der allmählichen Trennung von Hand- und Kopfarbeit. Oder, um es anders zu sagen, die gesellschaftliche Arbeitsteilung zwischen Hand und Kopf ist in der Geschichte in dem selben Maße eine Notwendigkeit, wie sie eine historische ist; als historische ist sie zugleich eine verschwindende, eine vom Menschen abänder- liche Gesetzmäßigkeit.125 Voraussetzung ihrer grundlegenden oder völligen Abände- rung ist der gesellschaftliche Wegfall ihrer Bedingungen durch Aufhebung des Gegensatzes von gesellschaftlicher Arbeit und privater Aneignung, durch Auflösung klassenbestimmter Herrschaft und der Klassen überhaupt, um dann allmählich die Voraussetzung für die Entwicklung eines wieder allseitig befähigten Menschen zu er- möglichen.126 Sind Wissenschaft und Kunst bei Marx noch weit mehr als rein ideologische Ausdrü- cke und Gebilde, – die obwohl sie ideologisch aufgeladen und durch Weltanschauun- gen gestützt und bisweilen auch begründet werden, doch zugleich Darstellungen und Erkenntnisse produzieren und enthalten, die jenseits der materiellen Interessensphä- re liegen – folgert der sog. ›orthodoxe‹ Marxismus von der Ideologiehaftigkeit allen Überbaus mechanistisch auf den bloßen, unvermittelten deterministischen Relativis- mus der Anschauungen und des Bewusstseins, behauptet, dass „der Überbau von der Basis gerade dazu geschaffen wird, um ihr zu dienen,“127 und schließt davon holz- schnittartig auf das ›notwendig falsche Bewusstsein‹, das nur die Partei noch aufhe- ben könne. Schon hier sagt das Ideologische noch nichts aus über die abgebildete Wahrheit, denn sowenig man – mit Marx gesprochen – ein Krämer sein muss, um i- deologisch ein Kleinbürger zu sein, sowenig müssen die weltanschaulichen Allge- 124 Marx, Karl: „Einleitung“ zu: Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Hft. M, 23.08.1857: 31. Im folgenden wird diese Quelle den Gepflogenheiten üblich als ›Grundrisse‹ in der Textgestalt von 1957 angegeben, 125 vgl. Grundrisse 1857:716. 126 vgl. MEW 3:379. 127 vgl. Stalin: „Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft“, 20.06.1950. In: ders. 1970:282. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 42 meinplätze, in denen das ‚falsche’ Bewusstsein eines Schriftstellers sich ausdrückt, dieselben sein, die die Eigenart seines Werkes auszeichnen, noch geringer folgt dar- aus, dass der echte Künstler nicht anders könne, als wider Willen in seinem Werk der Wahrheit Ausdruck zu verleihen, wohl hingegen, dass nicht die Partei, die ein Künst- ler gemeinhin abstrakt ergreift, den Charakter seines Werkes ausmacht, sondern mit wessen Augenlicht und wie er sie in einem gegebenen Augenblick tatsächlich und kon- kret gestaltet. Marx’ Satz vom Menschen als Subjekt der Geschichte, die dieser jedoch unter gegebenen und überlieferten Umständen verändert, bedeutet auch ästhetisch die grundsätzliche Möglichkeit, dass der Künstler fähig sein kann, jenseits aller ihm eigenen abstrakten Anschauung oder Ideologie, von einer ihm unadäquaten Erfassung zu einer zu gelangen, die im konkreten Werk und in seiner aktuellen Gestalt der ge- sellschaftlichen Lage entspricht. 3.1.2 Engels, der Realismus, und ein Brief In den Schriften von Marx und Engels finden sich nur wenige Ansätze für eine umfas- sende marxistische Theoriebildung zur Kunst und Literatur, weshalb spätere Theore- tiker in erster Linie die die dialektische Auffassung der Geschichte und das an Feuerbach und Hegel entwickelte Ideologiekonzept der Marxschen Frühschriften zum Ausgangspunkt nehmen, und allzu oft verkürzen… Literarisch teilen Marx und Engels die ästhetischen Maßstäbe und Vorlieben, die schon in der Goethezeit geprägt wurden, preisen wie oben die Kunst der griechischen Antike mit ähnlichen Worten wie Winckelmann, Goethe, Humboldt und Hegel, und sind darin durchaus Genossen ihrer bürgerlichen Zeit,128 sind bei aller notwendiger Parteilichkeit überzeugt von der relativen Autonomie in Kunst, Literatur und Pres- se.129 Bei Engels ist zudem eine ausgeprägte Vorliebe für den Realismus Balzacs zu finden, die hier nur deshalb ausführlich erwähnt werden soll, da sie in späteren De- batten oft zur Begründung bestimmter Kunstauffassungen herangezogen wird. Engels äußert diese Hochschätzung für Balzacs Realismus 1888 in einen Brief an die britische Schriftstellerin Margaret Harkness in London, in dem es jedoch hier wie auch in einem anderen Brief von Engels zugleich um den Tendenzroman geht: Wenn ich etwas zu kritisieren habe, so wäre es dies, dass der Roman vielleicht doch nicht realistisch genug ist. Realismus bedeutet meines Erachtens, außer der Treue des Details die getreue Wiedergabe typischer Charaktere unter typischen Umständen. Nun sind Ihre Charaktere in ihrer Art typisch genug, aber die Um- stände, die sie umgeben und die sie veranlassen zu handeln, sind es vielleicht nicht in dem gleichen Maße. In »City Girl« erscheint die Arbeiterklasse als eine passive Masse, die unfähig ist, sich selbst zu helfen und nicht einmal danach zu streben versucht, sich selbst zu helfen. Alle Versuche, sie aus ihrem aus ihrem stumpfen Elend herauszuziehen kommen von außen, von oben. […] Ich bin weit davon entfernt, darin einen Fehler zu sehen, dass Sie keinen Roman geschrieben haben, der offen und direkt sozialistisch ist – einen ›Tendenzroman‹, wie wir Deutschen es nennen –, um die sozialen und politischen Anschauungen des Autors zu verherrlichen. Das ist es keineswegs, was ich meine. Je mehr die 128 vgl. Staden: "Greek Art and Literature in Marx's Aesthetics". 1975:119-144 129 vgl. MEW 38: 517. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 43 Ansichten des Autors verborgen bleiben, desto besser für das Kunstwerk. Der Re- alismus, von dem ich spreche, kann sogar trotz der Ansichten des Autors in Er- scheinung treten. Gestatten Sie mir ein Beispiel. Balzac, den ich für einen weit größeren Meister des Realismus halte als alle Zolas passés, présents et à venir, gibt uns in »La Comédie humaine« eine wunderbar realistische Geschichte der französischen ›Gesellschaft‹ […] Gewiss, Balzac war politisch ein Legitimist; sein Werk ist ein ständiges Klagelied über den unaufhaltsamen Verfall der guten Ge- sellschaft; all seine Sympathien gehören der Klasse, die zum Untergang verurteilt ist. Aber trotzdem ist seine Satire niemals schärfer, seine Ironie niemals bitterer, als dann, wenn er eben die Männer und Frauen in Bewegung setzt, mit denen er zutiefst sympathisiert – die Adligen. Und die einzigen Leute, von denen er mit un- verhohlener Bewunderung spricht, sind seine schärfsten politischen Gegner, die republikanischen Helden vom Cloître Saint-Méry., die Männer, die zu dieser Zeit (1830-1936) in der Tat die Vertreter der Volksmassen waren. Dass Balzac so ge- zwungen war, gegen seine eigenen Klassensympathien und politischen Vorurteile zu handeln, dass er die Notwendigkeit des Untergangs seiner geliebten Adeligen sah und sie als Menschen schilderte, die kein besseres Schicksal verdienen; und dass er die wirklichen Menschen der Zukunft dort sah, wo sie damals allein zu fin- den waren – das betrachte ich als einen der größten Triumphe des Realismus und als einen der großartigsten Züge des alten Balzac. […] (MEW 37:42-44)130 Engels Brief über Balzacs »wunderbar realistische Geschichte der französischen ›Ge- sellschaft‹« als einer »der größten Triumphe des Realismus« sollte später (1932-34) bei der Durchsetzung der Kunstdoktrin vom ›sozialistischen Realismus« noch eine gewisse Rolle spielen, insbesondere der vielzitierte Satz »Realismus bedeutet meines Erachtens, außer der Treue des Details die getreue Wiedergabe typischer Charaktere unter typischen Umständen«. Die allerdings darin und ebenfalls in seinem Brief an Minna Kautsky enthaltene Warnung vor der Verherrlichung der sozialen und politi- schen Anschauungen des Autors wurde von den Mitarbeitern des Marx-Engels-Lenin- Instituts Moskau in ihren Veröffentlichungen zu den literarischen Texten der ›Klassi- ker‹ ab Anfang der 30er Jahre meist übergangen oder heruntergespielt, insofern En- gels Vorbehalte gegen »ostensible Partei« und Tendenz der inzwischen taktisch akuten Forderung nach offener Tendenz und Parteilichkeit (partijnost) wohl zumin- dest …tendenziell widersprach.131 130 Aus: „Über ›City girl‹“. Brief an Margaret Harkness in London, Anfang April 1888. In: MEW 37:42- 44 (Kursiva i. O.). Eingesehen in: 1 Brief, Marx-Engels-Nachlass, Reg. K 565. Internationales Institut für Sozialgeschichte (IISG), Amsterdam. 131 Die beiden genannten Engels-Briefe werden in eben dieser Zeit „entdeckt“ (vgl. Lukács 1981:165) und von den Lukács und Lifschitz, beide Mitarbeiter am Marx-Engels-Institut, welches die die kritische Gesamtausgabe der Schriften von Marx und Engels (MEGA) herausgibt, gegen Theoretiker wie Fade- jew verwendet, die Ende in den 20ern und noch zu Beginn der 30er die Weltliteratur im Sinne des ›Sta- linschen Naturalismus‹ als Abbild der klassengebundenen Psychologie des jeweiligen Autors ausdeuteten. In der Zs. IL erscheinen im Verlaufe der Jahre 1931, 1934, 1936 verschiedene Beiträge von Luckásc und Lifschitz zum Naturalismus, Formalismus und Realismus in der Literatur. In diesen Artikeln geht es vor allem um die Würdigung des kritischen Realismus Balzacs und die Verwerfung na- turalistischer Tendenzen (Zola) und solcher des Formalismus (Moderne), sowie um den Nachweis ei- ner sog. ›Marxschen Ästhetik‹ (deren Existenz Lukács und Lifschitz bereits seit ca. 1930/31 vertreten) anhand der Texte von Marx und Engels; vgl. Lefèvre 1980:190, Lukács 1981:139-141, Zs. IL, Jgg. 1936 u. 1931; die Beiträge im Jg. 1934 widmen sich meist dem 1. Allunionskongress. vgl. Lukács 1969, Wer- ke, Bd.10, Kap. 5, 10, 11, 12; Lukács 1948, Werke, Bd. 4; Lifschitz 1933 s. dazu: Lukács: „Einführung in die ästhetischen Schriften von Marx und Engels“. In: Žmegač 1972:29-58. Die weitere Publikation der MEGA wird im Rahmen der ‘Säuberungen’ eingestellt. Der Leiter Dawid B. Rjasanow (hingerichtet 21. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 44 Der Vater der Tragödie, Äschylus, und der Vater der Komödie, Aristophanes, wa- ren beide starke Tendenzpoeten, nicht minder Dante und Cervantes, und es ist das beste an Schillers Kabale und Liebe, dass sie das erste deutsche politische Tendenzdrama ist [...] Aber ich meine, die Tendenz muss aus der Situation und Handlung selbst hervorspringen, ohne dass ausdrücklich darauf hingewiesen wird, und der Dichter ist nicht genötigt, die geschichtliche zukünftige Lösung der gesell- schaftlichen Konflikte, die er schildert, dem Leser an die Hand zu geben (MEW 36: 393f). 132 Charakteristisch für die angeblich orthodoxen Institutler des Marxismus ist es, dass sie Engels Hinweise, die Wirkung eines Werkes sei umso stärker, je weniger »ostensi- bel« seine Absicht zum Ausdruck komme, ausblenden und damit zugleich den Unter- schied von Tendenz und ideologischem Gehalt vernebeln, den Marx als unvermeidlich in der Kunst durchschaute, der aber im Gegenteil zur aufgesetzten, befremdenden, weil abgesondert wahrnehmbaren Tendenz, mit seinen weltanschaulichen Motiven und ideologischen Spuren lückenlos im Ganzen der ästhetischen Struktur schon auf- gelöst erscheint und gerade solchermaßen erst wirkt.133 Die historische ‚Ironie’ der Or- thodoxler liegt darin, dass sie mit dem parteilichen Appellativ denjenigen ›deterministischen Naturalismus‹ eines Zola wieder hinterrücks in die repräsentative Funktion des Balzacschen Realismus hineinschmuggeln, dessen Abwesenheit Engels gerade als ‚List’ in dessen Werke sah. Kennzeichnend für die späteren Versuche einer Festlegung der Klassiker auf den Rea- lismus ist auch hier eine überhistorische Verallgemeinerung, die von den konkreten li- terarischen Produktionsbedingungen, Traditionen und Rezeptionsbedingungen des 18. und 19. Jahrhunderts abstrahiert und in Anlehnung an Engels, »in ihrem Versuch, die Sache materialistisch zu behandeln«, als Methode in ihr Gegenteil umschlägt, wenn sie nicht als solche, „sondern als fertige Schablone, wonach man sich die histori- schen Tatsachen zurechtschneidet“, angewendet wird.134 Dass die eigentlichen Gründe für die Doktrin denn auch weniger in einer fehlerhaften Ableitung als in realpoliti- schen Ursachen zu suchen sind, soll deshalb auch an gegebener Stelle behandelt wer- den (vgl. 3.2). Für die literaturtheoretische Praxis der unhistorischen Übertragung und Verabsolutierung einer konkreten Form auf die Bedingungen einer anderen Epo- che gilt jedoch schon hier – nimmt man die Vokabel von der Poesie einmal wörtlich –, was Marx einst den revolutionären Epigonen seiner Zeit ins Album schrieb: Januar 1938 in Saratow) sowie große Teile der Institutsbelegschaft fielen den stalinschen ‘Säuberungen’ zum Opfer. Lukács war ebenfalls in die politische ‘Säuberung’ verwickelt: auf einer, vom 4. bis 9. Sep- tember 1936 stattfindenden, geschlossenen Parteiversammlung der deutschen Parteigruppe des Sowjet- schriftstellerverbands; vgl. Müller 1991; weiter s. 4.3. 132 Aus: „Über ›Die Alten und die Neuen‹“. Brief an Minna Kautsky, 26.11.1885., in MEW 36: 393f. Ein- gesehen in: 1 Brief. Reg. K 758. Internationales Institut für Sozialgeschichte (IISG), Amsterdam. 133 vgl. dazu Lukács’ Auffassung, anhand ders.: „Tendenz oder Parteilichkeit?" In: Raddatz 1969:147f. Im Gegensatz zu Fadejew, Gronskij oder dem sowjetischen Kulturfunktionär Schdanow, bei denen kei- nerlei Unterscheidung zwischen Tendenz und Parteilichkeit vorgenommen wird, muss nach Lukács' Konzept die Parteilichkeit in der Tendenz „zugedeckt“ erscheinen (vgl. ebf. Lukács 1945:29-52ff), um seiner Forderung nach der objektiven Gestaltung des gesellschaftlich-historischen Gesamtprozesses zu genügen,. 134 vgl. Engels, Brief an Paul Ernst (1890), MEW 22:81. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 45 Die soziale Revolution des neunzehnten Jahrhunderts kann ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen, sondern nur aus der Zukunft. Sie kann nicht mit sich selbst beginnen, bevor sie allen Aberglauben an die Vergangenheit abgestreift hat. Die früheren Revolutionen bedurften der weltgeschichtlichen Rückerinnerun- gen, um über ihren eigenen Inhalt zu betäuben. Die Revolution des neunzehnten Jahrhunderts muss die Toten ihre Toten begraben lassen, um bei ihrem eignen Inhalt anzukommen. Dort ging die Phrase über den Inhalt, hier geht der Inhalt über die Phrase hinaus (MEW 8:118). 3.1.3 Ein Blindgestellter der marxistischen Literaturtheorie Zu den leeren Stellen zahlreicher allgemeiner literaturgeschichtlicher Darstellungen, solcher zur Exilliteratur aber bedauerlicherweise auch wissenschaftlicher Publikatio- nen speziell zur marxistischen Literaturtheorie 135 und Tendenzen gehört es, dass be- stimmte theoretische Standpunkte, die außerhalb der sich als ›orthodox‹ oder ›marxistisch-leninistisch‹ bezeichnenden Strömungen und Gruppierungen angesie- delt werden, jenseits der beiden Perspektiven ›proletarisch-revolutionäre Kampflite- ratur‹ oder ›sozialistisch-realistische Kunstdoktrin‹, so nicht etikettiert, so auch nicht erwähnt zu werden brauchen. Unter Stichworten wie oder , oder wird man die theoretischen Literaturanschauungen eines Autors wie Leo Trotzki (Lev D. Trockij) in allgemeineren Werken wie bei Frenzel u. a. vergebens suchen, auch wenn eines der nicht gerade schmalsten Werke zur marxistischen Auf- fassung der Literatur, Literatur und Revolution (russ. 1923, dt. 1924), aus seiner Fe- der stammt.136 Auch in der diesbezüglich relevanten Literatur zum Exil, in dessen Zeitschriften der Autor verschiedentlich mit Beiträgen vertreten ist,137 wäre es einfa- cher und ökonomischer, diejenigen zu nennen, die zur Literaturtheorie oder etwa auch nur zur Person Hinweise schlechthin enthalten, als jene die nicht.138 Aus diesem Grund und unter Hinweis auf den unter 1.1. B bezeichneten Typus der Blindstelle ist es sodann vielleicht angemessen, an dieser Stelle kurz jene theorierelevanten Aspekte 135 seien es online-Publikationen wie Jochen Vogts »Marxismus und Literatur« (www.uni-essen.de; Stand 03’2008) oder gedruckte wie Stephan 1997 u. 1979, u. a. m. 136 Bezeichnend ist überdies, dass dieses Werk weder in der Biographie der Wikipedia, aber auch auf den Websites einiger trotzkistischer Gruppierungen nicht verzeichnet und wenn, dann im Gegensatz zu anderen Schriften der Volltext meist nicht verlinkt wird; Ausnahme: http://de.internationalism.org/leo (Stand: 03’2008). 137 u. a. DIE SAMMLUNG, DAS ANDERE DEUTSCHLAND, PARISER TAGEBLATT, DIE NEUE WELTBÜHNE, hier z. B. mit damals viel diskutierten Artikeln zum Nationalsozialismus, vgl. „Porträt des Nationalsozialismus“,13.07.1933. In: Zs. NWB, 2 Jg. Nr. 28: 856-862 //„Pazifist Hitler“, 23. 11.1933. In: Zs. NWB, 2. Jg. Nr. 48. 138 Bei möglichen Referenzen geht es jedoch fast ausnahmslos um das Spezialthema ›Stalinistische Säu- berungen im Exil‹, es handelt sich dabei jedoch nirgends um Bezüge zur proletarischen oder sozialisti- schen Literatur, vgl. Trapp 1993b, Lorenz 1990, Held 1938. In der Kunstgeschichte ist die Rezeption Trotzkis nicht ganz so verhalten, vor allem sobald es um das Thema der ›revolutionären Kunst‹ geht oder um Einflüsse des künstlerischen europäischen Exils auf die amerikanische Kunst, insbesondere den abstrakten Expressionismus und Surrealismus, vgl. Guilbaut 1997:39-70, Dahmer 1985:58-76. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 46 zu beleuchten, die der in der üblichen Lesart marxistischer Denkungsweisen zur Auf- gabe der Literatur aus unterschiedlichsten Gründen vernachlässigt werden. Tut uns ein Verfasser den sehr gelegentlichen Gefallen anzumerken, es habe außer den allseits bekannten marxistischen Strömungen der Literaturtheorie und ihren ge- betsmühlenartig zitierten Klassikern auch noch etwa die des ebenfalls aus den histori- schen Dokumenten und Bildern getilgten Bucharins oder anderer ›Unpersonen‹ gegeben, so hat dies unter Germanisten mit definierter Weltanschauung folgenden wissenschaftlichen Stil – es handelt sich hier um den Auszug aus einer minuziösen Darstellung der (trotz aller Widersprüche folgerichtigen) Entwicklung von der prole- tarisch-revolutionären der Weimarer Republik zur sozialistisch-realistischen Literatur der Exilzeit, der Jahre 1928 bis 1935: Die Phase der Gründung und Konsolidierung des BPRS 1928/29 war durch die Bemühung gekennzeichnet, die proletarisch-revolutionäre Literatur strikt von der bürgerlichen Literatur abzugrenzen. Bei diesem Abgrenzungsprozess standen zwei Gesichtspunkte im Vordergrund. Zum einen traten die proletarisch-revolutionären Schriftsteller der Auffassung entgegen, das Proletariat sei unfähig, eine eigene Kultur aufzubauen (kulturpolitischer Trotzkismus). Zum anderen versuchten sie in ihren literaturkritischen Artikeln aufzuzeigen, worin sich die proletarische Literatur fundamental von der bürgerlichen Literatur unterscheidet. Sie bekämpften des- halb die vor allem von den kleinbürgerlich-oppositionellen Schriftstellern vertrete- ne These, künstlerisches Schaffen sei unvereinbar mit einer parteilichen Bindung. Demgegenüber erklärten sie die Frage der parteilichen Bindung zum Prüfstein für die Stellung des oppositionellen Schriftstellers in der Klassenfront (Lefèvre 1980:28). Und im nächsten Abschnitt, dreizehn Zeilen weiter fort, heißt es im Rückgriff auf o- ben: Die Gründung des Bundes sei – so führt Becher aus – der praktische Beweis da- für, dass die vom Proletariat geschaffene Literatur existiert. Mit deutlichem Bezug auf die die kulturpolitischen Auseinandersetzungen in der SU polemisiert Becher gegen die Position des kulturpolitischen Trotzkismus und schließt sich der Auffas- sung der RAPP an (Lefèvre 1980:29).139 Lefèvre vergisst darauf hinzuweisen, dass im Jahre 1928 Trotzki bereits von Stalin festgesetzt und der sog. Trotzkismus als Fraktion (Linke Opposition) verboten und auch in der Literaturkritik bereits marginalisiert worden war 140 und dass er vor allem deshalb hier den Terminus des ›kulturpolitischen Trotzkismus‹ benutzt, um in abwer- tender Manie einen ›Abweichler‹-Standpunkt zu beschreiben, den außer den Ausge- schlossenen auch andere in einigen Grundzügen teilten. Entgegen der neuen 139 Im Anschluss folgen einige Zitate aus der Rede J. R. Bechers vom Oktober 1928, in der es um die „Unhaltbarkeit jener Lehren, die sogar die sogar die Möglichkeit einer besonderen proletarisch- revolutionären Literatur anzweifeln“ geht., vgl. DAdK 1967:91-97. 140 Trotzki wurde 1926 aus dem Politbüro und Ende 1927 auch aus der KPdSU ausgeschlossen, wor- aufhin am 31. Januar 1929 die Verbannung nach Alma-Ata folgte; von dort wurde Trotzki in die Tür- kei ausgewiesen. Die erste allgemeine Säuberungswelle gegen sog. ›Trotzkisten‹ beginnt 1927. Lefèvre verweist an anderer Stelle auf den Ausschluss A. K. Voronskijs (1927), des bedeutenden Literaturkriti- kers und wichtigsten Kulturredakteur der ›Trotzkisten‹, bezeichnet ihn als „Exponent einer Klassen- versöhnungspolitik auf literaturpolitischem Gebiet“ (1980:15). Voronskij wurde 1937 in einem Schnellverfahren zum Tode verurteilt und erschossen. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 47 offiziellen Linie, die ab ca. 1927 in der UdSSR den Proletkult entgegen früherer Hal- tung favorisierte, – da er kulturell die Diktatur des sowjetischen Proletariats im Über- bau reflektieren und in der Arbeiterklasse festigen sollte, – waren andere wie Gertrud Alexander und Trotzki der Meinung141, dass es nicht Aufgabe des Proletariats sei, eine neue Klassenkultur zu schaffen. Dabei ging es nicht so sehr um eine sogenannte ›Un- fähigkeit‹ des Proletariats142, als vielmehr darum, dass dieses als Klasse nur kurzfris- tig an die Macht kommen sollte, um alle Klassenherrschaft und kulturelle Vorherrschaft einer Klasse über die andere aufzuheben. Die mechanische Gleichset- zung von bürgerlicher und proletarischer Kultur als Ausdruck ihrer jeweiligen politi- schen Vorherrschaft über die Gesellschaft bezeichnet Trotzki als Beispiel einer liederlichen, unkritischen und gefährlichen Verwendung des Begriffs „prole- tarische Kultur“: „Die wirtschaftliche Basis und das entsprechende System des Überbaues“, schreibt Genosse Sisow, „stellen die kulturelle Charakteristik einer Epoche dar (feudal, bürgerlich, proletarisch).“ Auf diese Art und Weise wird die Epoche der proletarischen Kultur in demselben Sinn wie die bürgerliche aufge- fasst. Aber das, was hier als proletarische Epoche bezeichnet wird, ist nur eine kurze Übergangszeit von einer Gesellschaftsform zur anderen: vom Kapitalismus zum Sozialismus. Der Erreichung des bürgerlichen Systems ist ebenfalls eine Ü- bergangsperiode vorausgegangen, aber im Gegensatz zur bürgerlichen Revoluti- on, die, nicht ohne Erfolg, danach strebte, die Herrschaft der Bourgeoisie zu verewigen, hat die proletarische Revolution zum Ziel, die Existenz des Proletariats als Klasse in einer möglichst kurzen Zeit zu liquidieren (Trotzki 1924:126).143 Nach Trotzki sei es grundfalsch, der bürgerlichen Kunst die proletarische entgegenzu- stellen, aber obwohl das proletarische Regime aufgrund seines Übergangscharakters keine andere Funktion habe, als „den Grundstein zu einer klassenlosen, zum ersten Mal wahrhaft menschlichen Kultur“ zu legen, werde es jedoch der Arbeiterklasse, bevor sie sich in der kommunistischen Gesellschaft auflöst, gelingen, der Kultur ihren Stempel aufzudrücken. Einen derartigen Einwand müsste man in erster Linie als eine schwerwiegende Abweichung von den Positio- nen der proletarischen Kultur registrieren. Es ist nicht zu bezweifeln, dass das Proletariat während seiner Diktatur der Kultur ihren eigenen Stempel aufdrücken 141 Die Ansichten Alexanders und Trotzkis weichen insofern jedoch voneinander ab, als die erstere wie Radek, Lenin (Über proletarische Kultur, 1920), Lukács oder auch der sog. ‚Trotzkist’ Voronskij (Die Kunst, die Welt zu sehen. Ausgewählte Schriften 1911-1936) der Aneignung des bürgerlichen Erbes durch das Proletariat den Vorzug gibt ( zu G. Alexander vgl. Brauneck 1973: passim), für den zweiten die Litera- tur der Moderne, insbesondere der Futurismus, trotz aller „bohèmehaften Züge“, sich näher, unmittel- barer und aktiver als alle übrigen Richtungen der Formierung der neuen Kunst“ annähert (Trotzki 1924:12). Futuristische Schriftsteller wie Tret'jakov und Majakowskij; arbeiteten in den frühen 1920er mit an Meyerholds »Erstem Arbeitertheater des Proletkults«, kritisierten später jedoch den ›kosmischen Mystizismus‹ des offiziellen Proletkults. In Abgrenzung zum sozialistischen Realismus der 30er erho- ben sie die Parole »Für eine Revolution in der Kunst und eine Kunst in der Revolution«. 142 Wenn Trotzki in Literatur und Revolution gelegentlich vergleichbare Begriffe benutzt, ist dies in der Regel stets in Bezug auf konkrete Einschätzungen, wie z.B. in Hinblick auf das russische Proletariat, das entgegen dem englischen, französischen, skandinavischen oder deutschen, noch nicht über eine verhältnismäßig lange Tradition von politischen Organisationen und Arbeiterbildungseinrichtungen verfügte; nicht jedoch in Hinblick auf die Arbeiterklasse an sich. 143 Bei Lefèvre heißt es dazu, Trotzki habe in seiner Schrift die Auffassung vertreten, dass es überflüs- sig [sic] sei, eine eigene proletarische Literatur zu schaffen, weil eine Literatur, die sich auf eine Klasse ausrichte [sic], in einer klassenlosen Gesellschaft ebenfalls verschwinden müsse (1980:15). J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 48 wird. Aber von da bis zur proletarischen Kultur ist es noch sehr weit, wenn man sie als ein entfaltetes und innerlich harmonisiertes System von Kenntnissen und Fertigkeiten auf allen Gebieten des materiellen und geistigen Schaffens auffasst (Trotzki 1924:122f). Für die sowjetische Gesellschaft von 1923 bezweifelt Trotzki, dass sich dort – wie die Vertreter des Proletkults144 behaupteten – die proletarische Kultur bereits anschicke, unterstützt von Arbeiteruniversitäten, und nach dem Vorbild der Aufklärung mithilfe von Arbeiterenzyklopädien, künstlerischer Ausdruck der Diktatur des Proletariats zu werden und wirft ihnen vor, diese Kultur des Proletariats mit seinen zukünftigen »Ge- lehrten, von denen viele noch in kurzen Höschen herumlaufen«, zu verwechseln: Aber die Spitzen der Klasse? Ihre geistige Avantgarde? Kann man denn nicht sa- gen, dass sich in dieser, wenn auch dünnen Schicht jetzt schon die Entwicklung einer proletarischen Kultur vollzieht? Haben wir denn nicht eine sozialistische A- kademie? Rote Professoren? Mit einer solchen, sehr abstrakten Fragestellung be- geht man einen groben Fehler. Man fasst die Sache so auf, als ließe sich die proletarische Kultur im Laboratoriumsverfahren entwickeln. In Wirklichkeit bildet sich das Grundgewebe der Kultur auf der Basis der wechselseitigen Beziehungen und der gegenseitigen Einflussnahme zwischen der Intelligenz der Klasse und der Klasse selbst (Trotzki 1924:123f). An dieser und anderen Stellen verweist der russische Theoretiker darauf, dass sich die Gesamtheit der kulturellen Grundlagen der bürgerlichen Kultur über Jahrhunderte hinweg, noch unter dem feudalistischen Regiment und schließlich unter eigenem, or- ganisch »im Zusammenwirken der Bourgeoisie mit ihren Erfindern, Führern, Den- kern und Dichtern« entwickelte, die Bedürfnissynthesen der bourgeoisen Literatur erst im allmählichen Wechselspiel entstehen mussten: Der Leser schuf den Schriftsteller und der Schriftsteller – den Leser. In unver- gleichlich größerem Umfang muss dies für das Proletariat gelten, weil seine Wirt- schaft, Politik und Kultur nur auf der schöpferischen Selbständigkeit der Massen aufgebaut werden kann. Die Hauptaufgabe der proletarischen Intelligenz ist in den nächsten Jahren allerdings nicht eine Abstraktion der neuen Kultur – solange für sie noch nicht einmal das Fundament gelegt ist – sondern eine äußerst kon- krete kulturelle Betätigung, d. h. die systematische, planmäßige und, natürlich, kritische Weitergabe der notwendigsten Elemente der Kultur, die schon da ist, an die zurückgebliebenen Massen. Man darf die Kultur einer Klasse nicht hinter ihrem Rücken entwickeln (ebd.). Gerade in Hinblick auf die zurückgebliebenen Massen der russischen Bevölkerung und die Möglichkeiten warnt er davor, nach den Jahren des Kriegskommunismus und während der NEP 145, unter den damals aktuellen sowjetischen Bedingungen in der 144 vgl. Bogdanow, Alexander: „Die Kunst und das Proletariat“. In: Fähnders 1974:21ff. 145 Die Neue Ökonomische Politik (Abk. NEP - Novaja ekonomičeskaja politika), 1921-1927, war ein wirtschaftspolitisches Konzept, das Lenin und Trotzki 1921 gegen einigen Widerstand in der RKP(B) durchsetzten. Hauptmerkmal dieser Politik war eine der Versorgungslage nach dem Kriegskommunis- mus geschuldete Liberalisierung in Landwirtschaft, Handel und Industrie. Auch die DDR wiederholte 1963, zwei Jahre nach dem Bau der Mauer, diese ‚leninistisch-trotzkistische’ Notlösung unter dem Namen ›Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung‹ (NÖSPL), integrierte ›materielle An- reize für Arbeiter‹ in die sogenannte ›Zentralplanwirtschaft‹, und begleitete diese durch die Literaturpo- litik der ›sozialistischen Aneignung der Kultur durch die Arbeiterklasse‹, vgl. Emmerich 1994:481-483, J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 49 Diktatur des Proletariats eine Produktions- und Kulturorganisation der neuen Gesell- schaft zu vermuten, während sie ihren Grundzügen noch nichts anderes sei als ein re- volutionäres Kampfregime, eine noch alle Charaktermerkmale der alten Barbarei in sich tragenden Klassendiktatur. Die Aufgabe des Proletariats, das die Macht erobert habe, bestehe vor allen Dingen darin, den ihm vorher nicht dienstbar gewesenen Kul- turapparat in die Hand zu bekommen und sich dadurch den Weg zu einer Kultur frei- zumachen, die man ihm zuvor stets vorenthalten und dabei in einem Zustand der Unkultur und Rohheit gehalten habe. Die notwendige Aneignung der kulturellen Grundlagen sei an sich noch nichts Schöpferisches, betont Trotzki gegen jene Auffas- sungen, welche damals sowohl unter Proletkultlern wie unter Anhängern der Erbe- Theorie 146 existierten. Es würden mit der Aneignung noch keine neuen kulturellen Werte geschaffen, sondern lediglich die Voraussetzungen dafür. Und so ginge es denn weder um die Vernichtung der Bourgeoiskultur noch um die bl0ße Aneignung des bürgerlichen Erbes mithilfe bürgerlicher Geburtshelfer, oder gar um die Schaffung ei- ner proletarischen ›Retortenkunst roter Professoren‹. Bei Strafe der Vernachlässigung des organischen Gesamtzusammenhanges der Kultur, etwa dadurch, eine Abstraktion für ihr Wesen zu nehmen, dürfe man »den Begriff Kultur nicht in kleine Münzen indi- vidueller Alltagsbedürfnisse verzetteln und die Erfolge einer Kultur, einer Klasse, nicht nach den proletarischen Pässen einzelner Erfinder und Dichter beurteilen« (ebd. 131). Wenn Kultur jedoch ein organisches Ganzes von Wissen und Können sei, die die ganze Gesellschaft oder mindestens deren herrschende Klasse charakterisiere, dann müsse diese alle Gebiete menschlicher schöpferischer Tätigkeit umfassen und durchdringen. Angesichts der kulturellen Errungenschaften der revolutionären Arbei- terbewegung erneuert Trotzki daher die Frage nach dem realen ›Klassencharakter‹ der proletarischen Kunst: Gibt es diese organische Wechselbeziehung zwischen unserer heutigen proletari- schen Dichtkunst und dem kulturellen Schaffen der Arbeiterklasse im Ganzen? Es ist vollkommen offensichtlich, dass es sie nicht gibt. Einzelne Arbeiter oder Grup- pen wenden sich jener Kunst zu, die von den bürgerlichen Intelligenzlern geschaf- fen wurde, und benutzen deren Technik vorläufig noch ziemlich eklektisch. Doch wohl dazu, um ihre eigene, innere proletarische Welt auszudrücken? Das ist es eben, dass dem bei weitem nicht so ist. Dem Schaffen proletarischer Dichter fehlt das Organische, das allein durch ein tiefgehendes inneres Zusammenwirken der Kunst und durch den Stand und die Entwicklung der Kultur als Ganzes erreichbar ist. Das sind literarische Werke begabter oder talentierter Proletarier, jedoch kei- ne proletarische Literatur. Aber ist das vielleicht eine ihrer Urquellen? (Trotzki 1924:131f ). sowie den Auszug aus der Rede Ulbrichts auf der 2. Bitterfelder Konferenz (1964) in: LISB 1977, Bd. B:181-195. 146 Die Erbe-Konzeption, auf die sich besonders Lukács und Radek sowie mehrheitlich auch die KPD berufen wird, geht in großen Teilen auf Franz Mehrings Arbeiten zur Literaturkritik zurück; vgl. Meh- ring 1930. Zur Problematik des bürgerlichen Erbes der KP-Politik während des Exils, vgl. Schiller 1974 bzw. Mittenzwei, Werner / Weisbach, Reinhard (Hg.): Revolution und Literatur. Zum Verhältnis von Erbe, Revolution und Literatur. Leipzig, 1971; sowie Bloch, Ernst / Eisler, Hanns: „Die Kunst zu erben“. In: Raddatz 1969, II., in Gegenrede zu Lukács’ Auffassung von Erbe und Dekadenz in der Ex- pressionismus-Debatte. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 50 Soweit zusammengedrängt die – wenn auch nur halbwegs differenzierte – Erläute- rung einer Theorie, die man angesichts der bipolaren Behandlung vieler Darstellun- gen linker Literaturauffassungen der 20er Jahre und der Exilliteratur zwischen Proletkult und sozialistischem Realismus als grundsätzlich dritten Weg ansehen könnte. Während in der UdSSR der Proletkult lange Zeit als eine weitere aber stark verbreite- te Option ohne Vorrecht neben anderen Strömungen wie Futurismus oder Konstruk- tivismus existiert,147 scheiterte die Durchsetzung der theoretischen Anerkennung des Proletkults in Deutschland lange am Widerstand der in Literaturfragen eher klassizis- tisch eingestellten KPD-Führung, womit die Auffassung sich in einer relativ breiten und vielseitigen aber uneinheitlichen Entwicklung außerhalb und gegen jegliche Par- teidoktrin entwickelte. Die allmähliche Durchsetzung des Proletkults als offizielle Li- nie ab 1925 bedeutete jedoch im Moment ihrer offiziellen Geltung bereits nichts anderes mehr als die Überstülpung eines sowjetischen Prinzips (der vermeintlich be- reits konsolidierten Diktatur des Proletariats) 148 auf eine Realität, die diesem weder theorieimmanent noch praktisch entsprach und für Deutschland zwangsweise einen vollkommen widersprüchlichen Charakter annehmen musste. Dies machte sich be- sonders darin bemerkbar, dass der als deutsche Sektion der IVRS 1928 gegründete BPRS in keinen Augenblick erreichte, ein von all seinen Mitgliedern unterstütztes Programm darüber zu verabschieden, worin innerhalb des kapitalistischen Systems der Klassencharakter der Literatur an sich und der proletarischen für sich bestehe und in welchen Formen sie literarisch wirksam werden solle. Die unkontrollierbare Vielfalt der politischen Perspektiven und der Produktionsformen in Lyrik, Epik und Theater versuchte der Parteiapparat einerseits durch Ausgrenzung der linksbürgerli- chen Kräfte – die vielfach aus unter sich zerstrittenen Tendenzen wie Expressionis- mus, Dada und Neuer Sachlichkeit abstammten – andererseits zugleich durch das immer stärker eingeforderte Prinzip der Parteiliteratur auch unter den Arbeiter- schriftstellern in den Griff zu bekommen.149 Hin- und hergerissen zwischen proleta- risch-revolutionärer Selbstbehauptung gegen das bürgerliche Kulturdiktat, Geburtshelferthese 150 und klassisch-bürgerlichem Erbe wurden KPD und BPRS 147 vgl. hierzu Śliwińska (2000:5): „Die Proletkultbewegung in Sowjetrussland, eine kulturelle Massen- organisation des Proletariats, die sich im September 1917 konstituierte, erfasste bis Mitte 1920 etwa vierhunderttausend Menschen; achtzigtausend waren in den sog. Studios (Malerei, Dichtung etc.) aktiv. Damit band der Proletkult einen Großteil jener kulturellen Energien, die durch die Oktoberrevolution freigesetzt worden sind.“ 148 In diesem Zusammenhang ist es vielleicht interessant, darauf hinzuweisen, dass eine von Lenin aus Anlass des Gesamtrussischen Kongresses des Proletkults am 08.10.1920 entworfene Resolution gegen eine Autonomie des Proletkults innerhalb des Volkskommissariats für Bildung, stattdessen aber für die Aneignung des bürgerlichen Erbes erst 1926 veröffentlicht wurde; vgl. Lenin, Werke 30; 307f. 149 Intellektuelle wie Döblin, Tucholsky und Piscator wurden wegen ihrer Weigerung Parteimitglieder zu werden, des kleinbürgerlichen Individualismus oder Anarchismus bezichtigt, vgl. Stephan 1994:363. 150 Die sog. ›Geburtshelferthese‹ schrieb den ›intellektuellen Weggenossen‹ eine didaktisch- instrumentale und taktische Aufgabe beim Zugang auf die Medien zu. In der Terminologie des Stali- nismus der 30er Jahre wird der Begriff semantisch verschoben, aus den Weggenossen werden nun grundsätzlich ›Mitläufer‹. Der Begriff wird jedoch schon in den 20ern von Hardlinern in der Parteilite- J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 51 schließlich sukzessive der Entscheidung über die Frage nach dem Verhältnis von bür- gerlicher, proletarischer und marxistischer Ästhetik enthoben.151 Am 23.04.1932 wur- de die Umstrukturierung der bisher relativ autonomen IVRS in ›Stoßtrupps des sozialistischen Aufbaus‹ per Beschluss des ZK der KPdSU besiegelt, ihre endgültige, d. h. nominelle Liquidierung, und damit die aller nationaler Sektionen – also auch des BPRS, 152 – erfolgte mit einer Schonfrist von drei Jahren: Der Beschluss [des ZK] ordnete die Auflösung der WOAPP und der RAPP an und forderte alle Schriftsteller, „die auf der Plattform der Sowjetmacht stehen“, dazu auf, sich in einem einheitlichen sowjetischen Schriftstellerverband zusammenzu- schließen. Als Grund für die Auflösung der RAPP wurde die Unfähigkeit der prole- tarischen Literaturorganisationen genannt, der veränderten Haltung der ‚Mitläufer’ zum sozialistischen Aufbau Rechnung zu tragen und die Kräfte die positiv zur ge- sellschaftlichen Entwicklung der SU standen, in einer gemeinsamen Front zu or- ganisieren (Lefèvre 1980:193). Dass die endgültige Auflösung der IVRS hier und an entsprechender Stelle 153 mit kei- nem Wort erwähnt wird, sondern erst später im Zusammenhang mit dem Pariser Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur (21.-25.06.1934) und unmittelbar im Zusammenhang mit der »Erweiterung der Einheitsfrontpolitik zur Volksfrontstra- tegie im Sommer 1935« (d. i. Gründungsversammlung des Komitees zur Schaffung der Deutschen Volksfront, 26.09.1935) auftaucht, gehört zu den Feinheiten der Dar- stellung bei Lefèvre, Die IVRS (und ihre nationalen Sektionen) wurden 1935 aufgelöst. Ihre Arbeit wurde von der auf dem Pariser Schriftstellerkongress gegründeten ›Internationa- len Schriftstellervereinigung zur Verteidigung der Kultur‹ fortgeführt (Lefèvre 1980:199). sie hat aber den beiläufigen Vorteil, einerseits zu erläutern, dass die Internationale Schriftstellervereinigung hier lediglich als eine Nachfolgeorganisation betrachtet wird und andererseits, für alle Fälle auf die taktischen Unterschiede zwischen der proleta- rischen ›Einheitsfrontpolitik von unten‹ und ihrer ›kleinbürgerlichen‹ Ausweitung zur Volksfront hinzuweisen. Ich komme später noch darauf zurück (vgl. 3.2.2). Auch in anderen Darstellungen bleiben die Gründe für den Wandel der Literaturpoli- tik von der proletarisch-revolutionären zur sozialistisch-realistischen Schreibweise ei- nigermaßen im Nebulösen. So der Fall bei Rotermund 1984 bzw. 1994, der zwar als Gründe für den Wandel angibt, es sei dabei zum einen um die paradoxerweise von bürgerlich-konservativen wie parteikommunistischen Schriftstellern betriebene »Be- wahrung gültigen ästhetischen Maßes« gegangen, zum anderen „dem faschistischen Deutschland die Tradition großer bürgerlicher Tradition streitig zu machen und sie als ratur-Doktrin verwendet für sympathisierende Künstler, die sich nicht direkt der Parteidisziplin unter- werfen. 151 vgl. Stephan 1994:362f.; Gallas 1971: passim. 152 Die Deutsche Länderkommission der IVRS/BPRS wird Ende 1935 zur Deutschen Sektion des Sowjetischen Schriftstellerverbandes, vgl. Mayer 1994:204. 153 vgl. auch Reichsarbeitskonferenz des BPRS (25.-26.06.1932), ›Umstrukturierung‹ und ›Produktions- kollektive‹, Lefèvre 1980:117. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 52 ›Erbe‹ einer künftig in Deutschland zu etablierenden sozialistischen Demokratie zu reklamieren“ , und weiter: Aber auch die Autoren, die vor 1933 aus aufklärerischen Intentionen operationale Schreibweisen entwickelt hatten, zeigten in der Emigration wenig Neigung, auf diesem Felde weiter zu experimentieren. Eben aufgrund ihrer Wirkungsabsicht re- flektierten sie auf ihre durch Gegenstand und Gegner bedingten »Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit« und damit vor allem auf die extrem ungünstigen Rezeptionsbedingungen einer Literatur im Exil und gelangten auf diese Weise zu verstärkter Verwendung realistischer Stilelemente. Sie bewegten sich damit aus ihren Gründen auf den eher doktrinären Realismus zu, den Georg Lukács u. a. in der Expressionismus-Debatte als einzig adäquate Schreibweise propagierten (Ro- termund 1994:190). An späterer Stelle werden hier noch auf die Gründe für die sittsame Anwandlung der kommunistischen Literaturstrategen zu Humanismus und bürgerlichem Erbe (vgl. 3.2.1) und zum projektierten Charakter der sozialistischen Demokratie, sowie die Ex- pressionismus-Debatte (vgl. 3.2.5) behandelt werden, denn am obigen Zitat sind an dieser Stelle vor allem die sogenannte geringe ›Neigung‹ der linken Emigranten ›zum Experimentieren mit operationalen (d. h. proletarisch-agitatorischen) Schreibweisen‹ interessant. Richtig ist, dass der operationalen Literatur i. e. S. das deutsche Arbeiter- publikum abhanden gekommen war, und sich insofern die Frage der Wirkungsabsicht neu stellte. Doch schon die Nennung der Debatte um den Expressionismus, die Ro- termund in etwa als einen Versuch, der sowjetischen Literaturpolitik Geltung zu ver- schaffen, bezeichnet (1994:216), lässt hoffen, das Wort von der Vorliebe und ihrer Tendenz sei ironisch gemeint, hätte sich der Autor doch sonst vor dem Euphemismus im Zusammenhang mit Experimentellem zurückhalten müssen, wo ihm die doktrinä- ren Gründe gegen die proletarischen (und avantgardistischen) Schriftsteller durchaus klar sein dürften; die »Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit« waren zwar vor allem von Gegenstand und Gegner bedingt, daneben jedoch durch die eigene Partei: Traditionsgebundenes Kunstdiktat der ›schöpferischen Methode‹ und neu definierte Wirkungsabsicht, Aufhebung der relativen Autonomie der proletarischen Schriftstel- lerbünde und ein umdefiniertes Parteilichkeitsprinzip im Bündnis. 3.1.4 Die Frage der parteilichen Bindung Hieß es bei Frenzel noch, nach Lenin dürfe die Literatur »keine von der allgemeinen Sache des Proletariats unabhängige, individuelle Angelegenheit« sein, sie müsse be- wusste »Parteilichkeit« üben, so gerät bei Lefèvre die Frage der ›parteilichen Bin- dung‹ »zum Prüfstein für die Stellung des oppositionellen Schriftstellers in der Klassenfront«, die vor allem von den kleinbürgerlich-oppositionellen Schriftstellern als unvereinbar mit künstlerischem Schaffen angesehen würde.154 Im Exil wird diese Frage einen wesentlichen Umstand des literarischen Bündnisses bilden (vgl. 3.2.1). 154 s. nochmals Frenzel 1998:570f., Lefèvre 1980:28. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 53 Wo bei Frenzel noch von ›Parteilichkeit‹ der Literatur die Rede ist, gerät der Stand- punkt im zweiten Falle zur ›parteilichen Bindung‹ der Literatur, zur Parteiautorität über die Literatur. Beide Autoren beziehen sich hierbei unausgesprochen auf einen Artikel Lenins aus dem Jahre 1905 unter dem genauen Titel Parteiorganisation und Parteiliteratur. 155 In diesem polemisierenden Artikel verteidigt Lenin das Prinzip der Parteiliteratur, will heißen, der Literatur in der Partei, gegen Auffassungen aus der eigenen Partei, nur kurze Zeit nachdem die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) im Rahmen der revolutionären Ereignisse des Jahres zum ersten Mal organisatorisch und publizistisch aus der Illegalität heraustrat. Dieser Umstand ist nicht völlig neben- sächlich, da es in erster Linie darum geht, den ideologischen Kampf innerhalb der ge- samten Partei nach außen hin zu differenzieren, erkennbar zu machen und abzugrenzen, was in der Illegalität nicht in dieser Form möglich gewesen war: Solange ein Unterschied zwischen illegaler und legaler Presse bestand, wurde die Frage, was als Partei- und was nicht als Parteiliteratur zu betrachten ist, äußerst einfach und äußerst falsch und unnatürlich gelöst. Die gesamte illegale Presse war Parteiliteratur, wurde von Organisationen herausgegeben und von Gruppen gelei- tet, die so oder anders mit Gruppen praktischer Parteiarbeiter in Verbindung standen. Die gesamte legale Presse war keine Parteiliteratur, weil die Parteien verboten waren – aber sie „tendierte“ zu der einen oder anderen Partei. Unnatür- liche Bündnisse, anormale „Ehen“, falsche Aushängeschilder waren unvermeidlich (zit. n. Koch 1987:427f). […] Die Literatur kann jetzt sogar „legal“ zu neun Zehnteln Parteiliteratur sein. Und sie muss Parteiliteratur werden. Im Gegensatz zu den – bürgerlichen Sitten, im Gegensatz zur bürgerlichen Unternehmer- und Krämerpresse, im Gegensatz zum bürgerlichen Karrierismus und Individualismus in der Literatur, zum Edel- anarchismus“ und zur Jagd nach Gewinn muss das sozialistische Proletariat das Prinzip der Parteiliteratur aufstellen, dieses Prinzip entwickeln und es möglichst vollständig und einheitlich verwirklichen (zit. n. Koch 1987:428). Und schließlich geht es auch in bestimmter, Leninscher Manier um das Wesen von Parteilichkeit und Freiheit des literarischen und künstlerischen Schaffens überhaupt. Er polemisiert gegen den »bürgerlich-intellektuellem Individualismus« und seine »Hysterie«, warnt aber – ob aus Erfahrung oder Vorahnung – vor mechanischer Gleichmacherei, Nivellierung und schablonenhafter Gleichsetzung der allgemeinen und der literarischen Parteiarbeit: […] Die literarische Tätigkeit muss zu einem Teil der allgemeinen proletarischen Sache, zu einem „Rädchen und Schräubchen“ des einen einheitlichen, großen so- zialdemokratischen Mechanismus werden, der von dem ganzen politisch bewuss- ten Vortrupp der ganzen Arbeiterklasse in Bewegung gesetzt wird. Die literarische Betätigung muss ein Bestandteil der organisierten, planmäßigen, vereinigten so- zialdemokratischen Parteiarbeit werden. „Jeder Vergleich hinkt“, sagt ein deutsches Sprichwort. So hinkt auch mein Ver- gleich der Literatur mit einem Schräubchen und der lebendigen Bewegung mit ei- nem Mechanismus. Es werden sich sogar sicher hysterische Intellektuelle finden, die ein Geschrei erheben ob eines solchen Vergleichs, der den freien Kampf der Ideen, die Freiheit der Kritik, die Freiheit des literarischen Schaffens usw. usf. 155 Lenin, W. I.: »Parteiorganisation und Parteiliteratur«. In: Nowaja Shisn, Nr.12, 13. November 1905, vgl. Lenin, Werke, 10: 29-34.; zit. n. Koch 1987:427-433. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 54 herabwürdigt, abtötet, „bürokratisiert“. Ein solches Geschrei wäre im Grunde nur der Ausdruck von bürgerlich-intellektuellem Individualismus. Kein Zweifel, das li- terarische Schaffen verträgt am allerwenigsten eine mechanische Gleichmacherei, eine Nivellierung, eine Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit. Kein Zweifel, auf diesem Gebiet ist es unbedingt notwendig, weiten Spielraum für persönliche Initiative und individuelle Neigungen, Spielraum für Gedanken und Phantasie, Form und Inhalt zu sichern. Das alles ist unbestritten, aber das alles beweist le- diglich, dass der literarische Teil der Parteiarbeit des Proletariats den anderen Tei- len der Parteiarbeit des Proletariats nicht schablonenhaft gleichgesetzt werden darf. Das alles widerlegt keineswegs die in den Augen der Bourgeoisie und der bürgerlichen Demokratie fremdartige und seltsame These, dass die literarische Tätigkeit unbedingt und jedenfalls ein mit den anderen Teilen untrennbar verbun- dener Teil der sozialdemokratischen Parteiarbeit werden muss. Die Zeitungen müssen Organe der verschiedenen Parteiorganisationen werden. Die Literaten müssen unbedingt Parteiorganisationen angehören. […] (zit. n. Koch 1987:429) Wie in Hinblick auf Lefèvre festzustellen ist, bezieht sich Lenin stets auf die inner- parteiliche Haltung, ohne die »Frage der parteilichen Bindung« an sich »zum Prüf- stein für die Stellung des oppositionellen Schriftstellers in der Klassenfront« zu ma- chen, sondern ‚allein’ für den sozialdemokratischen oder kommunistischen in der Parteiorganisation. Lenin ist sicherlich weit davon entfernt, eine absolute Freiheit in der Kunst anzunehmen, die er angesichts der zaristischen und der kapitalistischen Verhältnisse als „eine bürgerliche oder anarchistische Phrase“ zu bezeichnen pflegt; Parteilichkeit allein besteht für ihn darin, der »heuchlerisch freien, in Wirklichkeit aber mit der Bourgeoisie verbundenen Literatur die wirklich freie, offen mit dem Pro- letariat verbundene Literatur gegenüberzustellen« (ebd.).156 Wie oben bereits ange- deutet muss Lenins Artikel als tagespolitische Diatribe und nicht als Grundlage einer marxistischen Literaturtheorie i. e. S. gelesen werden.157 Um die Bandbreite der marxistischen Haltungen zur Parteilichkeit und Rolle der Par- tei in der Literatur deutlich zu machen, vor allem jedoch, um die weitverbreitete und ungeprüfte Auffassung zurückzuweisen, es gäbe nur lediglich eine einzige, bietet es sich an, noch einmal kurz auf den zuvor zitierten Zeitgenossen Lenins, auf Trotzki, zu- rückzukommen, dessen Standpunkt nach der Charakterisierung Lefévres wohl eher als kleinbürgerlich charakterisiert werden müsste, wenn er – in diesem Fall ähnlich wie Bogdanow – behauptet, das Gebiet der Kunst sei nicht das Feld, wo die Partei zu kommandieren berufen sei: 156 Engels empfahl der dt. Sozialdemokratie, in einer vergleichbaren Situation, nach den Sozialistenge- setzen, jedoch im Gegensatz zu Lenin 1905 „innerhalb des Parteianstandes“ einen absolut freien Um- gang mit der öffentlichen und innerparteilichen Diskussion: „Ihr müsst absolut eine Presse in der Partei haben, die vom Vorstand und selbst Parteitag nicht direkt abhängig ist […] (MEW 38:517); s.a. ders. MEW 38:94. 157 George Bisztray (Marxist Models of Literary Realism. New York, 1978) deutet es als symptomatisch und zugleich sehr philologisch als ›Problem der Unschärfe‹, welches zur »Untauglichkeit« von Lenins Begriff der Parteilichkeit führe, wenn späterhin zwei diametral entgegengesetzte Positionen (absolute Partei- bzw. relative Klassenparteilichkeit) von ihm abgeleitet wurden… Er verkennt damit jedoch den politisch-strategischen Charakter der ›Parteilichkeit‹ in stalinistischen Organisationen, um ihn mit ei- nem festen theoretischen Prinzip oder Theorem zu verwechseln. Brecht und andere kommunistische Künstler beantworteten das Theorem, indem sie Sorge trugen, nie als Vollmitglieder einer KP geführt zu werden. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 55 […] Die marxistische Methode gibt die Möglichkeit, die Entwicklungsbedingungen der neuen Kunst zu beurteilen, alle ihre Veränderungen zu verfolgen und durch kritische Verfolgung der Wege die fortschrittlichsten zu fördern – aber auch nicht mehr. Ihre Wege muss die Kunst auf eigenen Füßen zurücklegen. Die Methoden des Marxismus sind nicht Methoden der Kunst. Die Partei ist Führerin des Proleta- riats, aber nicht des historischen Prozesses. Es gibt Gebiete, wo die Partei unmit- telbar und gebieterisch leitet. Es gibt Gebiete, wo sie kontrolliert und fördert. Es gibt Gebiete, wo sie nur fördert. Es gibt schließlich Gebiete, wo sie sich nur orien- tiert. Das Gebiet der Kunst ist nicht das Feld, wo die Partei zu kommandieren be- rufen ist. Sie kann und soll schützen, fördern und nur indirekt leiten. […] Jedenfalls kann die Partei nicht den Standpunkt eines Literaturzirkels einnehmen, der gegen andere Literaturzirkel kämpft oder mit ihnen einfach konkurriert. Die Partei kann es nicht tun und wird es nicht tun. Die Partei steht auf dem Wacht- posten der geschichtlichen Interessen der Klasse in ihrer Gesamtheit. Indem sie bewusst und schrittweise die Voraussetzungen für die neue Kultur und somit auch die neue Kunst vorbereitet, behandelt sie die literarischen Weggenossen und Mit- läufer nicht als Konkurrenten der Arbeiterschriftsteller, sondern als Helfer der Ar- beiterklasse, wirkliche oder mögliche Helfer im Aufbauwerk von allergrößten Dimensionen. Die Partei versteht das Episodenhafte der literarischen Gruppen der Übergangsperiode 158 und wertet sie nicht vom Standpunkt der individuellen Klas- senzeugnisse der Herren Literaten, sondern vom Standpunkte des Platzes, den diese Gruppen in der Vorbereitung der sozialistischen Kultur einnehmen oder ein- nehmen können. Wenn sich der Platz der betreffenden Gruppe momentan noch nicht bestimmen lässt, so kann die Partei als Partei wohlwollend und aufmerksam … abwarten. Die einzelnen Kritiker oder einfachen Leser können ihre Sympathien im Vorhinein dieser oder jener Gruppierung schenken. Die Partei als Ganzes, die die historischen Interessen der Klasse wahrt, muss objektiv und weise sein (Trotzki 1924:102f).159 Lenin und Trotzki zeichnen sich in unterschiedlichem Maße dadurch aus, dass sie der Kunst und Literatur bestimmte Privilegien der Freiheit zugestehen. Die historischen Entwicklungen in der Sowjetunion und in der III. Internationale werden jedoch auch diese dezimieren.160 158 Gemeint sind hier die zuvor im Text genannten Futuristen, Proletkultler und Serapionsbrüder. Die letztere ist eine nach dem Vorbild der Serapionsbrüder von E. T. A. Hoffmann 1921 in Petrograd ge- gründete literarische Gruppe, die weder in stilistischer Sicht noch in politischer Sicht eine Einheit dar- stellte. Die Theoretiker der Gruppe betonten die künstlerische Selbständigkeit und traten für die Unabhängigkeit der Literatur von der politischen Ideologie ein. Ihre Vertreter waren unter anderen Zamjatin, Soščenko, Tichonow und Ivanov. Unterstützung erhielt die Gruppe von M. Gorki. 159 Trotzki wiederholte auch später noch besonders in Hinblick auf die stalinistische Praxis seine Ma- ximen der unbeschränkten Freiheit der Kunst, vgl. Breton, André / Riviera, Diego / Trockij, Lev D. (1938): « Pour un art indépendant révolutionnaire – For an independent revolutionary art », 25.06.1938, in: Partisan Review, Herbst 1938, gez. André Breton, Diego Riviera; aus taktischen Gründen unterzeichnete Trotzki das Manifest damals nicht. Ebenfalls dt. Für eine unabhängige revolutionäre Kunst, in : Leo Trotzki: Literatur und Revolution. Essen: Arbeiterpresse, 1994; span. Trotski 1969, vol. II: 195-200. 160 Auf die Gefahr einer bloß privilegierten Freiheit wies innerhalb der kommunistischen Bewegung vor allem Rosa Luxemburg hin, als sie gegenüber Lenin und Trotzki darauf bestand: „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der "Gerechtigkeit", sondern weil all das Belehrende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die "Freiheit" zum Privilegium wird“. vgl. Lu- xemburg, Rosa (1922): Die russische Revolution. In. Politische Schriften, Band 3, Kap. IV. Frankfurt/M.: EVA, 1968; 134. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 56 Nachdem bis hier einige von der – wie Bloch sie spöttisch bezeichnete – »approbier- ten« marxistisch-leninistischen Linie abweichenden und ihr teilweise diametral ent- gegengesetzte Standpunkte innerhalb der marxistischen Literaturtheorie grob dargestellt wurden,161 soll im Folgenden versucht werden, die strategisch-taktischen Gründe der angewandten Literaturpolitik der Komintern vor dem Hintergrund der Volksfrontpolitik an einigen Beispielen und Problembereichen des Exils nachzuzeich- nen. 3.2 Von der proletarisch-revolutionären Dichtung zur sozialistisch-realistischen Literatur Hatte die KPdSU für die Zeit der NEP die Bildung gesonderter proletarischer Litera- turorganisationen (IVRS, RAPP) zur Stärkung der Diktatur des Proletariats und seiner kulturellen Konsolidierung unterstützt, so konstatierte das ZK im April 1932 „auf- grund bedeutender Erfolge des sozialistischen Aufbaus“ die Weiterführung besonde- rer Kader der proletarischen Literatur als hinderlich. In dem Maße wie die proletarische Literatur eine breite Massenbasis erreicht habe, bestehe die Gefahr dass die „Eingeschlossenheit der Zirkel“ nunmehr die „Losgerissenheit von den politischen Aufgaben der Gegenwart und von den vielen Gruppen der Schriftsteller und Künstler, die mit dem sozialistischen Aufbau sympathisieren“ kultiviere.162 Mit dem sog. April- Beschluss wurden nicht nur die Auflösung der Organisationen des Proletkults einge- leitet, sondern außerdem die Verhältnisse zu den kleinbürgerlichen intellektuellen Mitläufern aus der Literaturszene neu definiert und zugleich die Doktrin des ›sozialis- tischen Realismus‹ eingeleitet. Die neue Politik in Kunst und Literatur geht einher mit dem inneren Aufbau und der ›Stabilisierung des kollektiven Systems‹ in der Wirtschaft, die offiziell ab dem 17. Par- teitag der KPdSU (1934) die Politik der NEP und der anschließenden forcierten Kol- lektivierung ablöst. Wird ‚politökonomisch’ ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Klassenwidersprüche soweit aufgehoben sind, dass „das Fun- dament der sozialistischen Gesellschaft in der UdSSR bereits errichtet ist“ und mit dem Ausbau des Sozialismus und seiner Stabilisierung begonnen werden kann,163 be- deutet dies kulturpolitisch die ersatzlose Streichung des Begriffspaares ›proletarisch- revolutionär‹, da das Proletariat als besondere Klasse nun nicht mehr existiere und Kunst und Literatur folglich nur noch genuin ›sozialistische‹ Aufgaben haben könn- ten. 161 Für einen knappen aber differenzierten Überblick der Problematik revolutionärer Kultur in der Weimarer Republik, ins besondere in Hinblick auf theoretische Ansätze und Strömungen nicht partei- offizieller Strömungen des Proletkults, vgl. Śliwińska 2000. 162 „Über die Umgestaltung der Organisationen für Literatur und Kunst“. Beschluss des ZK der KPdSU(B) vom 23.04.1932. In: Zs. IL 1932, H. 2; 2. 163 vgl. Stalin (1934): „Bericht auf dem 17. Parteitag der KPdSU“. In: Werke 13, 289. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 57 Im Anschluss an den April-Beschluss von 1932 definierte die 1. Plenartagung des Or- ganisationskomitees der Sowjetschriftsteller (10-11’ 1932) den neuen Kurs in der Lite- ratur. Unter der Federführung von Fadejew und Gronskij unternimmt die Schriftstellervereinigung einerseits eine grundlegende ›Selbstkritik‹ der bisherigen Positionen der RAPP (Fadejew) und proklamiert andererseits die Vollendung der ›Einheitsfront der Sowjetliteratur‹ (Gronskij); als vordringlichste Aufgabe gelte es nun das Problem der ›schöpferischen Methode‹ anzugehen (Fadejew).164 Die ersten Grundsätze des neuen ›sozialistischen Realismus‹ enthält ein zur Plenartagung vor- liegender Artikel unter gleichem Titel.165 Tendenziell wichtiger als proletarische Welt- anschauung und theoretische Erfassung im Sinne des ›Diamat‹ erscheinen Fadejew nunmehr schriftstellerische Erfahrung, Sachkenntnis und Meisterschaft sowie ›künst- lerische Aneignung der Wirklichkeit‹,166 die neue Methode dazu ist laut Fadejew „die Methode des sozialistischen Realismus.“167 Die im sozialistischen Sinne wahrheitsge- treue Darstellung der Wirklichkeit muss sich jedoch der Züge eines ›revolutionären Romantizismus‹ behelfen und seiner typischen Heldengestaltung 168 bedienen, um in der Reflektion der Wirklichkeit die zukünftigen Entwicklungstendenzen, die Perspek- tive der Wirklichkeit… mitzuentfalten, und durch die Gestaltung dieser Perspektive wiederum diejenigen Kräfte zu unterstützen und zu idealisieren, die die zukünftigen Entwicklungen herbeiführen werden: Marx, Engels und Lenin verstanden unter künstlerischem Realismus die Annähe- rung an die objektive historische Wahrheit […] und zugleich den kühnen Flug des Gedankens, den revolutionären und leidenschaftlichen, sich auf die Wirklichkeit stützenden ‚Traum’, der morgen zur realen Wirklichkeit [sic] wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist der sogenannte romantische Durchbruch in die Zukunft eine der Seiten des wahren Sozialismus (Fadejew 1973:52). Die neue realistische Darstellung, in Anlehnung zwar an das bürgerliche Erbe, an den kritischen Realismus der vorrevolutionären Epoche – als höherer Typus einer entwi- ckelteren Epoche jedoch über die früheren hinaus –, bedarf nur noch minderer Ab- grenzung zu den ›Mitläufern‹, denn stand zuvor zwischen diesen und dem Proletariat, deren mangelnde Assimilierung der proletarischen Weltsicht, war es nun die »Praxis des gesellschaftlichen Lebens selbst«, die das Bündnis realisierte, indem das Proleta- riat als solches nicht mehr existierte.169 164 vgl. N.N.: Zusammenfassender Bericht „Aus der Diskussion der erweiterten Plenarsitzung des Or- ganisationsausschusses der Sowjetschriftsteller“. In: Zs. IL 1933, H. 1; 110-117. 165 vgl. Fadejew, Alexander (1932): „Über sozialistischen Realismus“. In: Fadejew 1973:45-57. 166 vgl. Fadejew 1973:48. 167 vgl Fadejew 1973:50. 168 Zur Ausdeutung der Heldengestaltung, insbesondere des späterhin favorisierten ›synthetischen Hel- den‹, eines kollektiven Äschylschen Prometheus, vgl. Lunatscharski 1933:733-735. Man vergleiche die theoretischen Maßstäbe der Tendenzsetzung in der Ausdeutung des Typus und der Zukunftsgestaltung mit Engels Warnung an M. Kautsky, „der Dichter ist nicht genötigt, die geschichtliche zukünftige Lö- sung der gesellschaftlichen Konflikte, die er schildert, dem Leser an die Hand zu geben“ (MEW 36; 394). 169 Offiziell bestätigt und sanktioniert wird diese ›Grundauffassung der gesellschaftlichen Lage‹ jedoch erst in vollem Umfange in Stalins Erläuterungen „Über den Entwurf der Verfassung der UdSSR“ von 1936, in denen es heißt, „dass das Proletariat der Sowjetunion zu einer völlig neuen Klasse, zu der Arbeiter- J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 58 Während sich das Proletariat im Mutterland des Sozialismus per Beschluss in die Sta- linsche Patentschöpfung einer »Arbeiterklasse der Sowjetunion« verwandelte, blieb es in allen anderen, was es war. Gleiches galt für die Schriftsteller der kapitalistischen Länder, die, da ihre Realität allein nicht per se schon als revolutionär betrachtet wer- den konnte, proletarische Schriftsteller, linksbürgerliche Mitläufer oder bürgerliche blieben. Oder wie es im marxistisch-leninistischen Vermittlungsjargon lautet: Für die Sowjetunion galt […] das Problem dadurch als gelöst, dass die Realität selber als proletarisch-revolutionäre Praxis definiert wurde, sodass ein Erfassen der sowjetischen Wirklichkeit gleichsam von selbst die revolutionäre Erkenntnis mit sich brachte. Für die Schriftsteller in den kapitalistischen Ländern blieb diese Frage jedoch offen, denn die die gesellschaftliche Praxis wurde hier vom Wider- spruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat bestimmt, und nur die bewusste Par- teilichkeit für das revolutionäre Proletariat konnte in dieser gesellschaftlichen Lage zu einer Erkenntnis der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung füh- ren (Lefèvre 1980:268). In der mit dem Beginn des Nationalsozialismus zusammenfallenden sogenannten Übergangsphase (1932-1935) von der proletarisch-revolutionären zur antifaschis- tisch-sozialistischen Literaturkonzeption ging es vor allem darum, Strategien zu ent- wickeln, die einerseits dazu dienen mussten, die ablehnende Haltung vieler Proletkultler – wie es zuweilen euphemistisch heißt – ›aufzubrechen‹… und anderer- seits Bündnisse mit bürgerlichen ›Elementen‹ zustande zu bringen, die aufgrund frü- herer Erfahrungen in vorsichtigem Abstand zur Literaturpolitik der Komintern verharrten.170 3.2.1 Parteilichkeit und antifaschistischer Humanismus Bekam für erstere die bürgerliche Literaturtradition in der sog. Theorie des ›sozialisti- schen Realismus‹ durch die Betonung des ›Erbes‹ und der ›schöpferischen Methode‹ ein solches Gewicht, dass die Unterschiede zur proletarischen, kommunistischen Lite- raturpraxis kaum mehr deutlich wurden und in der antifaschistischen Konzeption ver- oder zerschmolzen, musste das Prinzip der Parteilichkeit allmählich vom proleta- rischen in ein humanistisch-antifaschistisches umgedeutet werden. Die ideologische Klammer dieses Bündnis hat der Humanismus auszufüllen, der nunmehr in verschiedenen Abstufungen das proletarisch-revolutionäre Bewusstsein komplettiert und stückweise ersetzt.171 Ähnlich dem sozialistischen Realismus, der wie klasse der Sowjetunion geworden ist [sic], die das kapitalistische Wirtschaftssystem abgeschafft, des so- zialistische Eigentum an den Produktionsmitteln und –instrumenten verankert hat und die Sowjetge- sellschaft auf den Weg zum Kommunismus leitet“ (Stalin 1970:225). 170 vgl. die Polemiken gegen Hiller und Döblin im BPRS-Organ LINKSKURVE (vgl. Gallas 1971:47ff) oder gegen Th. Mann, Döblin, Schickele, St. Zweig wegen ihrer – wohl tatsächlich als opportunistisch zu bezeichnenden – zeitweiligen Distanzierung von K. Manns Zs. DIE SAMMLUNG, in: Zs NDBL Jg.1 1933, H. 3; 130ff. 171 Huß-Michel bemerkt zu diesem ideo–logischen Zusammenhang: „Stalins Proklamation der Wie- derbelebung der Klassik geht Hand in Hand mit der sowjetischen Geschichtsmanipulation und der Propagierung des »Sozialismus in einem Lande«; Humanismus ist ein Synonym für das Sowjetsystem und den »neuen Menschen« des »Stachanowarbeiters«; […]“ (Huß 1987b:122). J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 59 bei Fadejew gesehen, ‚quasi direkt’ aus Marx-Engels-Lenin abgeleitet wird, stehen auch hier die Klassiker wiederum Pate. Anschließend an Marx’ Bemerkung über die Aufhebung der Klassengesellschaft als Beginn der eigentlichen Menschheitsgeschich- te172 werde ausgegangen vom – so steht in einem offiziösen Nachschlagewerk (Buhr 1972, s. u.) – »kategorischen Imperativ« des Proletariats, der nach Marx darin beste- he „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein verlasse- nes, ein verächtliches Wesen ist“ (MEW 1:385).173 Das humanistische Ideengut der Geschichte mit der Arbeiterklasse verbunden zu haben, darin besteht die hier nun- mehr nicht mehr ›revolutionär‹ sondern ›humanistisch‹ genannte Tat von Marx und Engels, welche besonders im sozialistischen Staat [sic!] sich entwickele: Der ›sozialistische Humanismus‹ unterscheidet sich qualitativ von allen vorange- gangenen Formen des Humanismus. Er beruht auf einer neuen sozialen Grundla- ge und entspringt der historischen Rolle der Arbeiterklasse als Schöpfer der sozialistischen Gesellschaft. Auch aller bisheriger Humanismus entsprang be- stimmten Klasseninteressen. Aber während er bisher meist als abstrakter Huma- nismus auftrat, weil er seine Klassengrundlage nicht erkannte oder verhüllte, tritt der sozialistische Humanismus offen parteilich auf. […] Der sozialistische Huma- nismus beruht auf dem Marxismus-Leninismus (Buhr 1972/2:532). Besonders seit der Oktoberrevolution, seitdem der Mensch vom sozialistischen Staat angehalten und verpflichtet werde, seinem humanistischen Anliegen politische Ges- talt zu verleihen, sei der die bisherige Geschichte durchziehende Gegensatz von Hu- manismus und Politik prinzipiell aufgehoben, denn die Nachwirkungen der Oktoberrevolution – darauf habe schon H. Mann hingewiesen – „werden weiterrei- chen, werden endgültig sein“ (ebd. 533). Im Gegensatz zum Humanismus eines H. Mann oder J. R. Becher stehe jedoch jener imperialistische-dekadente Humanismus eines A. Gide 174, der nichts anderes sei als Mythe einer zum Untergang verdammten Klasse und Begründung konterrevolutionärer Menschlichkeit (ebd. 534). Unter dieser Klassifizierung werden auch einige deutsche Schriftsteller von Döblin über Toller bis Joseph Roth sich gelegentlich wiederfinden. In der Diskussion Mitte der 30er Jahre wird es vor allem der oben löblich erwähnte J. R. Becher sein, der öffentlich die These vertritt, alle großen humanistischen und fort- 172 vgl. „Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie“ (1859), in: MEW 13:9. 173 Entlehnt wird hier aus Marx’ Schrift Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung (1843), wo es im Zusammenhang der deutschen kritischen Theorie und Religionskritik heißt: „Radikal sein ist die Sa- che an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst. Der evidente Be- weis für den Radikalismus der deutschen Theorie, also für ihre praktische Energie, ist ihr Ausgang von der entschiedenen positiven Aufhebung der Religion. Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Ver- hältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein ver- ächtliches Wesen ist. Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch den Ausruf eines Franzosen bei einer projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behan- deln!“ (MEW 1:385). 174 Bezogen wird auf den Prométhée mal enchainé (1899). André Gide beteiligte sich 1935 auf Seiten der PCF an der antifaschistischen Volksfront. Nach einem vorsichtig-kritischen Bericht über eine UdSSR- Reise im Jahre 1936 (Retour de l'U.R.S.S) verfiel sein zuvor hoch gelobter Humanismus in Ungnade; vgl. Mann, Klaus (EA1943): André Gide und die Krise des modernen Denkens. Reinbek: Rowohlt, 1984; 227-235. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 60 schrittlichen Ideen um deren Verteidigung es dem bürgerlichen Künstler bisher ge- gangen sei, seien in der Gegenwart auf die historisch fortschrittliche Klasse, auf das Proletariat übergegangen, womit in der großen Krise der bürgerlichen Literatur und Kunst allein dieses als Erbe der revolutionären bürgerlichen Ideen und natürlicher Bündnispartner linksbürgerlicher und antifaschistischer Schriftsteller tauge. Der Schriftsteller, der sich nicht konsequent an die Seite des Antifaschismus und dazu auf die Seite des Proletariats stellt, steht nach dieser Becherschen Dialektik damit auch zugleich außerhalb des eigenen Erbes. Diese Auffassung vom Humanismus wird denn auch in der einen oder anderen Lite- raturgeschichte des Exils wiederzufinden sein, was im Rezeptionskontext des o. g. Zu- sammenhangs keineswegs erstaunt. Erstaunlich ist dies nur, wenn wie im folgenden Beispiel – eingerahmt in die herausgehobene Bedeutung der KPD und die machtpoli- tische Garantie der Sowjetunion –, der kategorische Imperativ des Proletariats und stalinistischer Führungsanspruch unkritisch und unweigerlich in eines zusammenfal- len: Die praktische und ideologische Annäherung an den Kommunismus vollzog in ex- emplarischer Weise Heinrich Mann. Unter den Bedingungen des antifaschistischen Kampfes bedeutete für Heinrich Mann die Synthese von Geist und Tat konkret das Bündnis der progressiven Intel- lektuellen mit der Arbeiterklasse; nur sie habe die revolutionäre Potenz, die Frei- heit im Kampf gegen den Faschismus zu verwirklichen; nur im Bündnis mit ihr könne sich der „Geist“ als Träger der humanistisch-demokratischen Ideen ge- schichtlich verwirklichen. „Die Literatur, ob sie es will oder nicht, ist im Begriffe, ganz und gar sozialistisch zu werden. […] Sie geht unweigerlich zu den Arbeitern, weil bei ihnen die Menschlichkeit geachtet, die Kultur verteidigt wird“ [›Nur das Proletariat verteidigt Kultur und Menschlichkeit‹, 1935] . Nicht nur unkritisch und undistanziert, sondern jedwede reale Strategie zu verkennen oder zu benennen, heißt es, wenn im Anschluss lapidar noch steht: Auf der anderen Seite wandte sich die Kommunistische Partei in programmati- scher Weise dem bürgerlichen Kulturerbe zu und akzeptierte [sic!] die „bürger- lich-humanistischen“ Schriftsteller als Bündnispartner im Kampf gegen den Faschismus (Franke 1988:123). Mit klarerem Blick und deutlichem Hinweis indes beleuchtet Trapp in Hinblick auf einen Artikel Hugo Hupperts und einen weiteren von Hans Günther in der IL 175 die begrifflichen und konzeptionellen Veränderungen in Bezug auf das bürgerliche Erbe und die antifaschistischen bürgerlichen Schriftsteller des Exils, hinter denen er mehr als den Versuch einer realiter politischen Einigung, das Bestreben sieht, auf dem Umweg über den publizistischen Einfluss der linksoppositionellen bürgerlichen Schriftsteller politischen Einfluss auf die Politik des Gesamtexils zu gewinnen 176. Hät- te Trapp einen Blick auf die Protokolle des 1. Allunionskongresses der sowjetischen Schriftsteller (1934) geworfen, so wäre er dort im Abschlussreferat Karl Radeks auf 175 Hugo Huppert: „Ergebnisse und Perspektiven der Literaturbewegung in der UdSSR. Zum I. Plenum der Sowjet- schriftsteller“, sowie Hans Günther: „Die nächsten Aufgaben der IVRS“. In: IL, Jg. 3 1933, H. 1. 176 vgl. Trapp, Frithjof: „Literaturtheorie als Form von Bündnispolitik: Einwirkungen der sowjetischen Literaturpo- litik auf das Exil“: In: Trapp 1983:202. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 61 die höchst offizielle Bestätigung seiner Vermutung gestoßen. Denn dort konkretisiert dieser – als einer der Oberstrategen der III. Internationale – in Antwort auf die anti- faschistischen Bündnisforderungen Bechers und auch Aragons, worin die Komintern die eigentlichen Notwendigkeiten jeder Bündnispolitik sieht. In den faschistischen Ländern, betont Radek, sei es notwendig außer dem Kampf auf breitester Front in ei- ner geschlossenen Phalanx [d. i. der Einheitsfront der Arbeiterklasse], auch Bundes- genossen aus den Reihen des proletarischen Kleinbürgertums [sic!] und seiner intellektuellen Minderheiten anzuwerben, und in der Literatur diejenigen Schriftsteller, die über den Pazifismus zu uns kommen, in ihrem Kampf gegen die Kriegsvorbereitungen der Bourgeoisie zu unterstützen, sie näher zu uns herzuholen und durch das Medium dieser Schriftsteller, jene Teile der Mas- sen zu erreichen, zu denen wir – unsere proletarischen Schriftsteller – bis jetzt noch nicht durchdringen (Schmitt 1974:273).177 3.2.2 ›Einheitsfront‹, ›Volksfront‹, ›Antifaschismus‹ in der stali- nistischen Auffassung von den Aufgaben der Literatur Forderte J. R. Becher noch 1932 als Bedingung für ein Bündnis zwischen kommunisti- schen und bürgerlichen Schriftstellern, einen eindeutigen Klassenstandpunkt an der Seite des Proletariats oder wie es jenerzeit lautete, die Bereitschaft zum Kampf gegen den ›Faschismus in jeder Form‹,178 gegen imperialistischen Krieg und weißen Terror sowie den kämpferischen Einsatz für den sozialistischen Aufbau und den Schutz der Sowjetunion,179 so wird ein Jahr später, nach der nationalsozialistischen Machtergrei- fung, die Teilbedingung des Eintretens für den sozialistischen Aufbau fallengelassen. Im Geleitwort der ersten Ausgabe der NEUEN DEUTSCHEN BLÄTTER (NDBL) heißt es nun schlicht, Literatur von Rang könne nur antifaschistisch sein, und abgeschwächt: auch wenn man nur im Proletariat die wirkliche Kraft zur Überwindung des Faschis- mus sehe, könne im Organ ein jeder, der mitkämpfen wolle, das Wort ergreifen.180 Laut Huß-Michel offenbaren sich damit die NDBL schon als Volksfrontorgan, noch ehe die Volksfront offiziell von der Komintern abgesegnet worden sei (Huß 1987b:115). Ob diese Wende sich jedoch 1933 bereits vollzog, wie die Exilforscherin annimmt, darf zumindest in Teilen bezweifelt werden. Die zentrale These des neuen Bündnisses war erst einmal, dass der Faschismus als spezifische Form der Herrschaft des Kapita- lismus der aktuelle Hauptgegner des Proletariats, aber über dieses hinaus auch all je- 177 Radek, Karl (1934): „Über die moderne Weltliteratur und die Aufgaben der proletarischen Kunst“. I, II. Grundsatzreferat sowie Schlussreferat auf dem 1. Allunionskongress der sowjetischen Schriftsteller 1934. In: Zs. IL 1934, H. 5; I, 3-25; II, 59-69. Ebf. in: Schmitt 1974: I, 140-213; II, 265-280. 178 Die Formel ›Faschismus in jeder Form‹ impliziert hier verdeckt auch den Kampf gegen den sog. ›Sozialfaschismus‹ der Sozialdemokratie, verweigert damit jedwede Zusammenarbeit oder Einheitsfront mit ›Arbeiterverrätern‹. 179 vgl. Lefèvre 1980:226. 180 vgl. Zs. NDBL Jg. 1 1933/34, H. 1; 1f. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 62 ner bürgerlichen und kleinbürgerlichen Schichten geworden sei, die nun zu ihm sub- jektiv in Widerspruch (und in exilisches Elend) gerieten, ohne dass dies auch auf- grund von Partikularinteressen unter parlamentarischen Verhältnissen habe geschehen können. Da das neue Bündnis jedoch nicht aufgrund der ›objektiven Klas- senlage‹ erweitert werden konnte, sondern eben nur aufgrund subjektiver Haltungen, galt es zu unterscheiden zwischen denjenigen, die »neutral und abwartend« den Fa- schismus nur als ‚braunes Geschwür’ ansahen, ohne die gesellschaftlichen und öko- nomischen Gründe zu erfassen,181 und jenen, die – wie W. Herzfelde schreibt – „den Weg zu der heute allein fortschrittlichen Klasse, zum revolutionären Proletariat“ ge- funden hatten (NDBL Jg. 1 1933/34, H. 6: 330f).182 Eine besonders unkritische Übernahme der o. g. Zentralthese, bei tendenzieller Ver- kennung der Widersprüche und der realen Interessenlage, findet man bei einem west- lichen Wissenschaftler, wenn dieser zuerst sehr allgemein erläutert, die Umfunktionierung der Massenkultur durch die NSDAP gegen Demokratie und Libe- ralismus habe zwar die bürgerlichen Schriftsteller zum Widerstand und zum Engage- ment für Ideale wie Vernunft und Moral bewegt, und im Anschluss: Nach der Emigration mussten sich diese Autoren trotz ihres vorigen Ansehens aus materiellen Gründen den Marktgegebenheiten des Kulturbetriebes ihrer Gastlän- der anpassen und fühlten sich isoliert. Die proletarisch-revolutionären Aktivisten nutzten diese Situation aus und versuchten bekannte bürgerliche Autoren wie die Gebrüder Mann als Bündnispartner zu gewinnen. Sie wollten ihre Sympathien für die Sowjetunion wecken mit dem Hinweis, dass sich dort eine neue Kultur der schöpferischen Arbeit entwickle, in der auch die humanistische Literatur integriert werden könne und öffentliche Geltung besitze. Der Einsatz für die Sowjetunion war jedoch in den meisten Fällen persönlicher Natur und nicht politisch oder theo- retisch fundiert; deshalb wurde die Volksfrontpolitik auch nicht nach marxistischer Theorie sozioökonomisch, sondern aus der Geschichte erklärt (Schurer 1982:611). Abgesehen davon, dass sich unser Autor in der deterministischen, banal versimpelten „sozioökonomischen“ Widerspiegelung und ihrem mystifizierten Ausdruck des Wirk- lichkeitsreflexes Stalinscher Reduzierungen verliert (und folglich die realen Ursachen und Beweggründe der Volksfronttaktik verkennt, die keinesfalls nach ›sozio- ökonomischer‹ Bestimmung der Klassenlage oder historisch-materialistischer Be- gründung noch verlangten), scheint ihm auch der Widerspruch nicht aufgegangen, dass es zum einen genau die „proletarisch-revolutionären Aktivisten“ eben nicht wa- ren, welche sich ausgerechnet um „bekannte bürgerliche Autoren“ bemühten, zum anderen gerade die letzteren, die Manns und andere, nicht der Isolation anheimzufal- len drohten und deshalb des Bündnisangebotes als Strohhalm am wenigsten bedurf- 181 Zu dieser Gruppe zählte man Th. Mann, A. Döblin, R. Schickele, J. Roth und viele der Schriftstel- ler, die in der Zs. Maß und Wert zusammenarbeiten sollten. 182 Wie z.B. L. Renn, E. Bloch, später auch H. Mann, L. Feuchtwanger, O. M. Graf. Vielen von ihnen wurde jedoch, obwohl sie „eindeutig ihre Stimme gegen das Dritte Reich erhoben“, ein Steckenbleiben im kampfunfähigen philosophischen Idealismus vorgeworfen und „historische Unzulänglichkeit, das Unvermögen, den deutschen Faschismus einzugliedern in die geschichtliche Entwicklung des Nach- kriegsimperialismus, seine tieferen ökonomischen Wurzeln und seine gesellschaftliche Funktion zu er- kennen […] als Diktatur des Monopolkapitals zu sehen“ bescheinigt. vgl. Ernst Ottwald: „Das gute Beispiel“. In: NDBL Jg. 1 1933/34, H. 6; 373-379; hier: 373. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 63 ten; dass sie folglich meist aus „persönlicher“ Natur, wie etwa Heinrich Mann (oder gerade deshalb nicht, wie Thomas Mann), zur Mitarbeit an der Volksfront bereit wa- ren.183 Dass es meist noch aus der Weimarer Zeit stammende, meist persönliche Be- ziehungen waren, mithilfe derer in vielen Komitees die Volksfrontansätze zustandekamen, ist möglicherweise der Rest an hier verbleibender Substanz und ist Auffassung einiger weiterer Exilforscher.184 Dass es schließlich bei der Entscheidung für die Volksfronttaktik jedoch keineswegs etwa um eine fehlerhafte materialistische Analyse hat gehen wollen, hätte Schurer im Rückblick auf seine einleitenden Worte auffallen müssen. Dort nämlich schreibt er noch, im Mittelpunkt habe zunächst die Diskussion um Begriff und Theorie des prole- tarischen Humanismus (sic!) gestanden, „der seinerzeit von verschiedenen ideologischen Standpunkten aus interpretiert und denunziert wurde, einerseits als taktisches Manöver, um berühmte bürgerli- che antifaschistische Schriftsteller für kommunistische Ziele einzuspannen, ande- rerseits als opportunistische Anpassung an den bürgerlichen Humanismus und Verrat an proletarisch-revolutionären Zielsetzungen“ (ebd.). Erst einmal verbleiben genau deshalb die aus den alten Reihen des BPRS her stam- menden und später als ›ultralinke‹ Tendenz bezeichneten Mitarbeiter der NDBL bei einer Abwandlung der alten Parteitaktik der ›Einheitsfront von unten‹. Diese besteht darin, sozialdemokratisch, linkssozialistisch oder radikaldemokratisch Orientierte durch die praktischen Erfahrungen im gemeinsamen Kampf aus ihren ›reformisti- schen, zaudernden und kompromisslerischen‹ Haltungen und Zusammenhängen zu lösen, um allmählich die Kontrolle über die Bewegung zu konsolidieren. Zu dieser Taktik gehörte weiterhin, den antifaschistisch eingestellten Autoren – in kritischer aber freundlicher Distanz zu anderen bürgerlichen Exilzeitschriften wie DIE SAMMLUNG oder MAß UND WERT – ein zusehends offener auftretendes proletarisches Organ wie die NDBL als Plattform zu bieten und diesem als Korrektiv ein ideologisch härter auf Parteikurs operierendes Blatt wie die INTERNATIONALE LITERATUR (IL) an die Seite zu stellen.185 Die Parteiführung kann auf diese Weise gleichzeitig verschiede- ne außer- und innerparteiliche Tendenzen bedienen, sie kontrollieren und auf den je- weiligen Kurs einpendeln. Nach der Schließung des IVRS-Organs NDBL im August 1935 wird die Zs. DAS WORT als ›Kind der Volksfront‹ nicht nur die Aufmachung der NDBL, sondern auch deren Flügelfunktion übernehmen, jedoch mit einem nicht wei- terhin proletarisch-revolutionären aber dafür nunmehr deutlich auf sozialistischen Realismus ausgerichteten Kurs. Weiterhin behält die IL die Funktion des ›Hexen- 183 Bei Schurers Auslassungen ist allerdings durch einen an entscheidenden Stellen distanzlosen Modus nicht eindeutig festzumachen, ob er hier unhinterfragt den Inhalt des rezensierten Werkes, einer ‚mate- rialistischen’ Revision der Volksfrontliteratur von Heeg (1977), oder eigene Einsichten wiedergibt. 184 vgl. Stephan 1994:406, Landkau-Alex 2004, II: passim. 185 In den ursprünglich dezidiert proletarisch-revolutionär orientierten NDBL schreibt zunehmend ei- ne große Bandbreite von Autoren unterschiedlichster Einstellung, von J. Roth über O. M. Graf und E. Fischer, George Grosz oder W. Mehring sowie L. Feuchtwanger, L. Marcuse bis hin zu A. Seghers und H. Günther, von Sozialdemokraten, Liberalen hin zu Zionisten, Sozialisten und Kommunisten. Der harte Kern der Redaktion um Herzfelde, Becher, Weiskopf und Seghers jedoch steht in enger Ko- operation mit der Redaktion der IL. Wie im Falle der Nachfolgerin DAS WORT, schreibt gut ein Drittel der Autoren für beide Zeitschriften. vgl. Huß-Michel 1987a:28 und 1987b:118f. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 64 hammers‹ und harten Parteiorgans bei, wie man es besonders gut an den Debatten um den Expressionismus, den Realismusbegriff und um den historischen Roman er- sehen kann.186 3.2.3 Der 1. Allunionskongress der sowjetischen Schriftsteller: Festschreibung der Doktrin vom sozialistischen Realismus und Erweiterung der Bündnispolitik der Komintern Die Durchsetzung der sozialistischen Literatur-Doktrin geschah vor allem auf dem 1. Allunionskongress der sowjetischen Schriftsteller (17.08. – 01.09. 1934). Am 17. Au- gust 1934 wird, schon ganz im Zeichen des Personenkults, unter den gigantischen Portraits von Gorki und Stalin die neue Linie der sowjetischen Literaturpolitik höchst offiziell präsentiert und dabei die ›literarische Internationale‹ zelebriert.187 Gleichzei- tig wird die Veranstaltung zu einem Übungsparcours für die neue Parole der Volks- front, von hier ab bis zum Hitler-Stalin-Pakt von 1939. Die Sowjetunion manifestiert ihre Bedeutung als einzige konsequent antifaschistische Staatsmacht. Das offizielle Einleitungsreferat, vom Sekretär des ZK der KPR(B), Andrej Schdanow gehalten,188 lässt von Anfang an erkennen, dass hier mit dem sozialistischen Realis- mus eine neue Grundmaxime der Kunstpolitik kommentiert und seine Anwendung näher ausdiskutiert werden soll, die in Grundzügen bereits in den Statuten der Sow- jetschriftsteller vorliegt.189 Die eigentlichen inhaltlichen Ausführungen zur neuen Kunstdoktrin und zu ihrer Anbindung an das bürgerliche Erbe erfolgen durch Bucha- rin und vor allem durch Radek, der das Grundsatz- sowie das Abschlussreferat halten 186 vgl. dazu die vergleichende Analyse von Huß-Michel 1987a. DAS WORT wird im März 1939 einge- stellt. 187 Von den deutschen Emigranten nehmen u. a. teil: Becher, Bredel, Ehrenstein, Graf, W. Herzfelde, Kisch, K. Mann, Olden, Piscator, Plievier, Regler, Scharrer, Toller, Weiskopf, Wolf. Andere bekannte nicht sowjetische Teilnehmer des Kongresses sind z. B. Aragon, J. R. Bloch, Malraux. Die deutschen und französischen Gastdelegierten waren am stärksten vertreten und leisteten die meisten Beiträge in den Kontroversen zur Abkehr von der proletarisch-revolutionären Literatur (Bredel, Wolf, Weiskopf), der Bündnisfrage (Becher) oder dem Prinzip der Parteilichkeit (Aragon, Bloch, Malraux). Übersichten zum Kongress, aus DDR-Sicht Barck 1979, aus marxistisch-leninistischer im Westen: Lefèvre 1980:287-351, Schmitt 1974;. Dazu ebf. Klaus Manns autobiographischer Bericht in The Turning Point 1942, erweiterte Fassung dt. Der Wendepunkt 1949. 188 Der nach dem Weltkrieg als besonders despotischer und doktrinärer Kulturminister berüchtigte Schdanow wird wegen dieses Referates von vielen westlichen Literaturwissenschaftlern fälschlicher- und unverdienterweise der Ausarbeitung oder Urheberschaft an der Kunstdoktrin des sozialistischen Realismus verdächtigt; vgl. z.B. Emmerich 1994:471. Wohl wissend, dass Schdanow nur in rein proto- kollarischer Funktion auftritt, wird sich – außer Bredel zwecks eines Seitenhiebes gegen Radek – keiner der Kongressredner auf dessen Beitrag beziehen. 189 „Der sozialistische Realismus als Hauptmethode der sowjetischen künstlerischen Literatur und Lite- raturkritik, fordert vom Künstler wahrheitsgetreue, historisch konkrete Darstellung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung. Wahrheitstreue und historische Konkretheit der künstlerischen Dar- stellung müssen mit den Aufgaben der ideologischen Umformung und Erziehung der Werktätigen im Geiste des Sozialismus abgestimmt werden.“ (Schmitt 1974:389f). Zur Schdanov-Rede vgl. ebd. 43-50, bzw. in: Raddatz, Fritz J. [Hg.]: Marxismus und Literatur, Bd. 1. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1969; 350ff J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 65 wird.190 Bucharin, opportuner Gegenspieler Trotzkis auch als Literaturideologe, wird besonders das leninistische Prinzip ›der Parteilichkeit und ideologischen Richtigkeit der Literatur als Maßstab ihrer Beurteilung‹ betonieren; Radek wird sein von vielen Kongressteilnehmern nicht gerade mit Begeisterung aufgenommenes Referat zum Großteil der Verdammung der literarischen Moderne von Joyce bis Proust191 widmen und Parteilichkeit als striktes Prinzip der direkten parteilichen Bindung 192 in der Lite- ratur vertreten, was besonders bei den französischen Gegenrednern J. R. Bloch und A. Malraux, aber auch bei Ilja Ehrenburg und W. Herzfelde auf Widerstand stößt, wäh- rend Gorki, Bredel und Wolf vor allem Radeks Festlegung auf die ästhetische Vorbild- rolle des klassischen und realistischen bürgerlichen Erbes zurückweisen und lediglich als technische Anregung akzeptieren wollen. Radeks enges Verständnis von Partei- lichkeit verbunden mit der alleinigen Alternative entweder »proletarische Revolution oder Faschismus«, einen anderen Weg könne es nicht geben, sowie seine Drohung, wer die Oktoberrevolution und die kommunistische Bewegung nicht als Lösung be- greife, werde, ob er es wolle oder nicht, ein Opfer des Faschismus werden und wer den Kampf um den Sozialismus nicht unterstütze, werde letzten Endes jenseits der Barri- kade stehen,193 ist gegenüber den geladenen Gästen aus dem Ausland ein Beharren auf den bis dahin noch geltenden bündnispolitischen Grundsätzen der Komintern, wie sie diese zu Genüge aus den russischen, französischen, englischen und deutschen Editionen der Zs. IL kennen. Auch Radeks nicht ästhetisch sondern politisch begrün- deter Dekadenzvorwurf impliziert gegenüber den anwesenden linksbürgerlichen Mo- dernisten den des – so die Formel – subjektiv scheinrevolutionären Handelns bei objektiv reaktionärer Wirkung und ist insofern eine taktische Rochade, als er diese Autoren zur Entscheidungsfrage für den Leitungsanspruch der Komintern auch im außersowjetischen Literaturwesen zwingen soll.194 Es wird vor allem J. R. Becher sein, der auf dem Kongress unter programmatischem Titel 195 für ein weiter gefasstes, auf 190 vgl. Radek 1934. Interessanterweise erfolgt in einer ausführlichen Darstellung aus marxistisch- leninistischer Sicht wie Lefèvre (1980:287-351), keine Erwähnung des Redner Bucharin; die bald nach dem Kongress zur Unperson erklärte Figur des Alt-Bolschewiken taucht allein in einer bibliographi- schen Sammel-Anmerkung (911) auf, nicht jedoch in der Bibliographie. 191 Diese Zurückweisung der Moderne bei Radek bedeutet im Falle Joyce exemplarisch die politische Verweisung ›auf die andere Seite der Barrikade‹; vgl. Radek 1934, II in: Schmitt 1974: 279. 192 vgl. Schmitt 1974:159, 198. Interessant ist für deutsche Literaturwissenschaftler bei dieser Rede Ra- deks, aber auch bei der Bucharins und früheren Texten Fadejews, das vieles, was im deutschsprachigen Bereich und besonders in etlichen Darstellungen zur Exilliteratur als eigentlich Lukács’sche Theorie er- scheinen mag, lediglich allgemeine sowjetische Kunstdoktrin war. 193 vgl. Schmitt 1974: 164. 194 Diese von Radek verkündete Position der Komintern war wenige Monate zuvor noch in der IL dem dt. Exil vorexerziert worden, wo Paul Reimann Thomas Mann eine objektiv konterrevolutionäre Rolle zuschreibt (Zs. IL 1934, H. 2; 7-11) und besonders Kurella (Zs. IL 1934, H. 2; 155-158), aus An- lass der Besprechung von Thomas Manns Werk Die Geschichten Jaakobs, unter dem Rezensionstitel »Die Dekadenz Thomas Manns«, das Werk als „Beitrag zur Rückführung des deutschen Volkes in die Barba- rei“ klassifiziert und den Autor als „geistigen Komplizen der Hitlerbarbarei“ bezeichnet (Zs. IL 1934, H. 2; 156, 158). 195 vgl. Becher, Johannes R. (1934): „Das große Bündnis“. Referat auf dem 1. Allunionskongress der sow- jetischen Schriftsteller 1934. In: Schmitt 1974:245-258. Ebf. in: DAdK 1967:591-608. Zwei Jahre später hat sich die von Becher geforderte taktische humanistische Erweiterung bis hin zum Bündnis mit bür- gerlichen Autoren soweit durchgesetzt, dass Lukács in völliger Umkehrung zu Kurellas Haltung von J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 66 dem gemeinsamen Erbe der Ideen des Humanismus basierendes gemeinsames Bünd- nis von kommunistischer Bewegung und bürgerlichem Antifaschismus eintritt, die schöpferischen Ideen der Kunst und die damit einhergehenden Ideen des Humanis- mus und der Zivilisation zu hinreichenden Momenten der Übereinstimmung im ge- meinsamen Kampf gegen den Faschismus erklärt.196 Da die ehemals fortschrittlichen Ideen der bürgerlichen Kunst und Kultur in das Erbe der nunmehr den Fortschritt vertretenden Klasse des Proletariats übergegangen seien, so lautet seine Argumentati- on, müsse der aufrechte humanistische Intellektuelle sich konsequenterweise an die Seite der Revolution gesellen. Wem die großen Namen und Werke der Vergangenheit von Goethe über Hölderlin bis Heine und die klassische Kultur etwas bedeuteten, – wem diese Namen und Werke der Vergangenheit teuer sind, wer das große Er- be retten und reinigen will von der faschistischen Beschmutzung, der wird sehen, dass der Sieg der Arbeiterrevolution das einzige Unterpfand ist für die Wiederher- stellung und Weiterentwicklung des Besten aus dem kulturellen Erbe der Jahr- hunderte (DAdK 1967:606). Zwar betont Becher zuvor, der Humanismus sei in den Händen des Proletariats zwei- fellos reicher und zukunftsträchtiger als die bürgerliche Überlieferung,197 er stellt sich aber indirekt gegen die Haltung Radeks und anderer, die als Voraussetzung eines je- den Bündnisses noch die organisierte Parteinahme für die Oktoberrevolution und die Ziele der Komintern verlangen,198 wenn er ohne Einschränkung die Tagesaufgabe des Antifaschismus in den Vordergrund stellt: Die Aufgabe des Tages, in der sich alles zusammenpresst, ist der Kampf gegen Faschismus und imperialistischen Krieg. Im Zeichen der drängenden Notwendig- keiten des heutigen Tages, im Zeichen des kulturellen Erbes, im Zeichen der Zu- kunft werben wir für den gemeinsamen Kampf aller Feinde des Faschismus, alle Widersacher neuer mörderischer Kriegsgräuel. In diesem Zeichen strecken wir den humanistischen Schriftstellern, den literarischen Vertretern der Vernunft, al- len Suchern der Wahrheit die Hand entgegen (DAdK 1967: 607). Becher betont neben den für einen orthodoxen Marxisten-Leninisten belanglosen Begriffen der ›Vernunft‹ und ›Wahrheit‹ mehrfach die Tagesaufgabe, um auf die Be- deutung der richtigen Taktik hinzuweisen, setzt Anaphern semiotisch vor taktische 1934 Thomas Mann zum Vorbild der realistischen Schreibweise berufen wird, s. »Thomas Mann – über das literarische Erbe« (Zs. IL 1936, H. 5; 55-66). 196 vgl. DAdK 1967:591-608. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass J. R. Becher laut Schiller (1999b: 52) nur wenig früher, noch zu Jahresbeginn 1934, von den Pariser Mitgliedern des BPRS/KPD forderte, angesichts der »starken oppositionellen Strömungen in unseren Reihen«, die »alleinige Schuld der Sozialfaschisten am Kommen des Faschismus« zu betonen und den Kampf gegen den Sozialfa- schismus nicht den Nationalsozialisten zu überlassen. Die hier als ›oppositionelle Strömungen‹ be- zeichneten bestehen »in der Form trotzkistischer Fragestellungen« über den Anteil der KPD an der Niederlage gegen den Nationalsozialismus. Schiller bezieht sich dabei direkt auf Dokumente des Russi- schen Staatlichen Archivs für Literatur und Kunst, Moskau (RGALI, 631/13/48/80 und 86). 197 vgl. DAdK 1967: 604. 198 vgl. hier z.B. Günther 1934, der noch im Heft 5 der IL Heinrich Mann wegen seines Festhaltens am bürgerlichen Demokratiebegriff, der objektiven Unterstützung des Faschismus beschuldigt. Günthers Kritik an H. Mann zielt indirekt auch gegen die bündnisfreundlichere Haltung der NDBL. Hier ist eine deutliche Wende der von Becher geleiteten Zeitschrift abzusehen, die 1936 mit der Entfernung und Verhaftung Günthers als abgeschlossen angesehen werden kann… J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 67 Notwendigkeit, Mittel und Ziel, um den Zusammenhang von Antifaschismus, Huma- nismus und Sozialismus zu unterstreichen. In seinem Schlussreferat wird auch Radek sich nach einiger Diskussion Becher diplomatisch annähern und den taktischen Bündnisaspekt besonders in Hinblick auf den literarischen und verlegerischen Ein- flusszuwachs Beachtung schenken.199 Radek akzeptiert Bechers humanistische Aus- weitung des Bündnisbegriffs als taktische solche insofern, als sie gleichzeitig seinen ästhetischen ›Antiformalismus‹ sowie einen auf das bürgerliche Lager erweiterten i- deologischen Anspruch der Komintern begünstigt. Gegen Ende des Kongresses sind damit nebst der offiziellen Bestätigung der sowjetischen Kunstdoktrin auch im Grun- de bereits alle bündnispolitischen Voraussetzungen der humanistisch- antifaschistischen Volksfront geschaffen. Die endgültige Anpassung an den neuen Kurs der antifaschistischen Volksfront geschieht auf zwei weiteren kurz hintereinan- der stattfindenden Kongressen des Folgejahres, auf dem Pariser Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur (21.–25.06.1935) 200 und einen Monat später, auf dem letzten Weltkongress der Komintern (25.07.–20.08.1935), wo die Erweiterung der Einheitsfrontpolitik der Arbeiterparteien zur Volksfrontstrategie unter Einbeziehung antifaschistischer bürgerlicher Kräfte abgesegnet wird. Auf dem VII. Kongress wird nicht nur die antifaschistische Bündniskonzeption und die positive Haltung zum kul- turellen Erbe bestätigt, sondern gleichzeitig ein für Mitglieder der Kommunistischen Internationale bisher ungewohnte Beschwörung von ›Nation und Vaterland‹, ein in dieser Form unbekannter ›fortschrittlicher Nationalbegriff‹ verkündet, der in den 40er Jahren die theoretische Absicherung der nationalen Befreiungsbewegungen ge- währen und – im Falle Deutschlands – des ›Nationalkomitees Freies Deutschland‹, im Literarischen schließlich der ›Nationalliteratur‹ der DDR bilden wird.201 Im An- schluss wird auf der sog. Brüsseler Konferenz der KPD in Kunzewo bei Moskau (03.- 15.10.1935) die Einheitsfrontpolitik offiziell neuer Kurs der deutschen Partei 202 und damit zugleich anerkannt, „dass sich ein solches Bündnis mit der Sozialdemokratie darauf zu beschränken habe, einen bürgerlich-demokratischen Vielparteienstaat mit kapitalistischer Wirtschaftsordnung wiederherzustellen“ (Abendroth 1975:138).203 Mit den Beschlüssen des VII. Weltkongresses und der Brüsseler Konferenz wird die – wie es in der späteren Geschichtsschreibung heißt – zuvor extrem »subjektivistische und 199 vgl. hier noch einmal unter dieser Perspektive Schmitt 1974:273. 200 vgl. Klein 1982b: passim. 201 vgl. Dimitrow (1935:126-128): Zur Frage von Nation und Vaterland. 202 vgl. Ulbricht 1969:112-128; hier bes. 123. 203 Nach dem Krieg wird die KPD (Aufruf vom 11.06. 1945) zu einer parlamentarisch-demokratischen Republik aufrufen. Begründet wird dies nicht mit taktischen Entscheidungen, sondern mit der spezifi- schen historischen Entwicklung Deutschlands, die im dialektischen Verhältnis von bürgerlicher und sozialistischer Revolution einen Sonderweg zum Sozialismus verlange. Aufgrund der unvollendeten Weimarer Entwicklung und des Faschismus müsse zunächst die bürgerliche Revolution zu Ende ge- führt werden. Im Unterschied zu den ›Volksdemokratien‹ Osteuropas wird die Übergangsphase nicht als historische Form der Diktatur des Proletariats gedacht, denn der »antifaschistisch-demokratische« Weg bilde zunächst eine eigenständige historische Phase: „Wir sind der Auffassung, dass der Weg, Deutschland das Sowjetsystem [sic] aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland.“ (Schaffendes Volk in Stadt und Land! Männer und Frauen! Deutsche Jugend! Aufruf des ZK der KPD vom 11. Juni 1945. In: Revolutionäre deutsche Parteiprogramme. Hg. Lothar Berthold u. Ernst Diehl. Berlin: Dietz, 1967; 191-200, hier 192. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 68 ultralinke« Einstellung des VI. Weltkongresses (Juli/August 1928) der Komintern aufgegeben bzw. »berichtigt«, die eine sofortige revolutionäre Machtergreifung des Proletariats in den entwickelten Ländern unter Führung der Komintern für möglich gehalten und propagiert hatte. Sie wird durch eine vorher als »rechts-reformistisch« bezeichnete Haltung ersetzt, die weitergehende sozial revolutionäre Ziele einer antifa- schistischen Erhebung ausschließt.204 Diese neue Linie wird auf der Berner Konferenz der KPD (1939) verlängert, indem für die Zeit nach dem Faschismus im Manifest der Konferenz ein Volksfront-Deutschland vordefiniert wird, in welchem zwar nicht mehr die Großbourgeoisie herrschen solle, sondern die Werktätigen, d. h. „die einige Arbei- terklasse,205 vereint mit den Bauern, dem Mittelstand und der Intelligenz in der Volksfront“ (Berthold 1967:178). 3.2.4 Vom Scheitern der Volksfront Die Strategie der deutschen KP ist jedoch nur vor dem Hintergrund der sowjetischen Deutschlandpolitik zu verstehen. Selbst noch nach der formellen Auflösung der Ko- mintern 1943 bestand dasselbe Weisungsverhältnis zwischen Sowjetbürokratie und den ausländischen kommunistischen Parteien wie bereits zu Zeiten der Einführung der Volksfrontpolitik; in der Konsequenz der Politik der friedlichen Koexistenz und des Sozialismus in einem Lande waren nun jedoch andere KPen als die sowjetische vor allem und in erster Linie nur noch Instrumente der Durchsetzung sowjetischer Außenpolitik, wurde ihre Funktion zu der eines Grenzschutzes der UdSSR degradiert. Positive Impulse wird die Volksfrontstrategie Mitte der 30er durch die überwiegend von der sozialdemokratischen und kommunistischen Basis ausgehenden und von den Parteiführungen weitgehend unabhängigen Versuchen der Aktionseinheit im Saar- land (1934-35) erhalten 206 sowie durch das anfangs noch beflügelnde Beispiel der Front Populaire (1936-1937) unter Léon Blum in Frankreich. Auch schon seit den Zei- ten der Weimarer Republik bestehende persönliche Kontakte zwischen Heinrich Mann und anderen Exil-Persönlichkeiten der Republik lassen am Anfang auf einen 204 Dieser neue Kurs sollte sich bald in Spanien zeigen, als die UdSSR als Gegenleistung für Waffenlie- ferungen an die Republik, den Verzicht auf revolutionäre Maßnahmen verlangte, „um nicht den Ge- gensatz zur englischen Politik zu verschärfen“ (Abendroth 1975:140), oder gegen Ende des Krieges, so z. B. 1944 in Griechenland und Italien, wo weitergehende Sozialisierungsforderungen im Rahmen sow- jetischer Bündnisinteressen notfalls auch gegen eigene Parteigänger verhindert wurden; vgl. ebd. 148- 154. Auch in der SBZ standen die sowjetischen Sicherheitsinteressen an einem ›neutralen, demokrati- schen und nicht sozialistischen Gesamtdeutschland‹ bis 1949 gegen die großer Teile der Bevölkerung und der KPD-Basis; vgl. Niethammer 1976: passim. 205 In der neuen Terminologie von der ›einigen Arbeiterklasse‹ oder ›Einheit der Arbeiterklasse‹ – in Abgrenzung zu ›Einheitsfront‹ – ist die Dimitrowsche Voraussetzung für jeglichen konsolidierte Macht der Volksfrontpolitik formuliert, die in der DDR und den Volksdemokratien ihren Niederschlag in der Einheitspartei findet, dem Zusammenschluss von Sozialisten oder Sozialdemokraten und Kommunisti- scher Partei, unter Führung der letzteren; vgl. Dimitrow 1935: passim. 206 Die ersten Bündnisversuche im Sinne der Volksfront, aus Anlass des Saarkampfes und der Saarab- stimmung, gingen nicht von der KPD-Führung, sondern von oppositionellen SPD-Abweichlern um den saarländischen SPD-Vorsitzenden Max Braun und saarländischen Kommunisten aus, vollkommen unabhängig von den Parteiführungen in Moskau (KPD) und Prag (SoPaDe), vgl. Langkau 2004f, Bd. II: passim. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 69 Erfolg des Auschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront hoffen. Leider wird jedoch bald offensichtlich, dass es außer einem grundsätzlichen Antifaschismus keine gemeinsame Basis für einen programmatischen Konsens jenseits einzelner Ak- tionen und Veranstaltungen gab. Altes Misstrauen und alte Spaltungen (Stichworte: Sozialfaschismus-Theorie, Antibolschewismus), die ebenfalls noch aus der Weimarer Zeit herrühren, Apparatschik-Denken und Organisationsegoismus der jeweiligen Par- teibürokraten der Arbeiterparteien, taktische Winkelzüge und Misstrauen, besonders auch beim bürgerlich-liberalen Lager und seinen Exilzeitschriften207, lassen eine Eini- gung nicht zu oder werden durch die Moskauer Schauprozesse und die stalinistischen Säuberungen, sowie durch das tschekistische Vorgehen der Stalinschen Kommissaria- te gegen Anarchisten, POUM-Anhänger und andere im Spanischen Bürgerkrieg noch verstärkt, und schließlich durch den Hitler-Stalin-Pakt (23.08.1939 – 22.06.1941) be- siegelt.208 Angesichts dieser zahlreichen Erschwernisse für ein Gelingen der Volksfront darf als eigentümlich erscheinen, wenn in einem Standardwerk der deutschen Literaturge- schichte in Bezug auf die Gründe ihres Scheiterns zu lesen ist: Trotz der unermüdlichen Aktivitäten von Heinrich Mann und anderen Autoren war die Arbeit im Volksfrontausschuss bereits im Sommer 1937 praktisch gescheitert. Die fehlende Aktionseinheit zwischen den beiden Arbeiterparteien KPD und SPD, die schon 1933 die Machtergreifung Hitlers ermöglicht hatte, lähmte die Arbeit im Ausschuss und machte es den Mitgliedern zunehmend schwer, solidarisch mitein- ander umzugehen. Führende Sozialdemokraten sahen in der Volksfront »keine Schwächung, sondern eine Stärkung des Faschismus«. Ziel des Kampfes könne »nicht die Einheitsfront mit Kommunisten sein, sondern die Liquidierung der kommunistischen Parteien in West- und Zentraleuropa« (R. Hilferding). Der offi- zielle Rückzug der Sozialdemokraten aus dem Volksfrontausschuss war das trau- rige Ende der Volksfrontpolitik, die mit so großen Hoffnungen begonnen worden war (Stephan 1994:406). Während es selbst bei dem an dieser Stelle mehrfach kritisierten Franke heißt, neben Divergenzen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten über die Aktionseinheit hätten die Ereignisse in der Sowjetunion und der deutsch-sowjetische Nichtangriffs- pakt 1939 der Einheitsfront den Boden entzogen (1988:125), lässt Stephan den Ein- druck entstehen, als trage letzten Endes vor allem doch der Hilferdingsche Parteivorstand der SoPaDe die Verantwortung für das Scheitern. Verstärkt wird dieser Eindruck einer im Rahmen literaturgeschichtlicher Darstellung doch zumindest halbseitigen Beugung, wenn gleichfalls in der sich hier direkt an- schließende Darstellung des Exilengagements im Spanischen Bürgerkrieg und seiner Bedeutung für die Volksfrontbemühungen jedweder Hinweis auf jenes o. g. stalinisti- 207 vgl. Langkau-Alex 2004, Bd. 2: passim, Huß 1987b zu NEUES-TAGE-BUCH, AUFBAU, PARISER TAGEBLATT, LONDONER DEUTSCHES WOCHENBLATT, MAß UND WERT, DEUTSCHE BRIEFE, DER DEUTSCHE WEG usw. 208 Zur Untersuchung des Scheiterns vgl. aus unterschiedlichen Perspektiven Langkau 2004f, Schmidt 2002, Schmidt 1999, Holz 1997, Kantorowicz 1978, Langkau 1977, Pech 1974, Wegmüller 1972. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 70 sche Vorgehen hinter der Bürgerkriegsfront fehlt, das zum Scheitern der Volksfront mit beitrug.209 Der oben genannte Hitler-Stalin-Pakt stellte gegenüber der Volksfront „kommunisti- sche Mitglieder nicht nur vor gravierende Loyalitätsprobleme“ (Feilchenfeldt 1986:69); er führt ebenfalls dazu, dass z.B. im Fall der in Moskau erscheinenden IL „mit dem Septemberheft 1939 […] jede kritische Auseinandersetzung mit dem Natio- nalsozialismus aus der Zeitschrift“ entschwand oder der Abdruck von Deutschland- romanen des Exils wie z.B. Anna Seghers’ Das siebte Kreuz gestoppt wurde (Wächter 1973:104), die ‚Rücksicht’ des Stalinregimes ging sogar über den Index hinaus: In der Bibliothek für ausländische Literatur in Moskau lagen nun statt der Emig- rantenzeitungen häufig Nazi-Zeitungen aus, und manche antifaschistische Roma- ne deutscher Emigranten waren aus der Bibliothek entfernt worden. Das Wort ›Faschismus‹ kam in der Sowjetpresse überhaupt nicht mehr vor. Es war, als hät- te es nie einen Faschismus gegeben (Leonhard 1955:65). 3.2.5 Literaturpolitik und Bündnispolitik in der Expressionismus- Debatte In dem Maße, wie der Aufbau des ›Sozialismus in einem Lande‹ in der UdSSR die po- litische Liquidierung der Arbeiterklasse und kohärenterweise auch die des Proletkults verlangte, theoretisch die Diktatur der Arbeiterklasse durch die über sie ersetzt wurde, hatte unter der deutschen Emigration Lukács als einer der maßgeblichen konservati- ven Theoretiker stalinistischer Kulturpolitik begonnen, ein traditionalistisches Kon- zept des Realismus unter sozialistischem Vorzeichen gegen eine eigenständige proletarisch-revolutionäre Literatur und Aneignung der Moderne auszubauen.210 In- nerhalb des mitteleuropäischen und besonders des deutschen Kontexts sollte Lukács’ theoretische Untermauerung der Doktrin bis zum 4. Schriftstellerkongress der DDR 1956 eine gewisse Monopolstellung einnehmen.211 209 vgl. Stephan 1994:406f. Siehe hier auch in dieser Arbeit Abschnitt 4.2 210 Ausführliche und differenzierte Darstellungen der Lukács’schen Auffassung, unter gleichzeitiger Darstellungen der Gegenpositionen vor allem Blochs und Brechts finden sich bei Stephan 1994:409f im Rahmen einer Darstellung der Expressionismus-Debatte; innerhalb des gleichen Kontextes und in fast gleichartiger Form bei Franke 1988:126-128. Andere Darstellungen verzichten auf eine gesonderte Referierung der theoretischen Positionen Lukács’ oder bezweifeln den Anschein der planmäßigen Ge- schlossenheit des philosophisch-ästhetischen Systementwurfs, um auf seine zeitbezogen-pragmatischen Anstöße hinzuweisen (Trapp 1983a:177-180); Ausgerechnet in der marxistisch-leninistischen Darstel- lung von Literaturtheorie und –praxis bei Lefèvre (1980:passim) fehlt jedwede Darlegung und Gegen- überstellung der Lukács’schen Positionen (aber auch der Gegenentwürfe Brechts und Blochs) zu den von ihm ausführlich beschriebenen sowjetischen und KP-internen Positionen. 211 Dass Lukács in diesem Jahr in Ungnade fällt, liegt jedoch nicht allein am Schriftstellerkongress. Er- wurde 1956 als »intellektueller Anstifter« des Petöfi-Zirkels und des Budapester Aufstandes, als Kul- tusminister der Regierung von Imre Nagy verhaftet, mit dem er am 22.11.1956, nach der Niederschlagung des Aufstandes, nach Rumänien deportiert wurde. Da er jedoch gegen Nagys Lossa- gung vom Warschauer Pakt gewesen war, wurde er nicht wie letzterer durch Erhängen hingerichtet. Während L. in fast allen Werken zur Exilliteratur genannt wird, oft sogar in Überschätzung seiner rea- J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 71 Die objektive Stellung und der Rang eines Kunstwerkes ergibt sich bei Lukács aus der vermittelten Anschauung dessen, was er die Totalität der Wirklichkeit nennt, der Ge- samtheit von zu erfassender Oberflächenerscheinung einerseits und ihrem Wesen, will heißen, den ihr zugrundeliegenden historischen Kräften zum anderen.212 Wo in der Kunst die Oberfläche der Wirklichkeit chaotisch, atomisiert und von den Widersprüchen zerrissen erscheint, die Kunst auf der Widergabe von Oberflächener- scheinungen stehenbleibe, ist sie bei Radek und hier auch nach Lukács subjekti- vistisch, trägt sie und reflektiert sie entweder nur abstrakte naturalistische Reflexe oder subjektivistisch-formalistische Splitter eines spätbürgerlichen (d. i. von der Ideo- logie her imperialistisch deformierten und dekadenten) Bewusstseins, das unfähig ist, hinter den Erscheinungen die Bewegungsgesetze der gesellschaftlichen Entwicklung zu erfassen, und in der Folge ohnmächtig auf der Ebene der Unmittelbarkeit ste- henbleibt oder in leere Innerlichkeit zurückfällt.213 So wie der Naturalismus abstrakte und ziellose Kunst produziere, so reagiere die Mo- derne erkenntnistheoretisch nur subjektivistisch auf die Welt, seien beide somit Aus- druck einer dekadenten Auflösung der traditionellen Kunstformen, die Lukács allein als organisch gewachsene und der Totalität der Wirklichkeit gerechte Darstellung er- scheinen wollen.214 Zur Geschlossenheit der vermittelten Anschauung von der dialek- tischen Totalität verlangt es nach jener tragenden Form der Romanfigur, die schon Fadejew zur typischen Heldengestaltung des ›revolutionären Romantizismus‹ erklär- te, und die auch bei Lukács in der Verbindung von Individualität und Universalität die allgemeine Gesetzmäßigkeiten in einer konkreten Form darzustellen vermag: dem seiner selbst und der gesellschaftlichen Lage bewussten, die historische Perspektive weisenden Typus.215 Lukács’ schematische Herausstellung der perspektivischen Abbildung objektiver To- talität wie sie allein im »unzerfallenen objektiven Realismus« traditioneller Kunst stattfinde, nennt Bloch „einen dreifach epigonalen Klassizismus, der sich auch noch ›sozialistischer Realismus‹ nennt und so administriert wird“ (Bloch 1962:273), und Adorno konstatiert: Grenzt Lukács seinen Realismus vom Naturalismus ab, so versäumt er, Rechen- schaft davon zu geben, dass der Realismus, wenn der Unterschied ernst gemeint ist, mit jenen subjektiven Intentionen notwendig sich amalgamiert, die er wieder- um aus dem Realismus verscheuchen möchte. Überhaupt ist der von ihm inquisi- len politischen Bedeutung, ist es grob auffallend, dass er ab den 60ern offensichtlich als Unperson in explizit marxistisch-leninistischen Darstellungen der Exilzeit mit keinem Wort erwähnt wird oder gar etwa in den Literaturangaben erscheint (vgl. Anm. 208). 212 vgl. „Kunst und objektive Wirklichkeit“. In: Lukács 1971. 213 vgl. Lukács 1934. 214 Impliziert ist hier Lukács’ Auffassung der Widerspiegelungstheorie als Kern des sog. ›dialektischen Materialismus‹ (Diamat). Seine Übertragung des erkenntnistheoretischen Begriffs der Widerspiegelung auf die Ästhetik wurde von Bloch, Benjamin und Adorno verschiedentlich als mechanisch, als idealisti- scher Mystizismus (Bloch), Vulgärmaterialismus (Adorno) oder selbst als Formalismus (Brecht) be- zeichnet, besonders wo er annähme, die Kunst könne objektive historische und gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten eigenen festen Formgesetzen entsprechend mehr oder weniger unmittelbar und vergleichbar der Wissenschaft widerspiegeln. 215 vgl. Lukács 1938b:passim. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 72 torisch zum Richtmaß erhobene Gegensatz realistischer und »formalistischer« Verfahrungsweisen nicht zu retten. Erweist sich die objektive Funktion der Form- prinzipien, die Lukács als unrealistisch und idealistisch Anathema sind, so sind umgekehrt die von ihm unbedenklich als Paradigmen hochgehaltenen Romane des früheren neunzehnten Jahrhunderts, Dickens und Balzac, gar nicht so realis- tisch. Dafür mochten sie Marx und Engels in der Polemik gegen die zu ihrer Zeit florierende, marktgängige Romantik halten. Heute sind an beiden Romanciers nicht nur romantische und archaisch vorbürgerliche Züge hervorgetreten, sondern die ganze ›Comédie humaine‹ von Balzac zeigt sich als eine Rekonstruktion der entfremdeten, nämlich vom Subjekt gar nicht mehr erfahrenen Realität aus Phan- tasie (Adorno 1974:264f).216 Wenn Lukács die konkreten Gattungsformen der bürgerlichen Literatur auf dem Entwicklungsstand des 18. und 19. Jahrhunderts als realistische Schreibweise ›an sich‹ und im Kontext der sozialistischen und antifaschistischen Literaturen als realis- tische Schreibweise ›für sich‹ postuliert, so setzt er damit im Sinne der historischen Dialektik nicht nur mechanistisch alte gegen neue Techniken, um diese dann als for- malistische Spielarten zu negieren, sondern er entdeckt sich zugleich in seiner unhis- torischen Fetischisierung konkret historischer Formen217 als der Geist, den er versteht, als Formalist, dem der historisch konkrete Gegenstand gegenüber der abs- trakten Methode bloß zum sekundären Element gerät. Dass Lukács' Literaturtheorie vornehmlich eine doktrinäre und ausgrenzende Funkti- on hat, wird in der sogenannten Expressionismusdebatte, die in der Zeit des Exils laut vielen Quellen einen zentralen Stellenwert einnimmt218, besonders deutlich. Lukács hatte schon im Jahre 1933 in »Größe und Verfall des Expressionismus«219 seine Auf- fassung von Kunstdoktrin exemplifiziert, indem er den Expressionismus im Partei- kampf gegen die SAP als Beispiel für eklektischen Opportunismus, hier im Falle ihrer Vorläufer, der Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD 1917-1931), definierte: Die ideologische Aushöhlung des Begriffs der Revolution — ‚reiner’ Kapitalismus, ,reine’ sozialistische Revolution — steht im engsten Zusammenhang mit der rech- ten und linken opportunistischen Politik. Die vollkommene Entleerung des Begrif- fes Revolution bei den Expressionisten ist freilich die extremste Steigerung dieser Bestrebungen, bei der verschiedene politische Schattierungen sich eklektisch vermischen können (Lukács 1933).220 216 Bloch nimmt hier auf den sog. Harkness-Brief Bezug, s. in dieser Arbeit, S. 42f. 217 vgl. Brecht 1966:290ff. u. Bloch 1962:269f., 278. 218 vgl. Huß 1987b:121, Feilchenfeldt 1986:84, 108, Stephan 1979:407f. 219 Der Artikel wird noch oder neuerdings… von School scout, einer Plattform für die gymnasiale Ober- stufe empfohlen: „Die Leistung der Darstellung von Lukács besteht darin, dass sie ansatzweise die geistigen Berührungsflächen zwischen Expressionismus und Nationalsozialismus deutlich macht, wie man sie etwa an Gedichten Ernst Stadlers sehen kann (etwa “Vorfrühling” oder “Der Aufbruch”)“. In: http://www.school-scout.de/6302/11.06.2008 220 zit. n. Meyer, Hans: „Die Berichte vom gelebten Expressionismus“. In: DIE ZEIT, 1965/35, Ausgabe vom 27.08.1965. Lukács’ Artikel aus der Zs. LITERATURNY KRITIK wurde 1934 in Hft. 4 der Zs. IL auf Deutsch abgedruckt, vgl. Lukács 1934:153ff. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 73 In den Jahren 1937/38 bedient man sich des Expressionismus, um anlässlich eines Beitrags von Klaus Mann 221 zur Entwicklung Gottfried Benns ausgelösten Diskussion in der Exilzeitschrift DAS WORT die „Postulate der sowjetischen Literaturpolitik“ zu vermitteln (Huß 1987b:121).222 Gleichzeitig zum Benn-Artikel von Klaus Mann er- scheint im WORT ein Beitrag des Lukács-Mitarbeiters in der Zs. IL und ehemaligen Komintern-Funktionärs Kurella unter dem apodiktischen Titel »Nun ist dieses Erbe zu Ende…« (Zs. DW, 09’1937:42ff.)223 über den immanenten und gesetzmäßigen Zu- sammenhang (!) von Expressionismus und Faschismus in Idee und Form224, der von seiner deklarativen Anlage her den Charakter einer offiziösen, wenn nicht offiziellen Bekundung hat: Dass nicht alle Expressionisten diesen Weg [Benns] gegangen sind, ist kein Ge- genbeweis. Den Expressionismus so umfassend und so ganz zu verwirklichen, war nicht jedem gegeben. Es gehört ein ungewöhnliches Maß von – wie soll man sa- gen? – Stärke oder Schwäche dazu. Die diese Stärke oder Schwäche nicht beses- sen haben, und denen ein Ende wie das Gottfried Benns erspart (!) geblieben ist, sollen daraus noch keine Tugend machen, bevor sie nicht restlos erkannt haben, was der Expressionismus war; bevor sie nicht verstanden haben, das er nichts enthält, worauf man für den antifaschistischen Kampf fußen kann; bevor sie nicht einsehen, dass jeder Rest aus jener Gedanken- und Gefühlswelt ein Fremdkörper in unserem Lager ist (1937:43). Schon durch die Benennung Unfolgsamer als ›Fremdkörper‹225, besonders aber durch die von Kurella gegen Ende aufgeworfenen drei ›inquisitorischen Gesinnungs- fragen‹ (Trapp 1983b:208) nach der Bejahung ›edeler Einfalt und stiller Größe‹, nach der Ablehnung des Formalismus als Hauptfeind der nach Höhe strebenden Literatur und nach dem Bekenntnis zur Volkstümlichkeit wird der Debattenbeitrag von vorn- herein zum redaktionell durchstrukturierten Scheingefecht. Nach Trapp lenken diese 221 vgl. Mann, Klaus: „Gottfried Benn, die Geschichte einer Verirrung.“ In: Zs. DW, 09/1937; ebf. in Schöffling 1983:234-243. 222 vgl. Lukács zeitgleich erscheinende Beiträge und Essays zu Klassik und Realismus in der Zs. IL. Schon im März und Juni des gleichen Jahres sowie im März 1936 war es zu Auseinandersetzungen zwi- schen Bloch/Marcuse und Günther/Kurella über avantgardistische Literatur, Dekadenz und ideologi- sches Erbe gekommen, vgl. Huß 1987b:126f, sodass die Expressionismusdebatte keineswegs – wie oft dargestellt – der Auslöser der thematischen Debatte ist, sondern ihre Fortsetzung oder Verschärfung. 223 ebenfalls abgedruckt in: Schmitt 1973a:58ff. 224 Wie sehr sich Zeiten, Parteilinie und dialektische Methode geändert haben, ist ersichtlich, vergleicht man, wie Kurella 1928 die Arbeiterschriftsteller des BPRS aufforderte, eine Weiterentwicklung von ge- rade jenen Elementen der zeitgenössischen Literatur anzugehen, die sich seiner Meinung nach in den Schranken des bürgerlichen Bewusstseins nicht konsequent materialisieren konnten, und er vernehm- lich den literarischen Konservatismus der Arbeiterschriftsteller kritisierte. Es sei es merkwürdig, „dass sich eine Einwirkung der durch den politischen Kampf und die Tagespresse geschaffenen sprachlichen und schriftlichen Wirkungsformen auf die Literatur weniger bei den größeren Werken jüngerer proleta- rischer Schriftsteller zeigt, die es vorziehen, bei den ›guten alten‹ Literaturformen zu bleiben, als bei den ›Neuerern‹ des radikalen bürgerlichen Flügels (Dos Passos, Döblin und andere) Bei ihnen aber kommt diese Form nicht zur Entwicklung, weil die von diesen Schriftstellern auszudrückenden Inhalte das nicht erlauben“. Zit. n. DAdK 1967:310. 225 Der Ausdruck ›Fremdkörper‹ gehört während der ›Großen Säuberungen‹ in der UdSSR zu den zahl- reichen Synonymen (Schädlinge, Volksfeinde, Gegner des sozialistischen Vaterlandes, etc.), die für zu entfernende Abweichler verwendet werden. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 74 abschließenden Fragen, bei denen man „die mitschwingende Drohung nicht überse- hen [sollte]“, auf den eigentlichen Kern des Problems, Hinter den nur scheinbar hilflos–grotesken kunsttheoretischen Bekenntnisfragen stehen aus der Sicht des sowjetischen Exils politische Grundfragen, deren Beant- wortung zu einer klaren Trennung – im Sinne Kurellas – zwischen Faschisten und Antifaschisten führt. Literaturpolitik und Bündnispolitik sind hier auf verhängnis- volle Weise identisch geworden (Trapp 1983b:209). um zu betonen, damit seien die ›Säuberungen‹ unverhohlen auf die Volksfront über- tragen worden, denn Lukács’ und Kurellas Vorgehen in der Expressionismusdebatte stellten keineswegs eine Revision des bisherigen bündnispolitischen Konzeptes dar, sondern bildeten in ihrem Sinne vielmehr dessen konsequente Verwirklichung; die sowjetische Politik mitsamt ihrer innen- und außenpolitischen Rechtfertigungen be- ginne damit, „in voller negativer Erstreckung auf die kunst- und bündnispolitischen Diskussionen des Exils überzugreifen“ (Trapp 1983b:210). Zur Debatte indes geriet der Vorstoß Kurellas und Lukács’ erst durch die erbitterten und scharfen Gegenreden von Kesten, Leschnitzer, Walden, Bloch, Eisler u. a. m., die Kurella zwingen – zwei Schritt vorwärts, Wende und einer zurück – seine Gleichset- zung von Expressionismus und Faschismus vorläufig und auch nur teilweise zurück- zunehmen; Brechts Beiträge zur Debatte blieben unveröffentlicht, da er sie angeblich teils „aus Rücksicht auf die Geschlossenheit der Volksfront“ zurückhielt, sie wohl teils „am Nein der Herausgeber“ der Zs. DAS WORT scheiterten (Stephan 1994:410). Laut Žmegač habe Brecht sich zwar nicht unmittelbar an der Debatte beteiligt, doch konnte es nicht verborgen bleiben, dass auch sein eigenes Schaffen unter die Streitobjekte geraten war. Die gegen ihn gerichtete Kritik wurde indes – ver- mutlich aus taktischen Gründen – meist zurückhaltend formuliert: man be- herrschte ja durchaus die Kunst, zwischen den Zeilen zu lesen (1969:14).226 Brecht Gegenkritik an Lukács zielt auf dessen bloß formal fixierten Realismus, denn für ihn ist Realismus ein konkretes Ergebnis gesellschaftlich konkreter Kritik, und das Formale des Werkes jeweils etwas, was entweder verhindere oder dabei helfe, der so- zialen Kausalität auf den Grund zu kommen (Brecht 1967, 2:98f), Funktion des In- halts sei und nicht Zusatz. Und deutlich formuliert er gegen Lukács’ unhistorisches Vorgehen: „Zwänge man nämlich die neuen Inhalte in alte Formen, träte sofort wieder die verhängnisvolle Scheidung von Inhalt und Form ein…(Brecht 1967, 3:190f). Zu Anlass und Finalität der Expressionismus-Debatte kann man bei Brecht anspielungs- reich, aber ohne direkte Nennung von Ross und Reiter lesen: Es wir im Augenblick wieder über den Expressionismus gesprochen […] Da haben wir die gepflegte marxistische Analyse, welche Kunstrichtungen mit einer erschre- ckenden Ordnungsliebe in gewisse Schubkästen legt, wo schon politische Parteien liegen, den Expressionismus zum Beispiel zur USP[D]. Da ist etwas Langbärtiges, Unmenschliches am Werk. Da wird eine Ordnung geschaffen nicht durch Produkti- on, sondern durch Eliminierung. Da wird etwas ›auf die einfachste Formel ge- bracht‹. Da war etwas, was lebte, falsch. 226 vgl. Huß 1987b:123. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 75 Und mit einem Anflug von Galgenhumor, der die Lukács’sche Methode und ihre Eli- minierungen charakterisiert, fügt Brecht hinzu: Ich erinnere mich immer mit einer Mischung von Vergnügen und Grauen (die es nicht geben sollte, wie?) an den Witzblattwitz, in dem ein Aviatiker auf eine Taube deutet und sagt: Tauben zum Beispiel fliegen falsch (Brecht 1967, 2:98f). Den Schlusspunkt der Expressionismus-Debatte setzte Lukács persönlich mit freund- lichem Hinweis unter wiederum apodiktischem Titel: »Es geht um den Realismus« (Zs. DW 1938/6:112ff.).227 In diesem Zusammenhang muss es dann vielleicht etwas arglos anmuten, wenn Ste- phan auch bei späterer Relativierung und Hinweis auf die Realismus-Doktrin (1994:409) eine Seite zuvor noch davon ausgeht, es sei in der Debatte um das Ver- hältnis der Exilautoren zum literarischen Erbe des Expressionismus gegangen und damit indirekt um ihre eigenen literarisch-politische Herkunft und Vergangenheit, „d. h. um die politische Frage, inwieweit sich die Exilautoren als literarische Intelligenz an der Entwicklung von 1933 mitschuldig fühlten, und um die literarische Frage, an welche Traditionen sie anknüpfen sollten“ (Stephan 1994:408). Das politische Versa- gen oder eventuelle ›Schuld‹ der literarischen Intelligenz war 1933 mitunter eher in weitergehenden Fragen etwa politischer Geschlossenheit oder Täuschung über das Unvorstellbare am Nationalsozialismus zu suchen, denn ausgerechnet in der ehemali- gen Nähe zum Expressionismus. Und soweit die Frage nach einem Fortbestehen der expressionistischen Tendenz und Tradition sich zu jener Zeit nicht bereits verlaufen oder zum Surrealismus hin verlagert hatte, 228 konnte es vier Jahre später, bei der li- terarischen Frage, an welche Traditionen das Exil anknüpfen sollte, realiter nur noch um den Verzicht auf jegliche moderne Schreibweise sowie die Unterordnung unter Diktate und Führungsansprüche gehen – oder darum, wie Stephan es später im Text formuliert, „unausgesprochen die politische Frage nach der Weite und Vielfalt der Volksfrontbewegung“ oder das Bündnis „in unverantwortlicher Weise zu verengen“ (1994:409). Ob die politische Frage jedoch ›unausgesprochen‹ blieb, darüber hätte sie ein aufmerksamer Blick auf den auch von ihr erwähnten und oben zitierten Kurella- Text eines Besseren belehren können. Adorno fühlte sich noch nach dem Erscheinen von Lukács’ später Rechtfertigungs- schrift »Wider den missverstandenen Realismus«229 genötigt, unter dem bezeichnen- den Titel von der »Erpresste[n] Versöhnung« die widerspruchsvolle Funktion des Parteiphilosophen sowie die durch ihn ausgedrückte Theoriehaltung hervorzuheben: Lukács habe 227 vgl. ebenfalls in Schmitt 1973a: 192-230; wichtige theoretische Beiträge der Debatte finden sich im vorgenannten Werk sowie in: Lukásc 1948, Bloch 1940, Seghers-Lukács 1939, Brecht 1938, Bloch 1938, Bloch 1937. 228 vgl. Breton 1938. Zu den Leerstellen oder Blindstellen (?) der dt. Literaturgeschichte des Exils ge- hört, dass das genau zum Zeitpunkt der Expressionismusdebatte von Breton, Riviera, Trotzki lancierte Manifest »Für eine freie und unabhängige revolutionäre Kunst« von 1938 in keiner Darstellung erwähnt wird. Zur Diskussion in der Kunstgeschichte vgl. Guilbaut 1997:39-70. 229 vgl. Lukács 1958. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 76 sich abgemüht, seine offenbar unverwüstliche Denkkraft dem trostlosen Niveau der sowjetischen Denkerei gleichzuschalten, die mittlerweile die Philosophie, wel- che sie im Munde führte, zum bloßen Mittel für Zwecke der Herrschaft degradiert hatte“ (Adorno 1974:251), um schließlich einige Seiten später auf den finalen Charakter und die Konsequenz Lukács’scher Vorwürfe und Dogmen hinzuweisen: Dogmatisch bleibt der Kern der Theorie. Die gesamte moderne Literatur, soweit sie nicht auf die Formel eines sei’s kritischen, sei’s sozialistischen Realismus passt, ist verworfen. und es wird ihr ohne Zögern das Odium der Dekadenz ange- hängt, ein Schimpfwort, das nicht nur in Russland alle Scheußlichkeiten von Ver- folgung und Ausmerzung deckt (Adorno 1974:255). Im Rahmen einer Debatte, die fast zur gleichen Zeit wie die Expressionismus-Debatte in den USA um die Frage einer realistischen oder avantgardistischen amerikanischen Kunst und die der Parteilichkeit und des sozialen Patriotismus geführt wird, in der es auch dort in abgewandelter Form um die Durchsetzung von Kunstmaximen sich dreht, formuliert Trotzki in einem Brief an die Herausgeber der PARTISAN-REVIEW, was er als den Unterschied von stalinistischer und revolutionärer Kunstpolitik ver- steht: Eine wirklich revolutionäre Partei ist weder in der Lage noch willens, die Aufgabe einer Lenkung, noch weniger, die einer Gängelung der Kunst zu übernehmen, weder vor noch nach ihrem Machtantritt. Eine solche Anmaßung existiert nur in dem Kopf einer unwissenden, schamlosen, machttrunkenen Bürokratie, die zur Antithese der proletarischen Revolution geworden ist. Die Kunst und die Wissen- schaft suchen nicht nur keine Lenkung, sondern können von ihrem Wesen her keine dulden. Das künstlerische Schaffen gehorcht seinen eigenen Gesetzen selbst dann, wenn es sich bewusst in den Dienst einer sozialen Bewegung stellt. Echtes geistiges Schaffen ist unvereinbar mit Lüge, Heuchelei und Konformismus. Die Kunst kann nur insoweit ein großer Bundesgenosse der Revolution sein, als sie sich selbst treu bleibt (Trotzki 1938:10).230 Inwieweit das Theorem der antifaschistisch-sozialistischen Literatur effektiv lediglich Strategem und im Sinne des obigen Zitats bürokratischer Auftrag war, nicht eine da- von abzuziehende und zusammenhängende Theoriebildung, wird deutlich, wenn spä- ter besonders in Hinblick auf den antifaschistischen Humanismus und die Bedeutung des bürgerlichen Erbes dessen Verfallsdatum markiert und die eigentliche Bezugsgrö- ße klar herausgestellt wird: Als dort [in der DDR, III. Parteitag der SED, Juli 1950] nach Beendigung der anti- faschistisch-demokratischen Etappe die Politik darauf ausgerichtet wurde, die Grundlagen für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu legen, erwies sich die antifaschistisch-sozialistische Literaturkonzeption, die in der Phase der antifa- schistisch-demokratischen Ordnung im Einklang mit den gesellschaftlichen Ziel- 230 Das Datum des Briefes wird an anderen Stellen unter dem Titel „Kunst und Revolution“ teilweise ein- fach mit Juli 1939, bzw. „El arte y la revolución“, Coyoacán, 17 de junio 1938 (Trotski 1969:194) angege- ben. Ich folge hier der genaueren Editionsangabe bei Guilbaut (1997:53): „Arts and Politics“. In: Partisan Review, New York.Vol.5, No. 3, Ausgabe August/September 1938. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 77 vorstellungen gestanden hatte, als weitgehend ungeeignet, die neuen gesell- schaftlichen Aufgaben zu unterstützten [sic]. […] Man konnte dabei auf eine pa- rallele Entwicklung in der Sowjetunion zurückgreifen, wo im Zusammenhang mit der Umstellung der Kriegsproduktion auf den Wiederaufbau der zerstörten Wirt- schaft in der Kulturpolitik wieder entschieden auf die Theorie des sozialistischen Realismus hingewiesen wurde und der qualitative Unterschied zwischen sozialisti- schem und bürgerlichem Realismus herausgearbeitet wurde (Lefèvre 1980: III f, Anm. 4). Soweit hier von der Theorie des sozialistischen Realismus die Rede ist, wird deutlich, dass darunter nur die von Bucharin, Radek und Schdanow auf dem 1. Allunion- kongress 1934 formulierten Grundsätze verstanden werden, nicht jedoch jene dort e- benfalls von J. R. Becher in Hinblick auf das humanistische Bündnis verhandelten, erweiterten Inhalte (vgl. 3.2.3). Diese nur aus taktischen und medialen Motiven hin- zugesetzten ›Elemente des Antifaschismus‹ bzw. des ›bürgerlichen Realismus‹ wer- den nun, dem Beispiel der kulturpolitischen Schdanowschtschina (ab 1945) im Mutterland des Sozialismus folgend, substrahiert, sobald die Strategie des »antifa- schistisch-demokratischen« Weges und des Kulturbundes als historische Ph(r)ase konsolidiert war (s. Fußnote 203 in dieser Arbeit). 3.2.6 Literatur- und Bündnispolitik in der Debatte um den Histo- rischen Roman Eine ähnliche Anlage der literaturpolitischen Durchsetzungsstrategie und Taktik kann m. E. auch in der Debatte um den historischen Roman und die Geschichtsdramatik (1935-1938) verfolgt werden, wo besonders Lukács in der Auseinandersetzung um den historischen Roman, speziell in seiner Rezension von Heinrich Manns Roman Die Ju- gend des Königs Henri Quatre, 231 aber auch in vielen anderen Beiträgen 232 stets auf jene Argumente und Apodiktik zurückgreift, die er in der Expressionismusdebatte bemüht. Auch hier – und gelegentlich noch stärker als in der Expressionismus- Debatte – kommt in der Debatte um den historischen Roman die Frage des bürgerli- chen Erbes, ihre Bedeutung für das Bündnis mit den humanistischen Intellektuellen, sein Zusammenhang mit der sowjetischen Literaturpraxis des Roman-Epopoe und seiner typischen Verknüpfung von historischer Epoche und in epischer Breite heldisch typisiertem Einzelschicksal 233 zum Tragen, andererseits der Konflikt mit den aus der proletarisch-revolutionären und/oder avantgardistischen Literatur herkommenden Autoren, seien diese marxistischer und linkskommunistischer, rätesozialistischer oder libertärer Tendenz. Leider wird es im Rahmen dieser Arbeit aus Gründen des Um- 231 vgl. Lukács 1938a. 232 vgl. Lukásc 1955. 233 vgl. z. B. Franke 1989:533f. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 78 fangs noch nicht möglich sein, im Rahmen einer detaillierten Untersuchung näher auf diese Problemfelder einzugehen.234 234 vgl. Aust 1994, Gallmeister 1991, Bock 1981, Hans 1975, Arnold 1973, Feuchtwanger 1961, Döblin 1936. In fast allen Darstellungen zur Exilliteratur finden sich besondere Abhandlungen zum Thema. Überraschenderweise fehlt in Trapps ausführlicher Behandlung der epischen Gattung des Romans im Exil der Historische Roman als eigenständiger Problembereich (vgl. Trapp 1983a:139-200). J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 79 4 Weitere Blindstellen in der Darstellung des Exils für eine spätere Behandlung 4.1 Die Ausweitung der Volksfronttaktik in eine Stra- tegie der freiheitlich-nationalen Fronten und das Problem der »nationalistischen Übertrumpfung« Die Volksfronttaktik wurde nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion (22.06.1941) wieder aufgenommen und entsprechend den Beschlüssen der Brüsseler und Berner Konferenz (Wiederherstellung eines bürgerlich-demokratischen Vielpar- teienstaates mit kapitalistischer Wirtschaftsordnung) noch weiter in Richtung auf eine Verbreiterung des Bündnisses hinein ins bürgerliche Lager ausgebaut. Nach der Aus- weitung des Krieges auf Großbritannien und die USA (11.12.1941) und der völligen Be- setzung Frankreichs (11.11.1942) wird die Volksfronttaktik von den KPen in eine freiheitlich-nationaler Fronten umgewandelt, die in biegsamer Taktik mit den Alliier- ten kooperiert. Dies äußert sich im deutschen Exil einerseits in der Ablösung der linksbürgerlichen Identifikationsfigur Heinrich Mann durch einen unter dem ›Zwang zur Politik‹ zum Repräsentanten geläuterten Thomas Mann, andererseits in der suk- zessiven Verbreitung der Bewegung ›Freies Deutschland‹ von der Schweiz bis Mexiko, dem ›Lateinamerikanischen Komitee der Freien Deutschen‹ in Argentinien (LAK) usw., bis hin zum Moskauer NKFD (Nationalkomitee Freies Deutschland, 1943). Be- sonders letztes signalisiert eine stark gedehnte Wende zum ›Nationalen‹, als die Ul- bricht-Gruppe Kurs auf die Zusammenarbeit mit kriegsgefangenen Offizieren der Wehrmacht nimmt, wie sie dann im beigeordneten ›Bund der Offiziere‹ unter Füh- rung des Generals von Seydlitz realisiert wurde. Diese Ausweitung der Bündnispolitik auf Stratosphären, die bisher als aktive sekundäre Träger des NS-Regimes fungierten, musste einerseits zu ernsthaften Problemen mit der revolutionär-proletarischen Basis der KPD, andererseits zum Widerwillen anderer Bündnispartner führen, hier beson- ders dem der jüdischen Exilanten. Von solchen Spannungen, wie sie es außer in Mexi- ko auch in anderen Exilländern gegeben haben muss, ist jedoch in den gängigen Darstellungen zur Exilliteratur nicht viel zu ersehen. Wenn von Spannungen die Rede ist, geschieht dies in der Benennung des Missmutes vieler bürgerlicher Emigranten gegen die kommunistische Dominanz in den ›freideutschen Komitees‹, oder aber je- ne, die durch ›antideutsche Haltungen‹ einiger jüdischer Exilzeitschriften (Aufbau, New York) und Exilsprecher (Emil Ludwig) 235 zum Tragen kommt. 235 vgl. Feilchenfeldt 1986:72f. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 80 Manche sehen in der KPD-Bündnispolitik sogar nationalistische bis antisemitische Konstanten236 des beschworenen »besseren Deutschland, vermuten dahinter «histo- risch-ideologische Vorläufer des neuen deutschen Staates DDR und seiner Politik der Nationalen Front, die bereits lange zuvor in der Volksfrontideologie angelegt wurden: In den von Kommunisten nach 1935 geschriebenen antifaschistischen Romanen tauchte entsprechend mit stereotyper Regelmäßigkeit die Figur des anständigen Deutschen auf, der Antifaschist ist, weil er sein deutsches Vaterland heiß und ab- grundtief liebt. Ein anständiger Mensch, so das durchgängige Credo der KPD- Literatur der Exil-Jahre, kann gar kein Nazi werden, eben weil er sein Vaterland so sehr liebt. Und gemäß der Logik, dass einer, der sein Vaterland liebt, eben ein anständiger Mensch sein müsse, ergoss sich auch eine wahre Flut eigentlich an- ständiger Nazis auf die irritierten Leser in der Emigration. Früher oder später muss ein deutscher Patriot erkennen, dass er sich in die Reihen der SA, bald SS hinein nur verirrt haben kann, legte die kommunistische Literatur auch jüdischen Vertriebenen nahe, die auf ihrer Flucht auf alles gestoßen waren, nur auf keinen anständigen Nazi (Schmidt 1999:52).237 Es bliebe zu untersuchen, in welchem genauen Zusammenhang diese »nationalisti- sche Übertrumpfung« und Vaterlandsliebe, wie Emmerich (1996) sie nach Brechts Bonmot für die von Becher propagierte »Versöhnung« von »innerer« und »äußerer« Emigration nach 1945 verzeichnet, sich bereits in den theoretischen oder propagan- distischen Schriften und literarischen Werken kommunistischer Schriftsteller oder ih- rer Bündnispartner in der zweiten Exilhälfte tatsächlich widerspiegelt. Es wäre m. E. durchaus möglich, dass sich dies wie z.B. in bestimmten Spanienromanen und Briga- deberichten des Exils mit der übereifernd klischeehaften Darstellung etwa heroischer deutscher Kämpfer verknüpft, die darin dem Genre der Kriegs- und Landserromane nur wenig nachstehen.238 Dass nicht nur im stalinistischen Lager, sondern auch im Westen, das Verhältnis zu den jüdischen Emigranten der Remigration nicht von antisemitischen Vorbehalten unberührt geblieben ist, zeigt der Beitrag von Briegleb (2005:93-118) zur Gruppe 47. 236 zum Antisemitismus der stalinistischen Ideologie vgl. z. B. Leo Trotzki (1937): „Thermidor und Anti- semitismus“, 22. Februar 1937. In: ders.: Schriften, Bd. 1.2, Sowjetgesellschaft und stalinistische Diktatur (1936-1940). Hamburg: Rasch und Röhring, 1988; 1040-1052. 237 vgl. ebenfalls zum Volks- und Nationalbegriff der KPDund SED Schmidt 2002: passim; zu seiner Tradition in der KPD vgl. Leo Trotzki (1931): „Thälmann und die »Volksrevolution«“,14. April 1931. In: http://www.leotrotzki.de/faschismus.htm. (Stand: 04.07.2008). 238 vgl. hierzu die zum Thema ›Erinnern und Erzählen‹ aus dem spanischen Bürgerkrieg versammelten Arbeiten bei Bannasch 2005, die in einigen Fällen eine dem deutschen ›Soldatengeist‹ verwandte Kli- scheebedienung in den Brigaderomanen feststellen. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 81 4.2 Ausgrenzung von Anarchisten, Trotzkisten und i- deologischen Abweichlern in den Geschichts- schreibungen der Exilliteratur Mit der Beteiligung der deutschen Emigration an der Spanischen Revolution von 1936 und dem anschließenden Bürgerkrieg ist ein weiterer Themenbereich der Erforschung von Blindstellen in der literaturgeschichtlichen Dokumentation benannt, nämlich die weitgehende Ausgrenzung von Anarchisten, Trotzkisten und ideologischen Abweich- ler in deutschen Darstellungen. Gerade aus Anlass des spanischen Bürgerkrieges – und nur, weil an dieser Stelle die Leerstelle umso weniger verzeihlich oder noch zu begreifen ist – sollte hier zumindest schon einmal kurz darauf hingewiesen werden, dass – bei aller Unvollständigkeit der von mir vorgenommenen Sichtung – keines der rund 20 Werke zur allgemeinen Darstellung der Exilliteratur auch nur ein einziges Wort über Anarchisten, Anarcho-Syndikalisten oder Rätekommunisten in Widerstand und Exil, in Diskussionen um antifaschistische Literatur oder Volksfront verliert. Au- ßer in wenigen Ausnahmen (vgl. Graf 2001) tauchen nicht einmal Namen wie Rudolf Rocker, Gerhard Wartenberg, Jan Appel u. a. auf. Lediglich bei Sternfeld/Tiedemann findet sich ein einsamer Hinweis auf den Autor Hanns-Erich Kaminski (1970:253),239 bei Jané (1983:93) immerhin wird erwähnt, dass Plievier sich noch als Anarchist exi- lierte. Kantorowicz gar zitiert in „Die Exilsituation in Spanien“, in Durzak (1973:100), zwar Franz Borkenau240 und Augustin Souchy241 sogar als Quellen, nicht jedoch aber als deutsche Emigranten in Spanischen Bürgerkrieg… Da bisher das Thema der diesbezüglichen Leer- oder Blindstellen, sei es in der For- schung der BRD oder DDR nur in Ansätzen bearbeitet wurde,242 und wenn, dann be- sonders in Bezug auf Auslassungen der DDR-Forschung im Falle von Abweichlern und zu sog. Verrätern oder vermeintlich zum ›Antikommunismus‹ konvertierten Par- teimitgliedern, wäre es sicherlich notwendig, den in dieser Arbeit nur in Anmerkun- gen genannten Fällen nachzugehen, um festzustellen, ob sich seit der noch überwiegend bipolaren Darstellung gegen Ende der 90er Jahre neue Erkenntnisse für dieses ›links liegengelassene‹ ideologische Spektrum und seine Ausgrenzung ergeben haben. 239 Kaminskis zuerst auf Französisch publizierter Bericht über Barcelona im Jahre 1936 erschien 1976 zuerst auf Katalanisch und Spanisch, bevor er 1986 auf Deutsch erscheinen sollte, vgl. Kaminiski 1986. 240 vgl. Borkenau 1986. 241 vgl. Souchy 1985. 242 Bannasch 2005, bes. Pichler 1991, Lentzen 1985, Mühlen 1983. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 82 4.3 Die Haltung der Emigranten zu den Stalinistischen Schauprozessen und Säuberungen und ihre Dar- stellung in der Geschichtsschreibung des Exils Bei diesem Kapitel handelt sich um eines der schwärzesten des Exils und zugleich auch um eine weitere Blindstelle eines Großteils der Exilforschung, geht es doch um das Schweigen eines Großteils der deutschen Emigration zu den stalinistischen ‘Säu- berungen’. In fast keiner der gängigen Literaturgeschichtsschreibungen,243 und nur in wenigen ausdrücklichen Beiträgen,244 wird das Verhalten einer ganzen Reihe von E- xilanten zu den Stalinistischen Schauprozessen und zu den ‚Großen Säuberungen’ auch in der Emigration… mehr oder weniger explizit behandelt. Aus Anlass des Ver- schwindens der Schauspielerin und Brechtmitarbeiterin Karola Neher und ihres E- hemannes erhob der Emigrant Walter Held (d. i. Heinz Epe), Anklage gegen das Schweigen vieler der prominenten Mitglieder des Exils. Die deutsche ›Volksfront‹, die Herren Heinrich und Thomas Mann, Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Arnold Zweig, die Weltbühne, die Pariser Tageszeitung, die Volkszeitung und die Neue Front, Max Braun, Pieck, Dengel, Merker und Jacob Walcher, sie alle, alle hüllen sich in Schweigen (Held 1938:2), schrieb Walter Held schon 1938 in der Zeitschrift UNSER WORT. Karola Neher geriet 1936 mit ihrem Mann Anatol Becker in die ‚Große Säuberung’ und wurde am 25. Juli des Jahres verhaftet, ihr Ehemann 1937 als ›Trotzkist‹ hingerichtet, Neher zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Nach fünf Jahren Haft starb sie im Lager Solilezk bei Orenburg. Denunziert hatte sie scheinbar Gustav von Wangenheim.245 Herwarth Walden (d. i. Georg Levin), ehemaliger Herausgeber der expressionisti- schen Zs. DER STURM und bekannter Avantgarde-Galerist, erweckt im Moskauer Exil wegen seiner Sympathien für die künstlerische Avantgarde das offene Misstrauen der Sowjet-Regierung und muss sich wiederholt gegen eine Gleichsetzung von Avantgarde und Faschismus publizistisch zur Wehr setzen, wird schließlich verhaftet. Walden stirbt am 31.10.1941 in einem stalinistischen Gefängnis bei Saratow.246 243 vgl. Rotermund 1994:206f. Das Kapitel zur Deutschen Literatur im Exil 1933-1945 in der Žme- gač’schen Literaturgeschichte (1984/1994) ist eine der wenigen Gesamtdarstellungen der Literaturge- schichte, die den Säuberungen einen Absatz widmet. Schade ist lediglich, dass er zum Beginn des Abschnitts über das Exil in der Sowjetunion (1994: 203-207) und die „in der westlichen Exilpresse kri- tisierte Asylpolitik der Sowjetunion“ sich hinter Vagheiten zurückhält wie „der auf bewussten Option linksbürgerliche Autoren für die ihnen näherliegenden Lebensformen (sic!) in den westeuropäischen Demokratien“ (ebd. 203) und hier außerdem auch die Gründe vergisst, die zahlreiche kommunistisch orientierte Autoren wie Brecht, Seghers u. a. hatten, nicht die SU, sondern westliche Demokratien wie die USA oder Mexiko zu wählen; vgl. hier die wesentlich deutlichere Darstellung bei Wächter 1973:101-129. 244 Arnold 2003:110-114, bes. Trapp 1993b, Müller 1991, Schützler 1990, Lorenz 1990/1986, Pike 1981, Wächter 1973, Kap. 6. 245 Jorge Semprún verarbeitete das Schicksal Nehers in seinem Iphigenie-Stück »Bleiche Mutter, Zarte Schwester« (1995), Uraufführung Weimar, 1999. 246 vgl. Schwarz 1989:305. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 83 Der Emigrant Walter Held (d. i. Heinz Epe), der die o. g. Anklage formulierte, wurde am 28.10.1942 ebenfalls wegen „konterrevolutionärer trotzkistischer Tätigkeit“ er- schossen,247 Ernst Ottwald, ehemaliger Proletkultler und bekannter Mitarbeiter der Zs. INTERNATIONALE LITERATUR, und ebenfalls Brechts Mitarbeiter (u. a. in Kuhle Wampe), starb am 24.08.1943 in einem Lager bei Archangelsk. Ottwalds Frau Wal- traut Nicolas wurde von Stalin im Rahmen der Zusammenarbeit von NKWD und GESTAPO während des Hilter-Stalin-Paktes nach Deutschland ausgeliefert und kam dort ins Konzentrationslager.248 Weitere Opfer unter den in Ungnade gefallenen An- hängern der proletarisch-revolutionären Literatur sind der 1936 verhaftete Hans Gün- ther und Karl Schmückle.249 Der endgültige Verbleib vieler deutscher Opfer der Čistka konnte erst 1989 aus Anlass eines Besuches von Willy Brandt als Präsident der Sozia- listischen Internationale in der Sowjetunion geklärt werden.250 Und nicht genug der Gräuel, scheint es, dass Hermann Budzislawki, Heinrich Mann, Ernst Bloch und Bernhard Forst anfangs „die Rechtmäßigkeit der Moskauer Schau- prozesse beton[t]en“, was laut Huß-Michel unter anderem dazu führte, dass ein Teil der Mitarbeiter der Zs. DIE NEUE WELTBÜHNE sich – diesmal wohl unter Protest – von dieser trennten (Huß 1987b:24). Wenn diese Haltung zu den Säuberungen’ auch bei Budzislawki, der im Rahmen eines verdeckten Kommanditistenmanövers der KPD den vormaligen Herausgeber der Zeitschrift und angeblichen Trotzkisten Willy Schlamm ‚ablöst’,251 nicht sonderlich überrascht, muss gleiches jedoch im Falle Hein- rich Manns und Ernst Blochs zumindest befremdend anmuten und scheint wie der gesamte Themenkomplex einer eingehenderen Untersuchung im Zusammenhang der antifaschistischen Volksfront wert. 4.4 Nationalistische Übersteigerung und Ausgrenzung nicht-zionistischer Exilanten in Palästina – Der Fall der Exilzeitschrift ORIENT Ein weiteres Thema aus dem Bereich der Blindstellen in der Literaturgeschichts- schreibung des Exils, das meiner Durchsicht nach lediglich bei Durzak (1973:50) und 247 vgl. Lorenz 1990 und 1986. 248 vgl. zu Denunziation und ‘Säuberung’ ebf. Bernhard von Brentano an Brecht, 23.01.1937, in: Ber- tolt-Brecht-Archiv (BBA) in der Akademie der Künste, Signatur 481/4, und Brechts Antwort, 10.2. 1937, in: GBFA 29. 249 vgl. Pike 1981, Kap. 8. 250 vgl a. Lorenz 1986:16-26. 251 Nicht ersichtlich sind die Gründe für die Einschätzung von Huß-Michel, Willy Schlamm als Mitar- beiter des NEUEN TAGEBUCHS einmal als ›Antikommunisten‹ zu klassifizieren (1987b:20) und ihn dann nur zwei Seiten später wiederum in der Funktion des Chefredakteurs der NEUEN WELTBÜHNE als „der als Trotzkist eingestufte Willy Schlamm […]“ (1987b:22) zu führen, was dazu führen kann, bei der Au- torin eine ungeprüfte oder versehentliche (?) bzw. unkritische Übernahme üblicher stalinistischer Ab- qualifizierungen zu vermuten. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 84 Schwarz (1983:312) kurz erscheint und ansonsten nur bei Huß-Michels (1987b:77-82) in ihrer speziellen Untersuchung zu den Zeitschriften des Exils abgehandelt wird, sind die erheblichen Probleme, ja sogar Bedrohungen, die nicht zionistisch orientierte E- migranten wie z. B. Arnold Zweig, Walter Zadek, Louis Fürnberg und andere in Paläs- tina erdulden mussten. Ihre Weigerung als politische Flüchtlinge, sich schlechthin als Immigranten zu betrachten, ihre Kritik an der Behandlung bestimmter Teilgruppen der jüdischen Emigration, der jüdischen und der arabischen Bevölkerung sowie an der hebräischen Sprachenpolitik und „intransigenten Nationalismus“ und hysterischem „Chauvinismus“ (ebd.:79) führt im zukünftigen Staate Israel dazu, dass Veranstaltun- gen der Zs. ORIENT nicht nur Gegenstand von aus Deutschland her allzu gewohnten Saalschlachten werden, sondern auch die Exilzeitschrift nach verschiedenen Behinde- rungen und einem Bombenanschlag der Haganah aufgegeben werden muss (ebd.:81). Diese und andere Erfahrungen scheinen zu bewirken, dass etliche jüdische Exilanten Palästina, sobald es die Umstände erlauben, wieder verlassen. Hier wird es notwendig sein, sich anhand der Durchsicht bisher vorhandener und noch zu ermittelnder Forschungsliteratur zum Exil in Palästina 252 ein genaueres und kontrastiertes Bild der Verhältnisse zu machen, was auch in diesem Fall nicht ohne erhebliche Probleme sein wird; dies ist bereits daran ersichtlich, dass hier von einigen Exilforschern Vorwürfe gegen bestimmte Grundlagenquellen erhoben werden wie im Falle von Kießling 1980, der „über Palästina sich ganz dem Kampf gegen den Zionis- mus verschrieben“ habe (Schmidt 1999:59), bzw. als Beispiel genannt wird dafür, dass es in der DDR-Forschung „bisweilen sogar absichtsvolle Lücken“ gebe (Trapp 1983:43). 252 vgl. Krohn 2001, Schmidt 1999, Hirsch 1980, Kießling 1980. J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 85 5 Ergebnisse der vorliegenden Arbeit Nach einem Überblick zum Stand der Exilrezeption und Exilforschung (Kap. 2) war es Ziel dieser Arbeit, in üblichen Darstellungen und primären Handapparaten der Lite- raturgeschichtsschreibung unterschiedlicher Herkunft, Ausrichtung und Methodolo- gie dem Vorhandensein der beiden oben (1.1.A,B) beschriebenen Typen dem Vorhandensein von Blindstellen nachzugehen und auf ihre eigenen theoretischen Be- dingungen hin zu untersuchen. Erst in einem zweiten, erweiterten und vertieften An- lauf wird es in einer späteren Arbeit gelingen, diese dann zu komplettieren, annähernd genau zu klassifizieren und gegenüberzustellen. Für diese Arbeit sollte es, aufgrund ihrer praktischen Beschränkung in Umfang und Tiefe der Analyse, darum gehen zu überprüfen, inwiefern sogenannten ›marxistische‹ Begriffe mit zentraler Bedeutung wie ›Einheitsfront‹, ›Volksfront‹ und›Antifaschismus‹ oder ›Parteilich- keit‹ und Elemente der Theorie vom ›sozialistischen Realismus‹ sich im Rahmen der Praxis des Exils in das Gerüst Marxscher Theorie oder marxistischer Theorie und Pra- xis einreihen, und damit zugleich darum, die Gefahren und literaturhistorischen Ab- seitsfallen zu untersuchen, welche nach Trapp (1983) darin bestehen, literarische Theorien und Debatten allzu sehr von ihrem konkreten, d.h. historischen Kontext zu abstrahieren. Zentrales Moment bildete dabei die Untersuchung dessen, was man be- sonders in Hinblick auf die antifaschistische Volksfront mit Literaturtheorie als Stra- tegie der Bündnispolitik bezeichnen könnte, die Untersuchung der durch KPD und III. Kommunistische Internationale (Komintern) vermittelten sowjetischen Literatur- politik und ihre Wirkung auf bzw. Ablehnung durch das Exil. Meines Erachtens kann beim jetzigen Untersuchungsstand mit einiger Sicherheit die Hypothese gelten: Im Kontext der 30er und 40er Jahre geht es einerseits immer um eine Strategie, worin das kunstpolitische Argument, mit dessen Hilfe literaturtheoretische Instruktion der Durchsetzung eines bestimmten Kurses dient, potentiell zur politischen Waffe gerät; andererseits um den rückblickenden – ideologischen und wissenschaftlichen – Nach- weis strategischer Adäquatheit oder um die Infragestellung derselben durch anders konnotierte Forschungshaltungen. Geht es im ersteren um einfache Blindstellen sei- tens vermeintlich blockunabhängiger oder aber DDR-naher Literaturwissenschaft, so geht es im zweiten vor allem um komplexe Blindstellen im Umgang mit Konzepten marxistischer Literaturauffassungen und sozialistischer Literaturpolitik seitens dem Westen zuzuordnender Literaturwissenschaft. In der überwiegenden Auffassung und auch der wissenschaftlichen Rezeption marxis- tischer Literaturtheorien außerhalb des Marxismus begegnet man einer Gleichsetzung des Marxschen Denkens mit dem historischen Determinismus des 18. und dem öko- nomischen der Wende des vorletzten Jahrhundertwende, wenn nicht sogar der einer ungeprüften Identifizierung oder Verwechslung von Original und Verwertung. Sind Wissenschaft und Kunst bei Marx weit mehr als rein ideologische Ausdrücke und Gebilde – die obwohl sie ideologisch aufgeladen, doch als „nur besondere Weisen der Produktion“ (MEW 1:537) zugleich Darstellungen und Erkenntnisse produzieren J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 86 und enthalten, die jenseits der un-mittelbar materiellen Interessensphäre liegen –, folgert ein sich ›orthodox‹ oder marxistisch-leninistisch deklarierender Marxismus, dessen ungeachtet von der Ideologiehaftigkeit allen Überbaus mechanisch auf den bloßen, unvermittelt deterministischen Relativismus der Anschauungen und des Be- wusstseins, schließt davon ausgehend auf jenes ›notwendig falsche Bewusstsein‹, das nur die Partei (oder ihre Führung) noch aufheben könne. Diese Reduktion negiert im ersten Gang die potentiell schöpferische Produktivkraft der Kunst und behauptet, dass „der Überbau von der Basis gerade dazu geschaffen wird, um ihr zu dienen“ (Sta- lin 1950), verlängert im zweiten Schritt das Dienstprinzip auf einen apodiktischen Abbildmechanismus der Kunst unter dem Vorzeichen organischer Totalität. In den Schriften von Marx und Engels finden sich nur wenige Ansätze für eine umfas- sende marxistische Theoriebildung zur Kunst und Literatur (vgl. 3.1), weshalb spätere Theoretiker in erster Linie die dialektische Auffassung der Geschichte und das an Feuerbach und Hegel entwickelte Ideologiekonzept der Marxschen Frühschriften zum Ausgangspunkt nehmen, und dieses allzu oft im Sinne einer bei Marx und Engels noch nicht begründeten, angeblich »marxistischen Ästhetik« verabsolutieren und damit zugleich verkürzen, indem sie die historische Dialektik daraus entfernen. Glei- ches gilt für die in der Goethezeit geprägten ästhetischen Vorlieben der marxistischen Klassiker sowie Engels ausgeprägte Vorliebe für den Realismus, die von späteren marxistischen Ästhetikern in unhistorischer Weise auf spätere Epochen kopiert und verallgemeinert werden, wobei insbesondere das Engelswort von der ›getreuen Wie- dergabe typischer Charaktere unter typischen Umständen‹ eine spezifische Rolle bei der Durchsetzung der Kunstdoktrin vom ›sozialistischen Realismus‹ spielt (z. B. Lu- kács). Die allerdings bei Engels gleichzeitig enthaltene Warnung vor der parteilichen Verherrlichung, die bei Vernebelung des Unterschiedes von immanenter Tendenz und aufgesetztem ideologischem Gehalt des Werkes Wirkung vereitelt, wurde bei der mar- xistisch-leninistischen Orthodoxie ab Anfang der 30er Jahre in Berufung auf Lenins Konzept der Parteiliteratur (vgl. 3.1.4) meist übergangen. Kennzeichnend für die späteren Versuche einer rückwirkenden Festlegung der Klas- siker auf den Realismus ist in allen Fällen eine überhistorische, von konkreten litera- rischen Produktionsbedingungen, Traditionen und Rezeptionsbedingungen abstrahierende Verallgemeinerung; die eigentlichen Gründe für jene Doktrin sind je- doch weniger in einer ‚fehlerhaften’ Ableitung als vielmehr in realpolitischen Ursa- chen zu suchen (vgl. 3.2). Die bisher genannten Grundsätze der offiziösen marxistisch-leninistischen Literatur- auffassung werden besonders auch von der nicht marxistischen Literaturwissenschaft allzu oft ungeprüft übernommen (vgl. 2.3.3). Zu den leeren Stellen zahlreicher allge- meiner Darstellungen zur marxistischen Literaturtheorie und ihrer Tendenzen aber auch gerade zur Literatur des Exils gehört es dann ebenfalls, dass bestimmte theoreti- sche Standpunkte, die außerhalb der sich als ›orthodox‹ oder ›marxistisch- leninistisch‹ bezeichnenden Strömungen liegen und jenseits der beiden orthodoxen Perspektiven – ›proletarisch-revolutionäre Kampfliteratur‹ oder ›sozialistisch- realistische Kunstdoktrin‹ – angesiedelt sind, meist nicht erwähnt werden. Dies gilt, wie in dieser Arbeit anhand eines Beispiels unter vielen möglichen herausgehoben wird, besonders für den sogenannten ›kuturpolitischen Trotzkismus‹ (vgl. 3.1.3). Des- J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 87 sen Auffassung, dass es erstens nicht Aufgabe des Proletariats sei, eine neue Klassen- kultur zu schaffen und zu verewigen, da das proletarische Regime aufgrund seines Übergangscharakters keine andere Funktion habe, als „den Grundstein zu einer klas- senlosen, zum ersten Mal wahrhaft menschlichen Kultur“ zu legen (Trotzki 1924), dass zweitens die Literatur der Moderne, insbesondere der Futurismus, sich als Weg- genosse und trotz aller „bohèmehaften Züge“, sich näher, unmittelbarer und aktiver als alle übrigen Richtungen der Formierung der neuen Kunst“ (ebd.) annähere, das künstlerische Schaffen seinen eigenen Gesetzen selbst dann gehorche, wenn es sich bewusst in den Dienst einer sozialen Bewegung stelle (Trotzki 1938), passt weder in das schematische Konzept der vom Moskauer Institut für Marxismus-Leninismus approbierten Weltanschauung noch in die Rezeption jener Literaturwissenschaft, die sich damit begnügt, dessen verblasste Theoreme zu wiederholen. Im Falle der DDR zugeneigten Wissenschaft zielt jede Auslassung anderer Perspektiven oder sogar ver- fälschte Darstellung derselben auf die Wahrung des Eigentumstitels an der einzigen Lehre. Meist sind es nicht mehr als simple Camouflagen im ideologischen Diskurs (s. 1.1.A) oder was zuvor als schlichte Apologetik auftrat. Der sogenannten westlichen Re- zeption könnten sie m. E. als vernachlässigungswürdige Sektiererei gelten, um sie dann als bereits bekannte Fehlurteile abzuheften, die wiederum das eigene Gesamt- system der Überzeugungen zu bestätigen helfen (s. 1.1.B), und so in der Übereinstim- mung ein ideologisches Tauschgeschäft ergeben. Betrachtet man den historischen und politischen Hergang, so ergibt sich, dass spätes- tens mit den sogenannten April-Beschlüssen des ZK der KPdSU zur Umgestaltung in den Bereichen der Literatur und Kunst von 1932 nicht nur die Auflösung der Organi- sationen des Proletkults eingeleitet, sondern außerdem die Verhältnisse zu den intel- lektuellen Mitläufern aus der Literaturszene neu definiert wurden und zugleich die Doktrin des ›sozialistischen Realismus‹ eingeleitet. In der mit dem Beginn des Natio- nalsozialismus zusammenfallenden sogenannten Übergangsphase (1932-1935) von der proletarisch-revolutionären zur antifaschistisch-sozialistischen Literaturkonzepti- on (vgl. 3.2) ging es vor allem darum, Strategien zu entwickeln, die einerseits dazu dienen mussten, die ablehnende Haltung der Verfechter des Proletkults aufzuspren- gen und andererseits Bündnisse mit bürgerlichen ›Elementen‹ zustande zu bringen (vgl. 3.2.1f), die aufgrund ihrer Erfahrungen während der Weimarer Republik in vor- sichtigem Abstand zur Literaturpolitik der Komintern verharrten, aber von großer medialer Bedeutung für die Realisierung jener Volksfrontpolitik waren, die mit dem 1. Allunionskongress der sowjetischen Schriftsteller 1934 eingeläutet wurde (vgl. 3.2.3). Hierbei war es wichtig zu untersuchen, welche reale und praktische Bedeutung Begrif- fe wie ›antifaschistischer‹ oder ›ideeller Humanismus‹ ›Einheitsfront‹, ›Volksfront‹ in der stalinistischen Auffassung von den Aufgaben der Literatur (vgl. 3.2.2) haben. Von der Exilforschung werden die genannten vermeintlich ›marxistischen‹ Begriffe aber auch die damit verknüpften literarischen Theorien und Debatten allzu oft von ih- rem konkreten, d.h. historischen Kontext abstrahiert und auf rein theoretische und/oder ästhetische Fragen verallgemeinert. Je mehr aber in dieser Abhebung zu- meist die konkreten Motivierungen wie ihre faktischen, will heißen, realen und politi- schen Voraussetzungen verloren gehen, desto weniger ist dann noch zwischen ihrem eigentlich theoretischen und weltanschaulichen und ihrem bloß ideologischen Gehalt J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 88 zu unterscheiden, und umso mehr verflüchtigt sich nicht nur das Wesen dieser Theo- rien, sondern auch ihre konkrete politische und gesellschaftliche Basis, oder wie man es modernerweise auszudrücken pflegt: ihre Motivierung. Lässt man diese außer Acht, kommt es hier und bei den Erklärungen für das Scheitern der oben genannten Theorie und Politik (vgl. 3.2.4) zu Auslassungen, Erklärungsnotständen und Verkürzungen oder gar Verkehrungen von Ursachen und Wirkungen (vgl. 3.2.5). Leider war es im Rahmen dieser Arbeit, aus Gründen des Umfangs und Aufwandes noch fälliger Recherchen, noch nicht möglich, im Rahmen einer detaillierten Untersu- chung näher auf einige mehr oder minder unmittelbar mit den vorigen im Zusam- menhang stehende Problemfelder einzugehen (3.2.6, bzw. 4.), wie sie in dieser Arbeit kurz skizziert wurden, sowie eine umfassende und abschließende Klassifizierung und Auswertung der Blindstellen vorzunehmen. Daran anschließend wird festzustellen sein, welche dieser Blindstellen im jeweiligen Gesamttext eine systematische, makropropositionale Funktion der Abstützung haben oder bloß akzidentelle Einzelfäl- le darstellen. Dies muss nach einer Überprüfung der bisherigen Ergebnisse einer spä- teren Arbeit vorbehalten bleiben. Emmanuel Doerr Barcelona, September 2008 J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 89 6 Bibliographie A Ausstellungen zum Exil Ä Weimar B Deutschland nach 1945 C Dokumente und Materia- lien Ç Zusammensetzung des Exils D Epochenbegriff] E Exilforschung F Exilländer FF Frauenforschung des Exils G Gattungen des Exils H Geschichte der Exilliteratur I Holocaust IE Innere Emigration u. Kontroverse J Ismus-Debatten und Kunstdoktrin K Kritik der Exilforschung L Literaturgeschichte, allgemein LK Literaturkritik im Exil M Literaturgeschichtsschrei- bung N Literaturwissenschaft, allgemein O Proletkult vs. Realismus Ö Jüdisches Exil P österr. Schriftsteller Q Marxistische Theorie R Remigration S Selbstverständnis T Sozialgeschichte U Spanischer Bürgerkrieg V Stalinistische Säuberungen W Theater X Verfolgung des Exils Y Volksfront Z Exilpresse und Verlage ABENDROTH 1975 Abendroth, Wolfgang (1975): Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbe- wegung. Frankfurt/M.: Suhrkamp T ADORNO 1974 Adorno, Theodor, W. (11974): Noten zur Literatur. Hg. Rolf Tiedemann. Frankfurt /M.: Suhrkamp, 1994 J AMÉRY 1966 Améry, Jean (11966): Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten. München: Szczesny | Ebf. Stuttgart: Klett Cotta, 1977 I R ARNOLD 1973 Arnold, Heinz Ludwig — Hg.— (1973): Georg Lukács. Zs. Text + Kritik, 10/1973, H. 39/40. München: Boorberg G J ARNOLD 1974 Arnold, Heinz Ludwig — Hg.— (1974): Deutsche Literatur im Exil 1933-1945. Dokumente und Materialien. Frankfurt/M.: Fischer Athenäum C ARNOLD 2002 Arnold, Heinz Ludwig / Detering, Heinrich — Hgg.— (11996): Grundzüge der Literaturwissenschaft. 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Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 107 gressberichte. Bd. 34); 27- 42; TRAPP 1993B Trapp, Frithjof (1993b): „Moskau, September 1936: Die Suche nach ›Trotz- kisten‹ und ›Versöhnlern‹“. In: Weber, Hermann / Staritz, Dietrich: Kom- munisten verfolgen Kommunisten. Stalinistischer Terror und ›Säuberungen‹ in den kommunistischen Parteien Europas seit den dreißiger Jahren. Berlin: Akademie-Verlag; 327-337. V TRAPP 1993C Trapp, Frithjof (1993c): „Zeitgeschichte und fiktionale Wirklichkeit: "Tran- sit".“ In: Zs. Exil 13/1993, H. 1, S.5-14. J] TRAPP 1993D Trapp, Frithjof (1993d): „Die Bücherverbrennungen: Rückwirkungen und Folgen für die Lese- und Rezeptionsgewohnheiten“. Vortrag. 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Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 108 Asylpraxis. In: Deutsche Exilliteratur 1933-1950, Bd 2., Stuttgart: Metzler X WALTER 1985 Walter, Hans-Albert / Ochs, Günther — Hgg.— (1985): Ich hatte einst ein schönes Vaterland. Deutsche Literatur im Exil 1933-1945. Eine Auswahlbib- liographie mit einer Einführung. Kultursekretariat Gütersloh. Aachen: Alano-Verlag R WALTER 1988 Walter, Hans-Albert (1988): Internierung, Flucht und Lebensbedingungen im Zweiten Weltkrieg. In: Deutsche Exilliteratur 1933-1950, Bd. 3. Stuttgart: Metzler F WALTER 2003A Walter, Hans-Albert (2003a): Die Mentalität der Weimardeutschen, Die ›Politisierung‹ der Intellektuellen. Bd. 1,1. In: Deutsche Exilliteratur 1933 – 1950. 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Das Wort, Moskau DZZ Deutsche Zentral-Zeitung für Stadt und Land, Moskau EKKI Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (Komintern oder KI) GESTAPO Geheime Staatspolizei, 1933-1945 GPU Gosudarstvennoe poličeskoje upravlenie, ab 1922 Bezeichnung der sowjetischen Geheimpolizei des Inneren, bis dahin Čeka Histomat Abkürzung für ‚Historischen Materialismus’, daneben ›Diamat‹ für ‚Dialektischen Materialismus’; Schubladenbezeichnungen für eigentlich untrennbar zusammen- gehörende Komplemente der Marx’schen Theorie. IL Zs. Internationale Literatur, Moskau ISVVK Internationalen Schriftstellervereinigung zur Verteidigung der Kultur IVRS Internationale Vereinigung revolutionärer Schriftsteller KOMINTERN Kommunistische Internationale, auch KI oder III. Internationale, 1919-1943 KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPD (O) Kommunistische Partei Deutschlands (Opposition), eine Abspaltung der KPD unter Brandler und Thalheimer KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bol’ševiki); zuvor RKP(B) LEF Levyi Front iskusstva (Linke Front der Kunst), ebenfalls Zs. gleichen Namens; futuristische und faktographische Literaturtendenz M&W Zs. Maß und Wert; Zürich MEGA Kritische Marx-Engels-Gesamtausgabe der Internationalen Marx-Engels-Stiftung (IMES), Amsterdam und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissen- schaften, Berlin; 1927ff. MEW Marx-Engels-Werke (43bändige Werkausgabe der Schriften von Marx und En- gels, erschienen im Karl Dietz Verlag, Berlin, 1956ff.; seit 2001 fungiert die Rosa- Luxemburg-Stiftung als Herausgeberin). Mehrere zentrale Texte der MEW wei- chen stark von den auf der Grundlage aktueller Forschungen herausgegebenen MEGA-Varianten ab. NDBL Zs. Neue Deutsche Blätter; Wien, Prag, Zürich, Paris, Amsterdam, London NKWD Narodny Kommissariat Wnutrennich Djel, Volkskommissariat für innere Angele- genheiten der UdSSR, später Staatsministerium des Inneren. NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NWB Zs. Neue Weltbühne; Prag, Wien, Zürich POUM Partido Obrero de Unificación Marxista J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 111 RAPP Russische Assoziation proletarischer Schriftsteller (in Allunionsassoziation prole- tarischer Schriftsteller [WAPP] der UdSSR und in Internationale Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller), s. IVRS RKP(B) Russische Kommunistische Partei (Bol’ševiki) SAP(D) Sozialistische Arbeiter-Partei; Abspaltung linker Sozialdemokraten und Linksso- zialisten, 1931-1945 SBZ Sowjetische Besatzungszone (1945-1949) SDAPR Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands SDS Schutzverband Deutscher Schriftsteller SoPaDe Exilorganisation der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) UdSSR Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken; auch SU (Sowjetunion) USP(D) Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands, sozialistische Partei von 1917 bis 1931 UZ Zs. Unsere Zeit; Basel, Paris WOAPP Allunionsvereinigung der Assoziationen proletarischer Schriftsteller, oft auch unter der Abkürzung WAPP ZK Zentralkomitee J. A. Emmanuel Doerr Blindstellen in der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung und Darstellung der Literatur des deutschen Exils 1933–1945 anhand einiger ausgesuchter Beispiele aus ihren Themenfeldern M0x01 Construcció i Representació d’Intentitats Culturals — MD0x26 Treball de Recerca — Universitat de Barcelona — 09’2008 112 Textteile Wörter Haupttext: 26.573 Fußnoten: 11.000 Bibliographie und Abkürzungen 10.392 Total: 47.341